Lichtschwester - 8
können, ob er nur bewußtlos oder aber tot war, hoffte jedoch, das später klären zu können.
Das leise Zischen des Breitschwerts spürte sie mehr, als daß sie es
hörte - aber früh genug, um unter einem Hieb wegzutauchen, der
sie den Kopf gekostet hätte. Sie machte einen Satz nach vorn und
wirbelte herum.
Thros fluchte derb und richtete seine Klinge auf sie. Da standen sie
sich gegenüber: er, den einen Arm in der Schlinge, aber stark und
gewappnet und kampferfahren - und sie: in einfacher Wollbluse
und wollenem Rock, durch die Kraft der Göttin wohl gestärkt, aber
schwach an Muskeln und Knochen.
Da warf er sich schwertschwingend auf sie. Sie stob zurück. Ihre
Klinge schoß vor, traf aber das Kettenhemd. Seinem Rückhand-
schlag wich sie tänzelnd aus.
Sie war beweglich, schnell, aber er war gut gewappnet. Er führte
den nächsten Stoß. Sie sprang zur Seite, parierte und stieß rasch
zu, während er sich wieder sammelte - ihre Schwertspitze traf nur
auf Stahl.
»Ich hätte dich heute nachmittag töten sollen«, sagte Thros.
»Ja, das hättest du«, höhnte Reila. Sie wollte ihn in Rage verset-
zen, damit er sich zu Unüberlegtheiten hinreißen ließe, sich viel-
leicht eine Blöße gäbe.
Aber das Gegenteil trat ein. Thros war nun hellwach und hatte
das Geplänkel genutzt, sich eine Strategie zurechtzulegen. »Ich
hätte … einen von euch … töten sollen.«
Sie erwiderte nichts darauf, erschauerte aber innerlich. Er hatte
ihren schwachen Punkt gefunden!
Und er säumte nicht, seinen Vorteil zu verfolgen. Schon versuchte
er, sie mit seinen Attacken in Richtung auf Kelf zu treiben, der,
seiner Rüstung beraubt und schwer gefesselt, einem tödlichen
Hieb nicht würde entrinnen können. Eine bloße Verwundung
wäre bereits verhängnisvoll, weil sie ihn aus der Trance risse.
Dann würde sie ihre Kraft und Kunst verlieren und Thros schmäh-
lich unterliegen.
Reila mühte sich verzweifelt, ihre Position zu halten. Sie zwang Thros zu einer Parade. Aber sein tückischer Hieb trieb sie wieder
einen Schritt zurück. Sie wagte einen Stoß auf sein Gesicht, aber
er lenkte ihn geschickt ab… Ihre Schwertspitze durchbohrte sein
Kettenhemd, daß ihm Blut auf den Unterarm spritzte.
Das reichte nicht aus. Mehr als ihn für ein paar Schlagwechsel zu
bremsen, schaffte sie nicht.
Aber sie durfte nicht aufgeben und mußte den Hrogi schlagen —
auf welche Weise auch immer. Tapfer kämpfte sie gegen ihre
wachsende Verzweiflung an.
Daß sie in der Hitze des Gefechtes keine eigenen Lösungen finden
würde, war ihr klar. Aber sie hatte ja Kelf, der aus seiner Ferne
alles beobachten und sie leiten und ihr tätigen Beistand leisten
konnte. Worte konnte er durch die Magieschiene nicht leiten,
wohl aber ihre Hände und Füße führen.
Sie ließ seine lenkende Kraft von ihren Muskeln Besitz ergreifen
und schob ihre eigenen Wünsche und Einschätzungen beiseite.
Thros drang erneut auf sie ein. Sie wich zurück, parierte und ver-
suchte eine Riposte. Aber er schmetterte sie ab. Sie wartete darauf,
daß nun ihr Körper die Initiative übernähme und eine besondere Taktik einschlüge, aber er war nur auf Rückzug, auf Weichen aus …
Thros drängte stürmisch nach und hieb auf sie ein. Sie tauchte weg und parierte, tänzelte aus der Gefahr, aber das war auch schon alles.
Der Nachthimmel blies ihr durchs schweißnasse Haar, und eiskalte Schauder liefen ihr den Rücken hinab.
Sie stieß mit den Fersen gegen ein Bein. Thros hob die Braue, aus
seinen dunklen Augenhöhlen leuchtete Siegesgewißheit.
Sie durfte nicht mehr weichen, denn so würde sie Kelf preisgeben.
Nein, eher würde sie sich auf der Stelle in Stücke hauen lassen!
Aber ihre Füße befahlen: Spring! Und sie nahm die Botschaft an.
Als sie nun mit einem Satz nach hinten sprang, nutzte Thros seine Chance. Er stieß sein Schwert schräg nach unten und durchbohrte den Leichnam eines Inselkriegers.
Kelf hatte Reilas Sprung leicht zur Seite abgefälscht. Weder sie noch Thros hatten im Dunkel der Nacht erkannt - daß sie um eine Leiche kämpften. Es lagen ja so viele dunkle Gestalten im Gras.
Thros zerrte an seinem Schwert, das sich in der Rüstung des Toten
verklemmt hatte. Reilas Stoß sah er kommen, er vermochte ihm aber nicht mehr auszuweichen. Mit aller Kraft stieß sie ihm die Klinge in die Kehle.
Da ließ er seine Waffe fahren, brach zusammen und fiel, kaum zwei Schritte von Kelf entfernt, mit dem Rücken ins blutige
Weitere Kostenlose Bücher