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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sich dann mit sichtlichem Behagen daran, das bereits stinkende Mark auszusaugen und auszuschlürfen. Etwas abseits des grausigen Aasmahls kauerte eine junge Frau. Sie war von kleinerem Wuchs als diese drei und schrecklich mager: der Bauch eingefallen und darüber scharf hervortretende Rippen, über denen sich eine vor Kälte dunkelblaugrau verfärbte Haut spannte. Mit einer Hand hielt sie ihr schwarzes Lederhalsband umklammert: Edyth bei den Trollen.
      Nun lugte eine Ratte kühn aus einer Felsspalte und kroch dann mit wachsam gesträubten Schnurrhaaren langsam auf einen Klumpen Fett und Knorpel zu, der unbeachtet auf dem Boden der Höhle lag. Aber einer der Trolle gewahrte diese Bewegung aus den Augenwinkeln und ließ die grobknochige Pratze auf den Nager niedersausen, als der sich eben seine Beute schnappte. Ein grelles Quieken, ein zartes Knöchleinknicken - und der Troll starrte leicht verdutzt auf die schlaffe Kreatur in seiner Linken und runzelte dabei die Brauen, daß sich die lederne Haut an seiner niedrigen, knochigen Stirn in tiefste Falten legte. Seine Kiefer mahlten langsam weiter, und er musterte das stinkende Darmstück in seiner Rechten und schluckte, sah abwägend von einer Hand auf die andere, warf nun die kleinere Portion achselzuckend beiseite und stopfte sich vergnügt den Darm in den Mund.
      Edyth stürzte sich wie ein Blitz auf die tote Ratte, biß ihr die Kehle
durch, sog ihr gierig das warme, klebrige Blut aus. Es war seit
langem ihre erste Mahlzeit, denn sie hatte sich trotz ihres nagen-
den Hungers nicht überwinden können, etwas von dem kalten,
halb verfaulten Aas hinabzuschlingen, das die Trolle so moch-
ten.
      Der Kerl, der die Ratte erschlagen hatte, sah Edyth grunzend zu,
wie sie das noch warme Tier gierig aufaß, dabei selbst die zarten
Knöchelchen zerbiß und schluckte und nur Haut und Haar übrig-
ließ. Nun fühlte sie sich schon besser - die plötzliche Wärme in
ihrem Bauch gab ihr Trost, neue Lebenskraft. Seufzend kauerte sie
sich wieder auf den Boden, zog die Knie an und legte die Arme um
sich, um sich ein wenig zu wärmen. Es wehte eine kalte Luft her-
ein. Die Tage wurden schon kürzer, die Nächte länger, und sie
sehnte sich nach einem Bad im fahlen Schein der Sonne des Nor-
dens. In dieser Höhle gab es nichts, was sie gewärmt hätte: kein
Feuer und nicht einmal einen Hauch von fremder Körperwärme,
denn die Trolle waren so kalt wie der vom Frost gespaltene Fels,
aus dem ihr Geschlecht einst hervorgegangen war. Und Edyth war
so nackt und bloß wie sie — denn als eine der ihren zu erscheinen,
war ihr einziger Schutz an diesem Ort. Sie hatte nicht einmal ein
Fell als Decke, da die Trolle ja jeden Kadaver mit Haut und Haar
auffraßen ... Verstohlen tastete sie nun nach ihrem Halsband und
umklammerte wieder diesen kleinen Anhänger - ihr Amulett und
Schutz und einziges Relikt aus ihrem Menschenleben.
  Jetzt bin ich schon seit Wochen bei den Trollen, dachte sie, aber
manchmal kommt es mir so vor, als ob ich immer hier gewesen
wäre. Sie hatte schon fast so schwielige Knie und Hüften, auch fast
so verfilztes Haar wie diese Unholde. Und ihre Brüste waren von
der kargen Kost ganz eingefallen und verschrumpelt. So hatte sie
sich das wirklich nicht vorgestellt!
      Eine Erinnerung quälte sie, ein Bild, das manchmal verblaßte, wie
offenbar all ihre Erinnerungen - das Gesicht ihres Meisters, des
Hexers Nemian, der ihr mit knotigen, altersfleckigen Fingern das
Amulett reichte. Da, mein Mädchen, nun kannst du dich unsicht-
bar unter die Trolle mischen! Das hatte sich nicht ganz bewahrheitet:  
      Sie hatten sie zwar nicht als Mensch erkannt... sahen sie aber
- als eine der ihren, als kränkliches, unfruchtbares Weibchen, und
warteten gleichgültig ab, ob sie sterben oder überleben würde.
  Die schmatzenden Trolle hoben den Kopf und sahen zum Eingang
hin, den nun eine massige Gestalt füllte. Der Neuankömmling
verharrte für einen Moment so und kam dann hereingetrottet. Er
schnüffelte begierig und starrte Edyth mit seinen grün glühenden
Telleraugen an. Da faßte sie nach ihrem Amulett und betete in-
brünstig zu einem ganzen Pantheon von Schutzgeistern. Denn
dieser Kerl, den sie bei sich »Steingesicht« nannte, zeigte seit
neuestem ein Interesse an ihr, das sie vor Entsetzen und Grausen
nicht beim Namen zu nennen wagte. Er blickte sie nun so forschend an, daß sie hinter seiner knochigen Stirn schon irgendeinen
Argwohn flackern sah, schnaubte dann aber

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