Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
Vom Netzwerk:
dem alle beteiligten Parteien darauf eingestellt waren, von Dr. Sharifi ganz bestimmte Informationen zu erhalten. Diese Informationen haben sie nie bekommen. Die betreffenden Parteien sind der Ansicht, dass Sie als die UN-Vertreterin, die den Fall untersucht, in der Lage sein sollten, die erwünschten Informationen weiterzugeben.«
    »Sie wollen die Datensätze von Sharifis Feldversuchen.«
    »Ah. Immer geradeheraus. So kennt man Sie.«
    »Schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Ich habe sie nicht.«
    Korchow wippte in seinem Stuhl zurück, als wäre er einem Schlag ausgewichen. »Das ist wirklich eine sehr interessante Aussage. Zum einen waren wir bis zu diesem Moment davon überzeugt, dass Sie Zugriff auf die Datensätze haben. Zum anderen … korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre … scheint mir Ihre Antwort anzudeuten, dass
Sie nicht ganz abgeneigt sind, die Daten weiterzugeben, wenn Sie sie in die Finger bekommen.«
    Li zuckte die Achseln.
    »Ich glaube«, sagte Korchow, »dass ich Sie an dieser Stelle darüber informieren darf, dass meine … Klienten bereit wären, Sie für Ihre Mühe großzügig zu entschädigen. Finanziell oder auf andere eine Art, die Ihnen vielleicht noch mehr Nutzen bringen könnte als Geld.«
    »Reden wir jetzt wieder über Hühner?«
    Korchow warf den Kopf zurück und lachte. »Major«, sagte er, immer noch lachend. »Sie werden Ihrem Ruf mehr als gerecht. Nein, wir reden nicht über Hühner. Wir reden über eine Art von Entschädigung, die es Ihnen erlauben würde … wie soll ich’s ausdrücken? … selbst zu entscheiden, wann, wo und für wenn Sie die Rasierklingen umschnallen. «
    »Mit anderen Worten?«
    »Wir bieten Ihnen eine Eingliederung an. Einen politischen Zufluchtsort, würden Sie es vielleicht nennen. In einem Syndikat Ihrer Wahl.«
    »Lieber Gott, Korchow. Ich habe die Syndikate gesehen. Ich weiß, wie Ihre Leute leben. Warum sollte ich mir das wohl antun?«
    »Ich überlasse es Ihnen, diese Frage selbst zu beantworten, Major.«
    Die Türglocke des Ladens klingelte. Als Li sich umdrehte, sah sie einen neuen Kunden eintreten. Ein großer Mann, der grau wie ein Beamter gekleidet war. Ein Diplomat oder Bankier. Mit Sicherheit kein Einheimischer.
    »Mr. Lind!« Korchow strahlte den Neuankömmling an. »Sie wollen sich den Heyerdal doch noch einmal anschauen? Ich stehe Ihnen gleich zur Verfügung.« Er zog eine kleine Figur aus dem Regal über seinem Schreibtisch und wickelte sie in handbedrucktes Reispapier. »Ich bin
mir sicher, das wird Ihnen gefallen«, sagte er, als er das Päckchen mit einem Stück grünem Band zuschnürte. »Es ist wirklich ein außerordentliches kleines Kunstwerk. Eins meiner liebsten.« Er lächelte. »Betrachten Sie es als Symbol meiner guten Absichten. Und … anderer Dinge.«
    Li nahm das Päckchen entgegen, ohne dass sie genau erkannt hatte, was es enthielt. Sie ließ sich zur Theke bugsieren und wischte mit der Handfläche über den transportablen Scanner, den Korchow hochhielt. Sie fragte sich, wie er seinen Klienten das Fehlen eines Kreditimplantats erklärte. Vielleicht schob er angebliche Allergien oder religiöse Bedenken vor.
    »Wie kann ich Sie erreichen?«, fragte sie.
    Korchow lächelte ein sanftes, unschuldiges Geschäftsinhaberlächeln. »Ich setze Ihren Namen auf die Interessentenliste«, sagte er. Li spürte seine Hand im Kreuz, als er sie höflich, aber bestimmt auf die Straße schob.
    An der Ecke blieb sie stehen, blickte zurück, um sich zu vergewissern, dass man sie vom Laden aus nicht sehen konnte, und wickelte das kunstvoll gefaltete Reispapier aus. Korchow hatte ihr ein in Kunststoff gegossenes Figürchen aus der Zeit der Generationenschiffe verkauft. Es war einmal hellbunt gewesen, aber die Farbe war abgeblättert und verblasst und ließ die Haut der Figur – oder waren es Schuppen? – fleckig erscheinen.
    Es war eine Frau, oder besser: die Karikatur einer Frau. Langes Haar fiel üppig über ihre nackten Schultern, und ihre Brüste waren nur angedeutet. Statt Beinen hatte sie einen silbernen Schwanz mit Flossen und Schuppen. Eine Meerjungfrau. Halb das eine, halb das andere, in keiner von beiden Welten zu Hause.
    Li fühlte mit den Fingerspitzen die eingeprägten Buchstaben im Sockel der Figur, drehte sie um und las MADE IN CHINA, in Blockbuchstaben, und darunter: DISNEY ® .
    Sie wickelte die Figur sorgfältig wieder ein, steckte sie in ihre Tasche und faltete die Quittung auseinander, die Korchow in die Verpackung

Weitere Kostenlose Bücher