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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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erschrecken.« Die Nonne warf Li einen weiteren ihrer scharfen Blicke zu. »Ich nehme an, Sie haben in jungen Jahren gelernt, wie man den Mund hält.«
    »Ja, stimmt.« Li grinste. »Ich konnte nicht ohne das unheimliche Gefühl durch diese Korridore gehen, dass jeden Moment Schwester Vic von den Toten auferstehen und mich nach meinem Schulausweis fragen könnte.«
    Darauf lachte Schwester Ted.
    »Was kann ich Ihnen erzählen?«, fragte sie, als sie es sich in der vergleichsweisen Ruhe ihres Büros bequem gemacht hatten.
    »Erst einmal, was Sharifi hier vor zwei Wochen getan hat.«
    »Sie hat etwas gespendet. Wir haben eine Menge Spender aus dem Ring.«

    »Statten alle einen persönlichen Besuch ab?«
    »Hannah war eine frühere Schülerin. Sie war äußerst großzügig.«
    Li konnte nicht anders, als sich bei dieser Bemerkung in dem heruntergekommenen Büro umzuschauen und an die billigen Gebäude zu denken, in denen die Schule untergebracht war.
    »Sie hat Dinge gespendet, die wirklich von Nutzen waren«, erklärte Ted. »Bücher. Geld für Nahrung. Und sie garantierte jeder Schülerin die Studiengebühren für die beste Schule, zu der sie zugelassen wurden. Jeder Schülerin. Haben Sie eine Ahnung, was das für die Mädchen hier bedeutet?«
    »Ich kann’s mir vorstellen.«
    »Ich glaube, nicht nur vorstellen.«
    »Wie gut haben Sie Sharifi gekannt?«, fragte Li und schob damit die unausgesprochene Frage beiseite.
    Ted lächelte. »Nicht besonders gut. Sie war in meinem Alter, wissen Sie. Die Frauen, die sie unterrichtet haben, waren längst nicht mehr da.«
    »Weshalb hat sie Ihnen dann einen Besuch abgestattet?«
    »Um sich mit mir zu unterhalten.«
    »Worüber?«
    »Über ein neues Geschenk.«
    »Hören Sie«, sagte Li. »Ich stelle Ermittlungen über Sharifis Tod an, nicht über Vorgänge in Ihrer Schule. Können Sie mir die Mühe ersparen, Ihnen jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen zu müssen?«
    Die Schwester machte große Augen. »Können Sie mir dann nicht einfach sagen, was Sie wissen wollen, und mir das Raten ersparen?«
    »Ich will wissen, wer sie umgebracht hat.«
    »Oh.« Schwester Ted schürzte die Lippen und gab ein Pusten von sich. Es war die einzige Reaktion, die Lis
Mitteilung bei ihr hervorrief. Aber Li hatte längst den Eindruck gewonnen, dass diese Frau an schlechte Nachrichten gewöhnt war. »Sie wirkte auf mich nicht anders als sonst. Ich hatte bis dahin nur über den Spinstrom mit ihr Kontakt.« Sie deutete auf das zerbeulte Gehäuse eines alten VR-Kits, auf dem sich in einer Ecke des Büros Staub sammelte. »Aber sie hat darauf bestanden, dieses Geschenk persönlich zu überbringen.« Sie verlagerte ihr Gewicht, und die alten Federn ihres Stuhls quietschten. »Wenn ich damit gerechnet hätte, dass so etwas passieren würde, hätte ich ihr zu helfen versucht, Major. Ich mochte sie. Und nicht bloß weil Sie unsere Mädchen auf höhere Schulen brachte. Sie war ein Mensch, den man einfach gern haben musste.« Sie grinste. »Nun ja, die Art von Mensch, die ich mag. Ich könnte mir vorstellen, dass sie den meisten Leuten mächtig auf die Nerven gegangen ist.«
    »Was ist mit dem Geschenk? Irgendetwas Ungewöhnliches? «
    Schwester Ted rutschte zur Seite, um eine Schublade zu erreichen. »Schauen Sie sich das an«, sagte sie und reichte Li einen dicken Stapel Papier. »Das digitale Original ist im Ring gespeichert.«
    Li blätterte durch das Dokument, und ihr Herz schlug mit jeder Seite schneller. Es war ein Testament. Es besagte, dass Sharifis gesamter Nachlass dem St.-Josef-Mädchenheim zufallen sollte.
    »Gratuliere«, sagte Li. »Sie sind reich.«
    »Ich weiß. Ich habe erwartet, dass mir dabei wohler ist.«
    Li gab ihr die Unterlagen zurück. Schwester Ted legte sie auf den Schreibtisch und machte ein Gesicht, als sei sie mit den Gedanken woanders. Oder bei jemand anderem.

     
    Es war nicht einfach, Korchows Straße zu finden. Der Taxifahrer kreiste durch den Mittagsverkehr und beharrte darauf, dass er die Adresse kannte, dass es gleich an der nächsten Ecke war oder der darauf. Schließlich stieg Li aus und ging zu Fuß. Sie stolperte regelrecht über den Laden, als sie um eine unübersichtliche Kurve in eine schmale, mit Steinplatten ausgelegte Gasse einbog und unversehens gegen ein beleuchtetes Schaufenster voller alter Teppiche und intarsierter Möbel stieß. Auf einem Schild mit goldenen Buchstaben stand ANTIQUITÄTEN, und darunter sah sie, diesmal dunkelrot, dasselbe verwickelte

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