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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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daran, um sie ihm aus den verkrampften Fingern zu ziehen. Als sie den Haken von seinem Gürtel löste und an ihrem eigenen befestigte, ließ sie den Blick nicht von ihm.
»Gib mir einfach Seil und grab mich wieder aus, wenn die Decke über mir einstürzt«, sagte sie. »Alles klar?«
    Wie als Antwort auf ihre Frage donnerte und krachte es über ihnen – das Geräusch eines ganzen Bergs aus Kohle und Fels, der sich über ihnen verlagerte und ein neues Gleichgewicht suchte, nachdem die Stützbalken in den tiefen Tunneln verbrannt waren.
    »Kein Sorge«, sagte Ramirez. »Ich bin zur Stelle.«
    Der Tunnel hinter dem Deckeneinbruch war dunkel, aber nicht allzu verqualmt. Li vermutete, die Decke war so schnell eingebrochen, dass nicht viel rauchgesättigte Luft in diesen Abschnitt dringen konnte.
    Sie kroch durch Luft voran, die so heiß und stickig war, dass ihr Infrarotmodul ihr nur ein verschwommenes Bild der Strecke vor ihr lieferte. Der Tunnel war relativ frei, nachdem sie den Deckeneinsturz hinter sich hatte; sie musste sich nur durch den Schutt zwängen, der sich von der Decke und den Wänden gelöst hatte, als das Feuer durch den Tunnel gefegt war.
    Die Pfosten und Felsbrocken, die ihr den Weg verstellten, waren natürlich nicht bloß eine Unannehmlichkeit. Sie hatten bis zum Feuer die Decke gestützt. Jetzt aber, nachdem sie herabgestürzt waren, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Berg sich den Tunnel zurückholen würde.
    Es kam alles darauf, dass sie bis dahin nicht mehr hier war.
    Sie hatte zehn Meter durch den Gang zurückgelegt, als sie wieder die Decke knirschen hörte. Ein Geräusch wie von reißendem Papier kam durch die Dunkelheit auf sie zu. Ein paar Meter vor ihr polterten Steinbrocken auf den Boden. Sie duckte sich in die unzureichende Deckung einiger herabgestürzter Balken und wartete.
    »Alles in Ordnung?«, rief Ramirez, als sich alles bis auf den aufgewirbelten Staub wieder beruhigt hatte.

    »Alles in Ordnung«, rief sie so laut, wie sie es riskieren konnte. Sie drückte sich ihren Helm auf den Kopf, wartete einen Moment, um sich zu vergewissern, dass der Bruch in der Decke sich nicht fortsetzte, dann kroch sie weiter.
    Im selben Moment waren die Geräusche wieder da. Diesmal war es ein kratzender, schabender Laut, mit nichts zu vergleichen, das sie bisher gehört hatte. Sie duckte sich wieder unter die Balken und rechnete damit, dass noch mehr von der Decke einstürzte. Das Geräusch verstummte und setzte wieder ein, in regelmäßigen Abständen. Es kam nicht von der Decke, wurde ihr klar; es klang eher wie ein Schalter, der gedreht wurde.
    Sie konnte als Quelle des Geräuschs die gegenüberliegende Wand des Stollens ausmachen, irgendwo hinter einem verbogenen Stück Verschalung, das einmal mit Bolzen an die Decke genietet worden war. Li wagte es nicht, das Stück wegzuschieben; selbst ihre mit Keramstahl verstärkten Muskeln und Sehnen konnten die riesige Metallplatte nicht halten, wenn sich die letzten verbliebenen Bolzen lösten. Sie schob einen Arm hinter die Platte und versuchte die Quelle des Geräuschs zu ertasten. Schließlich berührten ihre Finger etwas, das sie nicht zu hoffen gewagt hatte: ein Grubentelefon.
    Das Gehäuse war von der Last der Verschalung verbogen, der Lautsprecher halb zerquetscht. Sie musste in den Korridor zurück und eine Eisenstange aus dem Schutt ziehen, um das Gehäuse aufzustemmen und an den Hörer zu gelangen.
    Als sie ihn endlich ans Ohr legte, klingelte das Telefon schon nicht mehr, und über die beschädigte Leitung kam nichts als ein kratziges Rauschen.
    »Gottverdammt«, flüsterte sie. Sie krümmte sich, um den Arm weiter hinter die Verschalung zu schieben, und
spürte etwas an ihrer Schulter zerren. Schließlich ertastete sie die Gabel und drückte sie herunter, während sie mit der anderen Hand den Hörer hielt. Es dauerte, ihren Implantaten zufolge, drei qualvolle Minuten, bevor das Telefon wieder klingelte.
    »Hallo?«, sagte sie, zog die Hand von der Gabel und drückte sich den Hörer ans Ohr. »Hallo?«
    »Hallo«, sagte eine körperlose Stimme durch das Knistern und Heulen der Leitung.
    »Wo sind Sie?«, fragte Li.
    »Wo zum Teufel soll ich schon sein?«, fragte die Stimme.
    Li schauderte. »Wer ist da?«
    »Kommen Sie schon, Katie.«
    »Cartwright?«, sagte sie. »Cartwright?«
    Aber die Leitung war tot.
     
    »Am besten bringen wir dich wieder nach oben«, sagte Ramirez, als sie ihm von Cartwright berichtete. Selbst im Lampenlicht

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