Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
obendrein mit einem kompletten Tach-Net-Link ausgestattet, und darüber erfuhr er den Namen des Menschen, dem die Lagerhalle mitsamt dem umgebenden Land gehörte: Hugh Moss, ein Geschäftsmann aus Celeste.
Höchstwahrscheinlich hatte der Händler diesen Moss bestochen, damit er ihm die Lagerhalle vermietete und überdies keine Fragen stellte.
Hugh Moss. Der Name war so gut wie jeder andere. Er würde den Mann ausfindig machen, ihn töten und seine Identität annehmen.
Das Geschöpf, das einstmals der Schwimmer-in-turbulenten-Strömungen gewesen war, ließ die Silben über seine neue Zunge rollen. Allmählich lernte er sprechen; noch grunzte und brüllte er die Laute, doch jeden Tag übte er, sie mit seinem Mund zu artikulieren, während er sich auf seinen Aufbruch vorbereitete.
Und dann, an seinem letzten Tag in der Lagerhalle, kletterte
er in die Fahrerkabine des Vehikels und betrachtete sich selbst in einem Spiegel, musterte sein breites, rundes Gesicht.
Das ließ sich ändern. Durch simple operative Eingriffe ließ sich so vieles ändern. Er war wie ein Stück Leinwand mit einem unfertigen Bild, ein Kunstwerk, dessen endgültiges Aussehen noch nicht feststand.
Doch letzten Endes verfolgte er ein viel höheres Ziel.
Wenn er – Hugh-Moss-Der-frühere-Schwimmer-in-Turbulenten-Strömungen – einen Weg gefunden hatte, um die Shoal auszulöschen, sollte Der-mit-tierischen-Fäkalien-handelt ganz genau wissen, auf wessen Konto dies ging.
Und an diesem Tag, egal, ob er schon sehr bald heraufdämmerte oder an irgendeinem fernen Zeitpunkt in der Zukunft, wollte er das Fleisch des Händlers zerstückeln und ihn neu erschaffen, so wie er selbst als neuartiges Wesen auferstanden war.
Der Händler sollte Hugh Moss’ größtes Kunstwerk werden, eine Sinfonie aus Blut und Knochen.
Lautlos detonierte der Schlepper hinter Moss, dessen Kratfeldblase ihn weiter in den Eingang zu einem komplizierten Gewirr aus Höhlen hineintrug, die sich tief unter den Hügeln dahinzogen.
Das Flimmern seiner Energiesphäre verlor sich in den Schatten von gewaltigen Stalagmiten, die zu beiden Seiten vorbeihuschten. Die Blase sank durch eine mehrere Meter breite Spalte im Höhlenboden in die Tiefe. Erst nach einem halben Kilometer hörte der Sturz auf, und er landete in einer flachen Kammer. Automatische Sensoren registrierten die Gravitations-Signatur seiner Blase und reagierten, indem sie die Kaverne mit Licht fluteten.
Eine Transluminal-Yacht der Shoal füllte den größten Teil des Hohlraums aus; das Innere des Schiffs war stark umgebaut worden, damit es seine menschliche Gestalt aufnehmen konnte.
Die Bewohner von Night’s End hatten Glück, dass er überlebt hatte, denn wenn er starb, war die Yacht darauf programmiert, sich selbst in das Herz des nächsten Sterns zu katapultieren, und diesen zusammen mit sämtlichen Lebewesen, die in seinem Einflussbereich gediehen, zu zerstören. Das war der Trumpf, der in Moss’ Ärmel steckte, seine letzte Leck-mich-am-Arsch-Geste an jede Zivilisation, die tollkühn genug war, ihn innerhalb ihrer Grenzen sterben zu lassen.
Diese Yacht war eine Waffe, mit der man Kriege beginnen oder auch beenden konnte.
Kapitel Vierzehn
Ein paar Tage nachdem sie das Wrack zerstört hatte, merkte Dakota, dass das Bremsmanöver des Impulsschiffs aufhörte.
Nachdem man ihr Handfesseln angelegt hatte, schleifte Tage voller Wein und Rosen sie in einen langen, schmalen Lagerraum, der angefüllt war mit ständig summenden und pochenden Röhren. Dort ließ er sie dann in dem matten, blauen Licht zurück, und sie konnte nichts anderes tun, als die Wände anstarren.
Die sie umgebenden Rohre waren abwechselnd eiskalt und glühend heiß, und daraus schloss Dakota, dass sie zu einem Wärme-Austausch-System gehörten. Hier konnte sie nur ab und zu ein kurzes Nickerchen machen; das Kabuff war so eng, dass sie jedes Mal, wenn sie eindöste, Gefahr lief, sich entweder zu verbrühen oder Erfrierungen einzuhandeln, je nachdem, gegen welche Röhre ihr Körper kippte. Doch zu Anfang hatte sie ohnehin nicht geglaubt, dass es ihr überhaupt möglich sein würde, sich so weit zu entspannen, dass sie einschlummern konnte.
Aber schließlich wurde sie doch vom Schlaf übermannt.
Ohne das Wrack, das Informationen in ihren Schädel einspeiste, war sie genauso taub und unwissend wie jeder nicht technisch optimierte Mensch. Die programmierten Strukturen, die die Bibliothekare damals auf Nova Arctis in ihre Implantate geladen
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