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Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
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Wochenendschicht unter „Julia sucht den Superstar“ ab
und gehe zurück ins Büro. Jetzt wird es sich zeigen, ob der Grinsegeist noch da
oder mittlerweile verschwunden ist. Und meine Gefühle sind zur Abwechslung mal
wieder total durcheinander. Erwarte ich etwas? Hoffe ich auf etwas? Fürchte ich
mich vor etwas? Doch ehe ich auch nur eine leise Tendenz entwickeln kann, werde
ich der Entscheidung enthoben, denn am anderen Ende des Großraumbüros steht er:
Max. Er lehnt an meinem Schreibtisch, hat die Arme vor der Brust verschränkt
und seinen hypnotischen Blick auf mich gerichtet – und mein Kopf ist auf einen
Schlag leer.
    Es ist
merkwürdig, sich plötzlich so zweisam einsam gegenüberzustehen. Beinahe fühlt
es sich so an, als wäre noch jemand Drittes anwesend: All die Flirterei, die
sich in den letzten zwei Wochen kokett in unser Geplänkel gelullt hat, steht
mit einem Mal splitterfasernackt im Raum. Direkt unanständig tänzelt sie
aufreizend zwischen uns hin und her, lauernd, wer den ersten Schritt macht… den
ersten Schritt wohin?
    Ich versuche,
die Versuchung zu ignorieren und einen unverfänglichen Ton anzuschlagen, was
mir nach zweimaligem Räuspern auch gelingt. „Hey, was machst du denn noch hier?
Willst du die Dreifach-Schicht einführen?“
    Betont locker
gehe ich auf Max zu und will nach meiner Tasche greifen, die neben ihm auf dem
Tisch liegt. Da stößt sich Max mit einem Ruck vom Tisch ab und baut sich vor
mir auf. Er ist wirklich groß…
    „Ich dachte mir,
dass ich einfach nicht zulassen kann, dass du dein Glück riskierst, nur weil du
nicht an die altehrwürdige Kunstform der Kaffeesatzleserei glaubst.“ Während er
das sagt, lässt er mich nicht für einen Wimpernschlag aus den Augen. „Ich bin
quasi hier, um dich zu bekehren. Oder was du sonst so unter einem gelungenen
Freitagabend verstehst.“
    Max’ Worte
kommen unendlich langsam über seine Lippen, während mein Puls immer schneller
geht – Praktikanten-Paradoxon. Ich habe richtig Mühe, mich auf den Beinen zu
halten, und werde etwas ärgerlich. Verdammt noch mal! Wie macht der Kerl das?
Wenn ich eines nicht leiden kann, dann, die Kontrolle zu verlieren! Aber
andererseits war es noch nie so verlockend, sich einfach mal treiben zu lassen.
Von Max’ Stimme, seinem Chrome -Körper, der tänzelnden Versuchung…
    Mittlerweile
steht Max so nah bei mir, dass ich den Kopf in den Nacken legen muss, um ihm
ins Gesicht zu sehen. Seine Worte sind fast nur noch ein Flüstern und dringen
als warmer Atem an mein Ohr. „Also, was meinst du? Und wenn ich dich nur nach
Hause bringe – schließlich wäre es unverantwortlich, dich bei der Dunkelheit
allein auf die Straße zu lassen.“ Seine eisbonbonblauen Augen werden mit einem
Mal drei Nuancen dunkler und entwickeln eine Tiefe wie der Marianengraben. Fast
habe ich das Gefühl, in ihnen ertrinken zu müssen, und versuche panisch,
Oberwasser zu gewinnen. Cool bleiben! Es ist ein Spiel, und jeder Punkt zählt.
Und der Ball liegt bei mir.
     „Na klar, wieso
nicht?“, antworte ich schließlich, und schenke Max zur Bekräftigung meiner
wenigen Worte mein Spezial-Lächeln, von dem Astrid sagt, dass es aus
Jugendschutzgründen nicht vor 22 Uhr gezeigt werden dürfe.
    Bestätigend
flackert es im Marianengraben kurz auf. Glanzparade. Oder doch ein Eigentor?
Ich bleibe weiter in Habacht-Stellung. Vorsichtig, wie in einem Balanceakt,
lange ich an Max vorbei nach meiner Tasche. Doch in meinem Bemühen, ihm
möglichst nicht zu nahe zu kommen, verliere ich schließlich das Gleichgewicht,
und Max greift blitzschnell nach meinen Schultern. Ich zucke zusammen. Die
Berührung ist wie ein feiner elektrischer Schlag, der in ein konstantes
Kribbeln übergeht.
    Sekundenlang
verharren wir in dieser Position: mein Kopf an seiner Brust, sein Schritt an
meinem Bauch. Max’ starker Griff hält mich fest umklammert, dabei würde ich
sowieso keinen Widerstand leisten wollen. Es scheint, als habe sich sein Chrome- Körper
auf wundersame Weise magnetisiert, und ein Loskommen von ihm wäre gegen jedes
Naturgesetz.
    Ich schließe
meine Augen. Immer noch keine Regung. Wir spüren, wie die Atmung des jeweils
anderen schneller wird, wie unsere beiden Körper sich synchronisieren und vor
Anspannung beinahe zerspringen. Schließlich neigt Max seinen Kopf zu mir
herunter, versenkt sein Gesicht in meinen roten Locken und atmet tief ein. Dazu
macht er ein leises, kehliges Geräusch, das mir den letzten Rest meines
Verstandes

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