Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
Vom Netzwerk:
verabschieden konnte. Aber obwohl mich diese Überlegungen
durchaus traurig machen, ist da ein Gedanke, der das ganze Chaos in mir
besiegt. Eine ruhige, bestimmte Stimme, die sagt: Egal. Wir sind zusammen, und
das zählt. Also schließe ich Jonas ein letztes Mal fest in die Arme und
sage einfach nur: „Ich liebe dich.“ Und als die Welle über uns hereinbricht,
bin ich der glücklichste Mensch der Welt.
     

Dreizehn
    Was für ein Wochenende! Wie so
häufig habe ich direkt am Montag Erholung von der so genannten Erholung nötig.
Aber andererseits bedeutet Alltag immer auch Ablenkung, und die kann ich gut
gebrauchen. Wir sitzen wieder im Großraumbüro, Max am Praktikanten-, ich an
unserem Sexschreibtisch, und lassen uns bis auf die üblichen Kabbeleien nichts
anmerken. Auch Astrid hat immer noch keine Ahnung, und da dies Max’ letzte
Woche in der Redaktion ist, wüsste ich auch nicht, warum sich das noch ändern
sollte.
    Plötzlich kommt
Thomas hereingewetzt, in der einen Hand ein Blatt Papier schwenkend, mit der
anderen seinen Hemdkragen lockernd. Er keucht und schwitzt, als habe er soeben
einen 50-Meter-Sprint hinter sich gebracht – und nicht fünf Schritte vom Büro
gegenüber bis hierher. Sieht recht unappetitlich aus. Schnell wende ich den Blick
ab und starre wieder auf den vor mir flimmernden Nachrichtenentwurf.
    „Leute, wir
haben es doch noch geschafft!“
    „Geschafft?“
    „Was geschafft?“
    Kriegt Totallokal einen Preis? Ist der kaputte Aufzug nach zwei Jahren schon repariert? Hat
sich die Chefetage endlich dazu durchgerungen, fünf Cent mehr in reißfeste
Kaffeefilter zu investieren?
    „Wir haben einen
Termin für das Fit&Flirt -Training im B&C -Fitness-Club ergattert!“
Thomas strahlt über beide feuchte Backen.
    „ Das ist
die Sensation?“, ruft es aus Astrids Ecke, und auch ich bin enttäuscht. Schlimm
genug, dass wir anscheinend weiter Treppensteigen müssen. Jetzt sollen wir auch
noch während der Dienstzeit in die Muckibude?
    „Hört mal, also
ehrlich!“ Thomas stemmt empört die Hände in die speckigen Hüften. „Dieses
Training ist total exklusiv! Ich habe Alex, den Organisator, mehrfach bekniet,
uns da noch irgendwie unterzubringen, um eine kleine Reportage zu machen, aber
keine Chance. Sein Chef meinte, dass die Privatsphäre der Teilnehmer Vorrang
habe und sie außerdem bereits bis zum Sommer ausgebucht seien, was eine
zusätzliche PR überflüssig mache. Aber nun sind zwei Kandidaten kurzfristig
abgesprungen, was bedeutet…“ Thomas fängt vor Freude tatsächlich ein wenig an
zu hüpfen, „…dass wir doch noch unsere Chance bekommen!“
    „Äh, und worum
geht es da überhaupt?“, schaltet sich Nathalie ein.
    „Eigentlich doch
nur um das Eine, oder?“, antworte ich für Thomas. „Weiblicher Single und
männlicher Single geraten gemeinsam ins Schwitzen.“
    „Nun, ähm, ja,
so ähnlich“, wiegelt Thomas ab. „Das Ganze ist schon etwas romantischer
gedacht. Wie eine Flirt-Party. Nur statt Alkohol gibt es Proteinshakes, und
statt Tanzen Krafttraining.“
    „Sag ich doch!“
Schließlich habe ich die Plakate seit Wochen aushängen sehen. Unnötig zu
erwähnen, dass ich Mitglied im entsprechenden B&C -Club bin. Jedoch
habe ich nie auch nur eine Sekunde lang erwogen, bei diesem Single-Jahrmarkt
der Eitelkeiten mitzumachen. Ich bin vielleicht verzweifelt. Aber nicht
geisteskrank.
    „Nun, Julia,
wenn du so gut Bescheid weißt – warum gehst du dann nicht zum Training?“,
grinst mich Thomas an. „In einer Stunde geht es los, und deine Nachrichten sind
doch sicher so gut wie fertig?“
    Ich will gerade
den Mund aufmachen, da blicke ich ratlos in die Runde. Die Frühschicht ist
längst im wohlverdienten Feierabend, Nathalie und Manuel stecken in den letzten
Vorbereitungen ihrer Nachmittagsmoderation und gehen gleich auf Sendung, und
Astrid hasst bekanntermaßen alles, was irgendwie nach Singletreff riecht.
Seufzend gebe ich mich geschlagen.
    „Okay, ich
mach’s. – Aber wie komme ich denn an O-Töne ran? Die Privatsphäre der
Teilnehmer schützen... Soll ich da etwa undercover mit einem Abhörgerät im
Schweißband antanzen?“
    „Nein, Julia,
nicht tanzen , sondern Step-Aerobic !“, feixt Astrid.
    Ich werfe ihr
einen bösen Blick zu.
    „Undercover ist
gar nicht mal schlecht“, ignoriert Thomas unseren Spott. „Dann seid ihr
mittendrin und könnt die besten Eindrücke sammeln. Aber ich denke, dass ihr
nach dem Training auch durchaus die Möglichkeit habt, mit ein

Weitere Kostenlose Bücher