Liebe 2.0
Haare, muss ich gestehen: Wir sehen gar nicht mal schlecht zusammen
aus.
Die nächsten zwei Einheiten
absolviere ich mit John, kaufmännischer Angestellter, einunddreißig,
Katzenfreund und kinderlieb, sowie Benedikt, Anfang vierzig, Marathonläufer mit
Haarkranz und Doppelhaushälfte. Ich gestehe, dass ich mir nicht sonderlich viel
Mühe gebe, zwischen Zirkel und Training ein Gespräch in Gang zu halten, sondern
sämtliche Kräfte auf meinen Körper konzentriere. Dennoch ist es mit den Herren
durchaus abwechslungsreich, und als Alexander nach einer Dreiviertelstunde
sagt, dass es für heute zumindest mit den Trainingseinheiten vorbei sei, kann
ich kaum glauben, dass ich so tapfer durchgehalten habe.
Max und ich verzichten darauf, für ein paar Kraftriegel noch mit an die
so genannte ‚Bar’ zu kommen, und schnappen uns im Vorübergehen lediglich
Alexander, der uns auch brav ein kleines Interview über Sinn und Zweck dieses Fit&Flirt -Konzepts
gibt. Was die anderen Teilnehmer angeht, so haben wir beide irgendwie
Hemmungen, uns im Nachhinein als Maulwürfe zu outen, und überlegen stattdessen,
den Beitrag ausschließlich aus unserer Perspektive aufzuziehen. Auch Max
besitzt für den Beruf des Skandal-Journalisten definitiv zu viele Skrupel.
Keine fünf Minuten später stehe ich
einsam und allein unter der Gemeinschaftsdusche der Damen und versuche, meinen
müden Körper mit heißem Wasser wiederzubeleben. Dabei muss ich noch einmal an
Max denken und daran, wie verlockend er selbst bei körperlicher Ertüchtigung
aussieht. Es gibt ja Männer, die im Alltag noch so schön sein können, aber dann
bei jedweder Form von Anstrengung plötzlich unheimlich albern wirken. Nicht so
Max. Der hat das irgendwie drauf. Eigentlich schade, dass das Fit&Flirt -Programm
bei Bedarf nicht auch noch gemeinsames Duschen mit einschließt… konsequent wäre
das! So aber trete ich Max erst wieder gegenüber, als wir beide uns noch leicht
dampfend, mit frischem Gesicht und feuchten Haaren, auf die Autositze fallen
lassen. Ich seufze behaglich.
„Und jetzt?“,
fragt Max.
„Feierabend!“,
sage ich. „Den Bericht können wir morgen einsprechen, das hat keine Eile. Für
heute will ich nur noch ins Bett.“ Ich kann es mir nicht verkneifen, Max dabei
einen halben Blick zuzuwerfen, den dieser mit seinen Röntgenaugen sogleich
registriert.
„Hmmm hmmm“,
macht er langsam, und ich starte den Wagen.
Unterwegs reden
wir nicht viel. Ich weiß nicht, woran er denkt, aber woran ich denke, dürfte
klar sein. Ich muss schon sagen, dass das Konzept, Sport mit Sex – äh, ich meine
natürlich: Fitness mit Flirten ! – zu verbinden, gar nicht so
abwegig ist. Zumindest auf mich hat dieser Mix aus frischem Schweiß und
Testosteron eine ähnliche Wirkung wie ein Tropfen Blut im Piranhabecken.
Vorspiel inklusive Fettabbau sozusagen. Nur dass man danach fast zu müde ist,
um noch weiter zu gehen. (He! Ich sagte fast !)
Als wir den
Wagen beim Sender abstellen, knistert zur Abwechslung die Luft. Was nun? Max’
Hand, die erneut auf meinem Oberschenkel gelegen hat, gleitet mit einem Mal
höher und verstärkt dabei merklich ihren Druck. Ich verfolge ihren Weg und
betrachte wieder einmal fasziniert diese schmalen Finger, die so
selbstverständlich meinen Körper in Besitz nehmen, und denen ich so
selbstverständlich zugestehe, genau dies zu tun. Doch was Mann kann, kann Frau
schon lange, und als Max schließlich in meinem Schritt angelangt ist, ziehe ich
ihn energisch an seinem Hemdkragen zu mir herüber. Unser heißer Atem vermischt
sich, Max’ Zunge schiebt sich fordernd in meinen Mund, und auf einen Schlag
überkommt es mich wieder, dieses absolute Verlangen nach seinem Körper, nach
unserem Verschmelzen. Es ist ein einziger Sinnesrausch, der mich in den letzten
zwei Wochen in regelmäßigen Fieberschüben heimsucht und auch in den alltäglichsten
Situationen nie ganz abklingen will... Wenn es nicht ebenso unbequem wie
unangemessen wäre, würden wir es wahrscheinlich gleich an Ort und Stelle tun. So
aber reißen wir uns schweren Herzens noch einmal zusammen und voneinander los.
„Ich bringe eben
den Schlüssel nach oben“, murmele ich.
„Okay…“ Max
schluckt. „Ich warte an der Ecke auf dich.“
Zum wiederholten
Male schicke ich ein stilles Dankgebet gen Himmel, dass Max so nah am Sender
wohnt, und hoffe gleichzeitig, dass uns in unserem überdrehten Zustand keiner
mehr über den Weg läuft. Obwohl mir zum jetzigen Zeitpunkt fast
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