Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
Vom Netzwerk:
jedes
Callcenter würde dich rausschmeißen! Und das mit der Arschkriecherei müssen wir
auch noch mal üben. Was sollen sie dir bloß in dein Arbeitszeugnis schreiben?
Ich sehe deine Versetzung im höchsten Maße gefährdet…“
    Max’ Grinsen
wird noch schiefer, und allzu gern geht er auf das Spielchen ein. „Der blaue
Brief kam schon gestern, aber sag bloß Mama nichts davon.“
    Ich lache kurz,
halte ihm jedoch direkt im Anschluss mit leichtem Vorwurf meine Tasse hin, an
deren Boden noch ein bisschen Instant-Pulver klebt. „Du schuldest mir was!“
    „Lass mal
sehen!“ Max nimmt mir die Tasse aus der Hand, doch statt sie aufzufüllen, dreht
er sie langsam in seinen schmalen Händen und starrt dabei betont konzentriert
auf den Kaffeesatz. „Ich sehe, dass dein Tag bisher nicht sehr viel
versprechend gestartet ist…“, beginnt er geheimnisvoll.
    „Das kann man
wohl sagen, bei dem Kaffee!“, maule ich. „Aber immerhin habe ich mich bisher
weder von Hörern noch von Kollegen beschimpfen lassen müssen“, lenke ich dann
großzügig ein.
    Doch Max scheint
gar nicht zuzuhören. In mir steigt die dunkle Ahnung auf, dass er was im
Schilde führt. „Aber dein Tag wird besser! Ja, viel besser sogar!“ Max kneift
die Augen zusammen, als müsse er mühsam eine Sauklaue entziffern. „Ja, jetzt
sehe ich es ganz deutlich: Da ist ein Mann, jung, groß… Manch einer würde
sagen, dass er ziemlich gut aussehend ist. Auf jeden Fall hat er Humor und
möchte dich zu gerne aufheitern. Vielleicht bei einem After-Work-Bier?“
    „Jetzt gib schon
her, du Clown!“ Lachend nehme ich ihm die Tasse aus der Hand und greife an ihm
vorbei nach der Kanne, um mir selber nachzufüllen. Dabei komme ich ihm nah
genug, um diese verführerische Mischung aus Azzaros Chrome und Körper zu
riechen, die von ihm ausgeht. Mir wird schwindelig, und in übertriebener Eile
kippe ich mir den Kaffee in die Tasse, verschütte dabei fast die Hälfte, stelle
die Kanne hastig zurück und gehe auf Sicherheitsabstand in die
gegenüberliegende Ecke des Rings. Neustart.
     „Scheint heute
morgen für dich echt nicht so gut gelaufen zu sein, was?“ Ich puste verlegen
auf meinen Kaffee und wage es kaum, den Blick zu heben. Stattdessen starre ich
in die Tasse, als würde unter den schwarzen Wellen tatsächlich mein Schicksal
wie ein versunkener Schatz darauf warten, von mir geborgen zu werden.
    „Och, weißt du,
eigentlich war es auszuhalten. Natürlich ärgert mich die Geschichte mit der
Kino-Aktion auch. Aber das Leben geht weiter, oder?“ Da ist sie wieder, die
Unbeschwertheit der Jugend. Wie ich Max beneide! „Willst du dir vielleicht mal
den Einspieler anhören, den ich zusammen geschnitten habe? Steckt echt viel
Liebe drin. Und wenn er eh in die Tonne muss, soll ihn doch wenigstens
irgendwer vorher gehört haben.“
    Sieh mal einer
an! Ich bin anscheinend nicht die Einzige, die mit der Kurzlebigkeit der Kunst
im Business hadert.
    „Klar, gerne
doch. Ich muss nur eben noch meinen Kaffee austrinken. Du weißt ja, wie Thomas
reagiert, wenn sich jemand mit Tasse in der Hand dem Studio nähert.“
    „Lass ihn
einfach stehen.“
    „Wen? Thomas?“
    „Nein, den
Kaffee!“ Max lacht. „Lass ihn stehen und komm dafür später nach der Arbeit noch
auf einen Kaffee zu mir.“ Zwinker, zwinker.
    Eins muss man
ihm lassen: Er gibt wirklich nicht so schnell auf.
    „Wie viel
versprechend!“ Ich gebe vor, als würde ich über diesen Vorschlag ernsthaft
nachdenken, während ich mir in Wahrheit überlege, wie ich mich diplomatisch aus
der Affäre ziehen kann. Feigling, ich. „Aber erstens brauche ich den Kaffee jetzt und nicht erst in ein paar Stunden. Und zweitens bringt Koffein nach 17 Uhr
meinen Biorhythmus total durcheinander… Aber das verstehst du nicht. Du bist ja
noch jung!“
    Ha, das saß! Was
kann einen Flirt besser verderben als ein Outing über Altersmarotten? Doch Max
zeigt wieder einmal erstaunliche Nehmerqualitäten und holt unerwartet zum letzten
Schlag aus: „Ach Julia, wenn du nur mit mir nach Hause kämst – wir würden beide
in einen verdammt guten Rhythmus kommen, das garantiere ich dir!“
    Treffer – versenkt. Wenn ich was mag, dann Männer, die mit Sprache
umgehen können. Auch wenn es mir selbst dabei die Sprache verschlägt… Ich
schnappe nach Luft und schaue nervös zur Tür, aber es kommt kein Kollege
herein, der mir die Antwort abnimmt. Und als mir zwanzig Sekunden später immer
noch keine passende Erwiderung eingefallen

Weitere Kostenlose Bücher