Liebe 2000 - erotic science fiction
unsichtbare Tod auf sie lauerte.
Der Meteor, der das Schiff genau in dem Augenblick getroffen hatte, als es aus der Translation in den normalen Weltraum zurückkehrte, hatte vermutlich den Maschinenraum zerstört. Das hatte sie jedenfalls den zusammenhanglos hinausgeschrienen Worten eines Kollegen entnommen, der in den Kommandoraum geflohen war. Schnell hatte sie Eddie gesucht. Sie hatte befürchtet, seine Kabinentür verschlossen zu finden, da er gerade eine Bandaufnahme der Arie »Heavy Hangs the Albatross« aus Gianellis »Ancient Mariner« machte.
Zum Glück hatte die Notrettungsanlage automatisch die Stromkreise des Schließsystems gelöst, und sie konnte eintreten. Voll Furcht, er könnte verwundet sein, hatte sie seinen Namen gerufen. Eddie lag halb bewußtlos auf dem Fußboden, aber nicht der Zusammenstoß hatte ihn stürzen lassen. Die Ursache für seinen Zustand war ihm aus der erschlafften Hand gefallen und in die Ecke gerollt: eine für Schwerelosigkeit konstruierte, mit Gummisauger versehene Einliter-Thermosflasche. Aus Eddies offenem Mund drang Alkoholgeruch, den nicht einmal Nodor-Pillen hatten überdecken können.
In scharfem Ton hatte sie ihm befohlen, aufzustehen und sich aufs Bett zu legen. Er hatte sich aufgerappelt, und sie hatte, obwohl sie kleiner war als er, all ihre Kraft zusammengenommen und ihn mit Müh und Not zum Bett geschleppt.
Dort hatte sie sich neben ihm ausgestreckt und ihn und sich selber angeschnallt. Sie hatte begriffen, daß das Rettungsboot ebenfalls zerstört worden war und daß der Kapitän nun vor der Aufgabe stand, die Jacht wohlbehalten auf diesen zwar in den Karten verzeichneten, aber noch unerforschten Planeten Baudelaire hinunterzubringen. Alle anderen hatten sich hinter dem Kapitän in den Sesseln festgeschnallt. Helfen konnten sie ihm nicht; sie konnten ihm nur durch ihre stumme Anwesenheit den Rücken stärken.
Doch diese moralische Unterstützung genügte nicht. Das Schiff war in einem flachen Winkel heruntergekommen. Viel zu schnell. Die beschädigten Maschinen hatten es nicht halten können. Den Bug hatte die Hauptwucht des Aufpralls getroffen. Und mit ihm alle, die im Kommandoraum saßen.
Dr. Fetts hatte den Kopf ihres Sohnes an die Brust gedrückt und laut zu ihrem Gott gebetet. Eddie hatte geschnarcht und wirr vor sich hin gemurmelt. Dann kam ein ohrenbetäubendes Dröhnen, als wäre das Schiff der Klöppel einer gigantischen Glocke, die eine für Menschenohren unerträglich furchtbare Botschaft hinausläutete. Dann eine grelle Lichtexplosion. Dann Stille und Dunkelheit.
Wenige Sekunden darauf begann Eddie mit kindlicher Stimme zu jammern. »Laß mich nicht allein sterben, Mutter! Komm zurück! Komm zurück!«
Die Mutter lag besinnungslos neben ihm, aber das wußte er nicht. Er weinte eine Zeitlang weiter, dann fiel er in seinen von Alkoholnebeln durchzogenen Stupor zurück und schlief wieder ein. Und abermals herrschten Stille und Dunkelheit.
Es war der zweite Tag nach dem Absturz, falls man das Dämmerlicht auf Baudelaire als »Tag« bezeichnen konnte. Dr. Fetts folgte ihrem Sohn auf Schritt und Tritt. Sie wußte, daß er überaus sensibel und leicht erregbar war. Sie hatte es sein ganzes Leben lang gewußt und immer versucht, ihm alles, was ihn beunruhigen konnte, fernzuhalten. Sie war der Ansicht, daß ihr das recht gut gelungen sei – bis Eddie vor drei Monaten mit einem Mädchen durchgebrannt war und es geheiratet hatte.
Bei diesem Mädchen handelte es sich um Polina Fameux, die aschblonde, langbeinige Schauspielerin, deren 3-D-Fotos zu all jenen Grenzsternen verschickt wurden, auf denen schauspielerisches Talent wenig, ein wohlgeformter Busen jedoch sehr hoch eingeschätzt wurde. Da Eddie ein bekannter Tenor der Metropolitan war, schlug die Nachricht von seiner Heirat wie eine Bombe ein, deren Detonation in der gesamten zivilisierten Galaxis Wellen erzeugte.
Für Dr. Fetts war Eddies Heirat ein schwerer Schlag gewesen, aber sie hoffte, ihren Schmerz erfolgreich hinter einer lächelnden Maske verborgen zu haben. Nicht, daß sie ihn hergeben mußte, bereitete ihr Kummer; schließlich war er kein kleiner Junge mehr, sondern ein erwachsener Mann. Aber bis auf die Saisons an der Met und seine Tourneen hatte er sie seit seinem achten Lebensjahr nicht mehr verlassen.
Damals war sie mit ihrem zweiten Mann in die Flitterwochen gefahren. Aber auch damals war sie nicht lange von Eddie getrennt gewesen, denn Eddie war sehr schwer erkrankt, und sie
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