Liebe ahoi
weniger Zeit dabei raus, als die meisten anderen Paare zusammen im Sommerurlaub sind. Und hier auf diesem Schiff erscheint mir das auf einmal viel gravierender. Ich habe das Gefühl, dass uns kaum noch etwas verbindet.«
Widersprich mir, flehte sie im Stillen. Widersprich mir und sag mir, dass ich mich irre. Sag mir, dass du mich liebst.
»Du hast recht.« Er lehnte sich mit einem tiefen Seufzer zurück. Zum ersten Mal fiel ihr auf, wie erschöpft er aussah. »Du hast recht«, wiederholte er müde. »Es tut mir leid, Sarah, aber ich weiß im Moment auch nicht genau, wo wir stehen.«
Ihr Magen drehte sich. Nein. Das konnte nicht sein. Wieso fuhr er mit ihr Tausende von Meilen mitten aufs Meer, um ihr das zu sagen?
»Liebst du mich noch?«
»Ja«, bekräftigte er. »Natürlich tue ich das. Und ich möchte, dass es zwischen uns wieder so wird wie früher. Ich fürchte bloß …«, er stockte, dachte nach, »… ich fürchte, ich habe ganz einfach vergessen, dass du für mich das Wichtigste bist. Mein Job ist bestimmt von Termindruck, Hektik und Stress; da kann man den Blick für das, was wirklich zählt, leicht verlieren. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich schon zum dritten Mal verheiratet bin.«
Er lächelte schief, und sie hätte ihn am liebsten in den Arm genommen. Noch während sie das dachte, beugte er sich vor und küsste sie, so wie früher. Instinktiv vergrub sie die Finger in seinem Haar, und er hob sie hoch und trug sie zum Bett. Ihr Liebesspiel war erst zögerlich, dann, als ihr Puls schneller wurde, wurde es wild und leidenschaftlich, war jedoch viel zu schnell vorüber.
David schien es nicht zu merken.
Als sie anschließend nebeneinanderlagen, schmiegte Sarah den Kopf in seine Armbeuge und redete sich ein, dass alles gut werden würde. Das musste es einfach. Sie brauchten nur etwas Zeit, um das wiederzufinden, was sie damals zusammengebracht hatte. Zeit und Ruhe und den Willen, etwas zu verändern.
Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre Gedanken.
»Wir machen einfach nicht auf«, schlug David vor. »Es ist sicher nur das Zimmermädchen. Bestimmt ist das Bitte-nicht-stören-Schild heruntergefallen.«
Sie hätte sofort zugestimmt, wenn sie nicht gleich wieder diese blöde Angst beschlichen hätte. Colita wusste zwar, dass sie ihr keine Briefe mehr bringen durfte, aber was war, wenn sie heute einen freien Tag hatte? Wenn jemand anders eine Nachricht entgegengenommen hatte und nun bei ihr abgeben wollte? Wenn David aufstand und die Tür öffnete, wenn er den Brief in Empfang nahm und las und …
»Ist schon okay, ich schaue rasch nach«, sagte sie hastig und sprang aus dem Bett.
Im Gehen warf sie sich ihren Morgenmantel über, und als sie ihn gerade zubinden wollte, flog schon die Tür auf.
»Morgen, Darling«, zwitscherte Mona und rauschte an Sarah vorbei, ohne auch nur abzuwarten, bis man sie hereinbat.
Sarahs erste Reaktion war Erleichterung, dass es niemand war, der einen Brief von Callum brachte. Ihre zweite Reaktion war Verärgerung, weil Mona schon wieder bei ihnen auftauchte. Und die dritte Reaktion waren Gewissensbisse wegen ihrer zweiten Reaktion. Hatte Mona sie nicht gestern großzügig zu diesem wundervollen Wellnesstag eingeladen? Ihre Vorgängerin gab sich solche Mühe, da durfte sie wirklich nicht so kleinlich sein.
Mona blieb plötzlich wie angewurzelt stehen und starrte auf Sarahs zerwühlte Haare. Dann fiel ihr Blick auf die Empore und auf David, der dort nur mit einem Laken bekleidet im Bett lag.
»Oh, das tut mir echt leid.« So verunsichert hatte Sarah sie noch nie erlebt. »Ich konnte ja nicht ahnen …«
»Schon gut. Ist was passiert?«, fragte Sarah freundlich, dabei hätte sie Mona am liebsten achtkantig aus der Kabine geworfen.
Ups. Schon wieder ein Gewissensbiss.
»Nein, nein!« Mona atmete tief durch, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. »Ich wollte euch nur zum Lunch einladen. Wir dachten, es wäre doch nett, gemeinsam zu einem schönen, ausgedehnten Pranzo an Land zu gehen.« Sie sprach das Wort betont italienisch aus. »Das heißt Mittagessen«, fügte sie in Sarahs Richtung hinzu.
»Das weiß ich«, antwortete Sarah spitz.
Das tat sie wirklich. Sie schwärmte nämlich für Gino D’Acampo und verpasste keine seiner Kochshows.
Mona blieb ungerührt. »Na, umso besser! Das Exkursionsteam empfiehlt ein hübsches kleines Restaurant direkt am Hafen. John und Marcy wollen sogar die Zwillinge mitnehmen, David.«
Mit anderen Worten, alle fuhren,
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