Liebe ahoi
nicht bedrängen durfte. Für einen wie ihn, einen typisch emotional verschlossenen Westschotten, kam dieser kurze Satz bereits einer psychischen Offenbarung gleich.
»Sarah ist eine tolle Frau. Sie ist hübsch und süß und witzig und geduldig. Ich habe noch nie eine Frau wie sie kennengelernt.«
Mona wurde unruhig. Für ihr eigenes Seelenheil musste jetzt unbedingt bald ein Aber folgen.
»Aber …«
Halleluja!
»… manchmal frage ich mich, ob ich sie glücklich machen kann.«
»Natürlich machst du sie glücklich. Wieso solltest du das denn nicht tun?«
»Weil sie eine Menge für mich aufgibt, Mona. Sie verzichtet zum Beispiel darauf, Kinder zu bekommen. Sie akzeptiert, dass mein Job Vorrang vor allem hat. Ich nehme mir viel zu wenig Zeit für Sarah, und ehrlich gesagt bin ich viel zu kaputt, um mich so um sie zu bemühen, wie sie es verdient. Aber ich schaffe es einfach nicht, um zwölf Uhr nachts nach Hause zu kommen und danach noch bis zwei wach zu bleiben, um zu hören, wie ihr Tag war. Und wenn ich zum Essen mit ihr verabredet bin und irgendeine Story dazwischenkommt, sage ich ab. So bin ich nun mal. Du hast das immer verstanden.«
»Ja.«
»Aber für jemanden, der nicht in diesem Metier arbeitet, ist das schwer zu begreifen. Ich denke manchmal, Sarah hat einfach mehr verdient.«
»Vielleicht hast du recht.«
In der Sekunde, als sie das sagte, zuckte er zusammen. Ihre Blicke begegneten sich.
»Ich meine das nicht böse, David. Aber überleg mal, wie lange kennen wir uns schon?«
Er dachte einen Moment lang nach. »Eine halbe Ewigkeit?«
Sie nickte. »Und daher weiß ich eines ganz sicher. Du brauchst eine Partnerin, die dich versteht und die dieselben Interessen hat wie du. Sarah ist all das, was du vorhin über sie gesagt hast. Aber ich bin nicht sicher, ob sie die Richtige für dich ist. Ich finde es schrecklich, dass du so unglücklich bist.«
Mona überlegte einen Moment, an dieser Stelle aufzuhören. Aber wie viele Gelegenheiten würden sie in dieser Woche noch haben, so intim und ungestört miteinander zu reden?
»Ich finde, du solltest mit einer Frau zusammen sein, mit der du mehr gemeinsam hast. Und glaub mir, die kannst du auch glücklich machen.«
David lächelte wehmütig. »Dich habe ich auch nicht glücklich gemacht, oder?«
Mist, jetzt war sie in die Falle getappt.
»Das war damals etwas ganz anderes, David.«
Auf keinen Fall durfte sie jetzt auf die Gründe für ihre Trennung eingehen. Bloß nicht. Ihre Absicht war es, näher an ihn heranzukommen, nicht, ihn an ihre schlimmsten Zeiten zu erinnern.
»Hör zu, David, es macht keinen Sinn, alte Zeiten aufzuwärmen. Du musst dich mit der Gegenwart auseinandersetzen. Wenn Sarah nicht die Richtige für dich ist, musst du dich von ihr trennen. Das ist nur anständig, und in all den Jahren, die ich dich nun kenne, warst du immer anständig.«
Er sah so elendig aus, dass es ihr fast wehtat. Was sie betraf, wurde Anstand definitiv überschätzt. Sosehr sie versucht war, zu bleiben und noch ein wenig länger die mitfühlende Freundin zu spielen, sie kannte sich mit Männern im Allgemeinen und mit David Gold im Besonderen gut genug aus, um zu wissen, dass sie diejenige sein musste, die das Heft in der Hand hielt. Sie entschied, wann sie kam und wann sie ging. Außerdem hatte sie ihr vorläufiges Ziel erreicht. Sie hatte ihn verunsichert; jetzt brauchte er Zeit zum Nachdenken. Er war ein kluger Mann, und sie war überzeugt, dass er die richtige Entscheidung treffen würde.
Sie schaute umständlich auf ihre Armbanduhr und seufzte vernehmlich. »David, ich muss jetzt gehen, Piers kommt jeden Moment zurück. Um ganz ehrlich zu sein, es geht mir gerade genauso wie dir.«
»Wirklich? O Gott, Mona, es tut mir leid, das zu hören. Ich hatte ja keine Ahnung.«
»Woher solltest du auch? Ich habe immer mehr das Gefühl, dass Piers und ich völlig unterschiedliche Vorstellungen vom Leben haben. Er hängt mir dauernd in den Ohren, ich solle endlich kürzertreten, nicht mehr so viel arbeiten, mir mehr Zeit nehmen.«
»So bist du aber doch nicht.«
»Genau.« Sie beugte sich vor, küsste ihn auf die Wange und umarmte ihn. Er erwiderte den Körperkontakt bereitwillig. Als sie ihn losließ, schenkte sie ihm noch einen tiefen Blick. »Weißt du, David, manchmal habe ich das Gefühl, die einzigen Menschen, die so sind wie wir, sind wir beide.«
Sie drehte sich nicht um und vergewisserte sich nicht, ob er ihr nachschaute. Nicht nötig. Für heute
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