Liebe ahoi
Ehemann nicht die geringste Ahnung hatte.
Sarah stopfte den Brief in ihre Handtasche und beschloss, ihn irgendwann später zu lesen. Das Wichtigste war jetzt, mit David zu reden und den restlichen Tag mit ihm zu verbringen. Vielleicht konnten sie sich ja ein bisschen an den Pool legen oder ein verspätetes Lunch genießen und anschließend die Bereiche des Schiffs erkunden, an denen sie bisher noch nicht waren.
Die Kabinentür klickte leise, als sie den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte. Sarah holte noch einmal tief Luft und setzte ein extra strahlendes Lächeln auf.
»Darling, ich bin wieder da!«
Nichts. Lähmende Stille. Bestimmt saß er schon wieder auf dem Balkon und arbeitete. Wenn das so weiterging, würde das das Einzige sein, woran er sich nach dieser Reise wirklich erinnerte.
Seltsam, da war er auch nicht. Sie schaute im Schlafbereich nach, im Bad. Nichts. Vielleicht war er mit Eliza und John zum Lunch gegangen. Oder zum Pool mit den Zwillingen. Oder – Gott bewahre! – er lag irgendwo herum und entspannte sich und hatte den Rest der Welt einfach vergessen. Sie würde sich schnell umziehen und sich auf die Suche machen. Aber vorher musste sie dringend noch einen Schluck trinken.
Die Nachricht lag oben auf dem kleinen Kühlschrank. Ein paar eilig hingekritzelte Worte auf dem Schiffsbriefpapier. Sarah brauchte einen Moment, um seine Schrift zu entziffern. Dann las sie es noch einmal. Bestimmt irrte sie sich. Nein.
Bin nach Rom gefahren, bin heute Abend zurück … wenn wir das Schiff nicht verpassen.
David.
Ihr erster Gedanke war, ob der letzte Teil des Satzes ein kleiner Scherz oder eine böse Spitze sein sollte. Wie traurig, dass sie sich nicht sicher sein konnte. Kannte sie ihren Mann denn gar nicht? Ihre zweite Empfindung war Überraschung. Er hasste doch angeblich Sightseeing. Gefühl Nummer drei war Enttäuschung, dass er ohne sie nach Rom gefahren war. Erst bei Nummer vier begannen ihre Nerven zu flattern. Er hatte »wir« geschrieben.
Sarah bezweifelte sehr, dass John und Marcy die anstrengende Reise nach Rom mit den Zwillingen unternommen hätten, sie würden die Kinder auch nicht den ganzen Tag allein lassen. Ebenso wenig konnte sie sich vorstellen, dass Eliza einen Tag ohne ihren neuen Schwarm aushalten würde. Damit blieb … argh! Diese verdammte Mona! Diese Frau war wirklich ständig an seiner Seite.
Wütend tauschte Sarah die Flasche Wasser gegen ein Bier und ließ sich auf die Couch fallen. Dort verbrachte sie die nächsten zehn Minuten und bedachte die beiden in Gedanken mit jeder Beleidigung, die ihr einfiel. Sie war gerade bei »widerliche Dreckschweine« angekommen, als ihr der Brief in ihrer Tasche wieder einfiel.
Vermisse dich. Niemand da, mit dem ich Donuts essen kann. Bitte triff mich in Monaco! Ich bringe die mit dem Zuckerguss mit.
C.
Sarahs Emotionen fuhren Achterbahn, rauf und runter, rechts herum, links herum. Sie vermisste Callum, nein, er bedrängte sie; sie liebte ihren Mann, nein, sie hasste ihren Mann; sie wollte weg von diesem Schiff, nein, hier war der schönste Platz auf Erden; sie hasste Mona, und nein, dazu gab es kein Gegenteil. Am Ende war sie wie gelähmt. Als das Telefon klingelte, beschloss Sarah, nicht ranzugehen. Wenn es David war, konnte sie nicht ausschließen, dass sie nicht »Scheißverräter« in den Apparat brüllte. Dann nahm sie doch ab.
»Hey, Sarah, hier ist Piers. Kannst du glauben, dass die zwei sich einfach verdrückt haben? Na ja, vielleicht haben wir das nach gestern verdient.«
Sarah zog es vor, keine Antwort zu geben. Ganz offen gestanden, wäre sie selbst dann sauer, dass David den Tag mit Mona in Rom verbrachte, wenn sie es am Abend zuvor mit Brad Pitt getrieben hätte.
»Weißt du was? Max und ich wollen ein bisschen Basketball auf dem Sportdeck spielen. Wenn du Lust hast, kannst du gern mitkommen.«
»Danke, Piers, das ist sehr nett von euch.«
Basketball. Sie besaß das sportliche Talent eines angetrunkenen Rehkitzes, aber die Kabine erschien ihr plötzlich so schrecklich eng.
»Ich komme gleich nach. Muss mich nur noch schnell umziehen.«
»Super, dann bis später.«
»Ach, Piers – soll ich Beth anrufen und fragen, was sie macht? Soweit ich weiß, hat sie für heute Nachmittag auch keine Pläne.«
»Äh … klar. Wie du willst. Also, bis gleich.«
Als Sarah auflegte, hatte sie das seltsame Gefühl, dass ihr die Dinge irgendwie aus den Händen glitten. Sie wusste nur nicht, wieso.
»Und? Wie ist deine
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