Liebe auf Arabisch
Viertelstunde aus, ohne sich etwas in den Mund zu schieben.
»Im Leben einer Frau gibt es so wenig Genuss! Wenn man uns nun auch noch die Süßigkeiten nähme! Und wisst ihr was? Ich bin gerne bereit, zu beten, mich zu verschleiern und den Ramadan einzuhalten, aber wenn es im Paradies kein anständiges Zuckerzeug gibt, muss ich da nicht unbedingt hin!«
Das waren ja ganz neue Töne.
»Ich bräuchte auf jeden Fall ein paar schöne Männer im Jenseits, Leïla, ich gebe es zu«, sagte Farah. »Seit ich das Foto von deinem Kollegen gesehen habe, träume ich von Stewards. Ich werde schon feucht beim bloßen Gedanken an so einen Kerl im Paradies.«
Und wieder waren wir beim Thema »Steward« gelandet. Mir war schon aufgefallen, dass sie jedes Mal bebten, wenn ich Fouads Namen erwähnte. Sie wussten bereits, dass er ursprünglich aus Marrakesch kam, ein Alaoui aus gutem Hause war und mein engster Freund. Durch das Foto kannten sie sein äußeres Erscheinungsbild, sie scherzten darüber, wie sehr sie seine Frau beneideten
und vermuteten, dass er sehr temperamentvoll war, intelligent, aber dabei auch besonders zärtlich, Qualitäten, die ich nur selten bei meinem Kollegen beobachtet hatte.
Alle zusammen: »Stewards sind schön, verführerisch, sanftmütig und gut im Flirten. Sie sind alle wie Fouad, stimmt’s, Leïla?«
Salma: »Ich bin sicher, dass ein Steward ein super Fang ist.«
Joumana: »Woher willst du das wissen? Und seit wann redest du wie eine Zwanzigjährige?«
Salma (drückt meine Hand): »Nennen wir es einfach weibliche Intuition, Leïla wird mir Recht geben.«
Ich: »Keine Ahnung.«
Soha: »Ach komm! Erzähl uns ein bisschen, es gibt doch bestimmt einige, die dir den Hof gemacht haben, sogar unser geliebter Fouad, Ehering hin oder her.«
Ich: »Eines meiner Prinzipien ist, nichts mit Kollegen anzufangen.«
Soha: »Na gut, aber du hast dich doch bestimmt mal zu jemandem hingezogen gefühlt?«
Farah: »Vielleicht steht sie ja eher auf den Typ Bauarbeiter, mit großen Händen, jeder Menge Muckis und wildem Charakter … Egal, erzähl ich euch später.«
Hatten sie sich etwa kollektiv in den Steward verliebt?
War es, wie bei den Männern, die Verlockung des Verbotenen, oder waren sie einfach nur darauf programmiert, jeden Mann charmant zu finden, der ein Fremder in ihrem Serail war?
Zweifellos ist hier, mehr als in jedem anderen Land, ein Mann ein Mann. Er kann hässlich, dreckig und blind sein, er bleibt zu allererst ein Mann und genießt den angeborenen Respekt seinem Geschlecht gegenüber. Er ist immer ein wenig höhergestellt als eine Frau, selbst wenn
sie ein Star, eine Nobelpreisträgerin oder eine atemberaubende Schönheit ist!
Nur Iqbal schien sich nicht für Fouad zu interessieren. Sie unterbrach uns. Gerade kam sie mit schlurfenden Schritten und leerem Blick herein. Und sie sagte den folgenden Satz, der unserer guten Laune ein jähes Ende bereitete:
»Tante Joumana, wenn ihr mir nicht helft Samih zu sehen, bringe ich mich um.«
Dann wandte sie sich ab.
Erst nach ein paar Minuten Stille entschied Joumana zu antworten. Sie erzählte uns, ihr Ehemann habe den Computer des jungen Mädchens konfisziert, da sie ihn seiner Meinung nach zu viel benutzte. Und so bestand Iqbals einzige Möglichkeit, mit ihrem Liebsten zu kommunizieren, darin, jedes Mal einen Zettel auf den Boden zu werfen, wenn sie an ihm vorbeiging. Der junge Mann bediente sich seinerseits ähnlicher Techniken, um ihr zu antworten: Er warf ihn ihr zum Fenster hinein oder vergrub ihn in einem Sandkasten vor ihrem Haus.
Doch dieser Austausch von Nachrichten auf der Straße war gefährlich und konnte nicht ewig so weitergehen, Iqbal wollte diesen Jungen von Angesicht zu Angesicht kennenlernen. Dies ließ sich jedoch nur durch einen formellen Heiratsantrag erreichen.
Kurze Zeit später war das Gespräch beendet und ich sollte wieder von meinen Liebesabenteuern erzählen. Ich erklärte ihnen, dass mein Wunschtraum sich eigentlich nicht sonderlich von dem meiner Kolleginnen unterschied, dass unter den Passagieren irgendwann mein Traummann zu finden wäre, am besten mit einer dicken Brieftasche. Zu dumm, dass solche Männer meist einen Blick auf die Passagierinnen links und rechts von ihnen warfen, statt auf die
Stewardess. Seit kurzer Zeit war mir ein neues Phänomen nicht entgangen: Bettelarme Mädchen, die Gott mit einem süßen Gesichtchen ausgestattet hatte, gaben ihr letztes Geld für ein Flugticket der Businessklasse aus, um
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