Liebe auf Arabisch
mal, der da drüben, ya Allah!«, rief Salma. »Der sieht aus wie mein Cousin Walid!«
»Er ist größer als dein Cousin«, antwortete Joumana.
»Und guckt euch mal an, wer da hinter ihm her läuft, die ist ja noch größer als er. Wie hässlich das ist! Man könnte meinen, sie sei auch ein Kerl«, flüsterte Salma.
»Man sieht, wie gut du dressiert worden bist«, gab Joumana zurück. »Du glaubst, dass die Frauen den Männern nichts streitig machen dürfen, noch nicht einmal ihre Größe.«
»Vor allem glaubt sie, dass eine Frau ein nicht identifizierbares Objekt sein sollte, das nicht viel Platz einnimmt! «, schmunzelte Farah.
Sohas Handy klingelte. Ihr Ehemann kündigte seine Rückkehr aus Kairo für denselben Abend an. Augenblicklich jammerte unsere Freundin:
»Ich muss sofort gehen! Ich werde nicht genug Zeit haben, um mein Bad zu nehmen und die Masseurin kommen zu lassen, ya Allah!«
Wir beendeten unseren Ausflug und verschoben die Shoppingtour auf ein andermal.
Gott ist Amerikaner
Mir wurde noch etwas klar: Ein Blick deutet eine Beziehung an, das Handy setzt sie in die Tat um. Ständig kommt der Moment, in dem eine meiner Freundinnen wie ein Vöglein dem Raum entschwebt, hundert Schritte tut, eine Drehung vollführt oder sich in einer Ecke versteckt; sie erteilen Befehle, werden eingeladen oder man wünscht ihnen ein frohes Aïd-Fest, sie bestellen ein Paar Schuhe, organisieren eine Feier oder verraten ein Geheimnis. Dieses Spielzeug ist für sie lebensnotwendig geworden und ihre besondere Vorliebe gilt den neuesten Klingeltönen. »Es ist meine Seele«, sagt Iqbal über ihr Handy. »Ich nehme es sogar mit ins Bett, unter mein Kopfkissen, es leistet mir Gesellschaft.«
Joumana schaltet sich sofort ein:
»Weißt du, der Westen hat uns nur Schrott gebracht. Stell dir diese eingesperrten Raubkatzen ohne ihr Handy vor! Gott ist Amerikaner, Schätzchen, und niemand will es zugeben.«
Iqbal erschien an jenem Nachmittag mit geröteten Augen und finsterer Miene.
Joumana flüsterte mir ins Ohr:
»Ich habe vergessen, dass auch der Computer mittlerweile lebensnotwendig geworden ist!« (Sie wandte sich an ihre Nichte.) »Also, was habt ihr euch erzählt?«
»Er sagt, er kann nicht mehr«, schluchzte Iqbal. »Er will um meine Hand anhalten.«
»Bist du verrückt? Du kennst ihn doch gar nicht. Dein Vater wird nie im Leben zustimmen. Er ist noch nicht einmal zu hundert Prozent Saudi!«
»Ja und? Er ist Araber.«
»In den Augen deiner Eltern ist das nicht genug.«
»Wenn sie mir mit einem Cousin kommen, werde ich mich weigern. Meine Cousins sind total bescheuert. Ich will ihr Geld nicht, ich will Liebe!«
Sie klang wie eine umgekehrte Version meiner Cousine Nora. Die nämlich erzählt jedem in Hörweite:
»Ich pfeife auf die Liebe, ich will jemanden mit Geld!« (Dann jammert sie mit dem Ausdruck einer marokkanischen Sängerin.) »Ich will nicht lieben, ich will heiraten!«
»Dein palästinensischer Romeo schleppt jedes Drama der Welt mit sich herum«, fuhr Joumana fort. »Außerdem hat er keine Arbeit.«
»Das ist doch klar, er studiert noch.«
»Und was will er werden? Was hat er schon für eine Zukunft in diesem Land?«
Während sie diskutierten, stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn all die arabischen Reichtümer, die Ölquellen, die über alle Banken der Welt verteilten Dollars, plötzlich in marokkanischen Kassen landeten. Was sich damit alles anstellen ließe! Mein Marokko würde zur Schweiz der arabischen Länder und seine Frauen wären nicht nur gebildet, sondern müssten obendrein weder ihre Körper, noch ihre Arbeitskraft an Ausländer verkaufen!
Ein armes Land war also dazu verdammt, aus seinen Frauen freie Prostituierte zu machen, während sie in einem reichen Land zu versklavten Ehefrauen wurden.
In der Zwischenzeit bedankte ich mich bei meinen
Freundinnen mit einigen der besten Back- und Süßwaren meines Landes für ihre unübertreffliche Pflege nach meiner Entlassung.
Während Salma ein Mandelhörnchen nach dem anderen verschlang und sich die Finger leckte, rührte Joumana nichts davon an. Wie unterschiedlich die beiden Frauen waren! Die eine wog fast achtzig Kilo, ohne diese Tatsache als Handicap zu empfinden, während die andere das ganze Jahr über auf Diät war. Einer richtigen Mahlzeit zog sie Tabletten vor, während Salma ganz offen zugab, ungefähr dreißig Kilo Zucker pro Monat zu vertilgen. So ist das eben, sie hat ständig Heißhunger und hält es kaum eine
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