Liebe auf Arabisch
unsere Gruppe in zwei Fronten. Die eine, bestehend aus Joumana und mir, verteidigte die Mädchen von Bourguiba, die andere verdammte sie.
Salma: »Die Tunesier sind keine wahrhaftigen Muslime. Ein Land, das den Islam verzerrt und am heiligen Koran rührt, ist kein muslimisches Land.«
Soha: »Ich glaube sogar, dass sie nicht fasten und auch nicht beten.«
Ich: »Das stimmt nicht. Ich habe tunesische Kollegen, die besseres Arabisch sprechen als wir alle zusammen und denen ihre Religion genauso wichtig ist wie euch.«
Salma: »Ich glaube trotzdem, dass es ein Land ist, das mit dem Islam nichts mehr zu tun hat.«
Joumana: »Wir sollten nicht übertreiben.«
Farah: »Ich war mit meinem Sohn dort. Und ich habe selten ein Land gesehen, das Modernität und Islam so
wunderbar vereint. Sie haben es geschafft, den Islam in die heutige Welt zu übertragen und ihre Frauen aus den mittelalterlichen Umständen befreit.«
Joumana: »Applaus!«
Soha: »Das stimmt allerdings … Die Polygamie abzuschaffen ist eine gute Idee. Gott vergib ihnen und allen anderen Muslimen.«
Plaudereien aus dem Nähkästchen
Ich erzählte gerade von meinem letzten turbulenten Flug mit einer algerischen Fußballmannschaft, die die gesamte Crew auf Trab gehalten hatte, als Safié hereinkam. Sie trug einen großen Koffer in jeder Hand und führte eine Frau mit unverhülltem Gesicht zu uns, die ihren Schleier ohne viel Sorgfalt über den Kopf geworfen trug. Die Besucherin brach fast unter ihrem eigenen Gewicht zusammen und konnte kaum eine Begrüßung stammeln, so sehr war sie außer Atem. Meine Freundinnen erhoben sich, um ihr ein Küsschen auf jede Wange zu geben, die so groß und schwer wie ein Buch aussahen. Ich machte es ihnen nach.
Für diesen Tag hatte Joumana eine Anprobe vorgesehen und ihre Schneiderin zu sich bestellt, um uns die neuesten Modelle vorzuführen. Nachdem diese an Ort und Stelle auf dem Teppich Platz genommen hatte, öffnete sie ihre Koffer, die so viele verschiedene Kleider enthielten, dass sie aus allen Nähten platzten: westliche Klamotten und Jogginganzüge, aber auch Abajas aus Leinen und Seide sowie Unterkleider, eines reicher mit Pailletten verziert als das andere.
»Das hier ist dem Kleid nachempfunden, das Nancy Arjam auf ihrer letzten Gala in Beirut getragen hat«, sagte Soha und zeigte auf ein hautenges Lamé-Kleid. »Hab ich auf Rotana TV gesehen.«
Die Schneiderin hatte auch ein Haarteil dabei, das farblich
an Madonnas Frisur erinnerte, sie brachte sexy Outfits à la Shakira mit und zwei Kleider, die der libanesische Designer Elie Saab entworfen hatte und nach denen die Frauen vom Golf ganz verrückt sind.
Meine Freundinnen wählten mal eine Bluse, mal ein Unterkleid, und Joumana ließ sich nicht davon abbringen, mir ein Tuch von Hermès zu schenken. Ich bedankte mich und wusste sofort, dass dieses Tuch direkt an Noras Hals wandern würde, die diese Marke liebte.
Soha zeigte uns das neueste Geschenk ihres Mannes, ein brandneues Handymodell, verziert mit Strass und Diamanten. Er hatte es ihr zum Valentinstag geschenkt:
»Dieser Feiertag stammt nicht aus unserer Tradition«, meckerte Salma. »Nur ein Ungläubiger könnte sich so einen Quatsch ausdenken.«
»Trotzdem«, sagte Joumana. »Es ist eine Gelegenheit unter vielen, um unseren Männern zu zeigen, dass man die Liebe durchaus feiern kann.«
Ich wusste, dass die Saudis den 14. Februar längst in ihren Kalender mit aufgenommen hatten, obwohl die Machthaber dagegen wetterten und den Feiertag als Gotteslästerei bezeichneten. Jedes Jahr beginnt das Katz-und-Maus-Spiel aufs Neue, bei dem die Polizei Jagd auf heimliche Rosenverkäufer und ihre Kunden macht, die restlos alle Artikel roter Farbe oder in Herzform aufkaufen, die von Verkäufern unter der Ladentheke gehandelt werden.
Farah begutachtete das Handy, prüfte seine Tastatur, steckte es dann zurück ins passende Lederetui und wandte sich an die stolze Besitzerin:
»Ich persönlich werde mich selbst mit einem Computer beschenken und habe Rachid gebeten, mir das leistungsfähigste Modell zu besorgen.«
Die Schneiderin, die anscheinend von jedem anderen Thema als ihren Chiffons gelangweilt war, erhob sich.
Wir wussten schon, dass Farah von Iqbal in die Geheimnisse der Informatik eingeweiht wurde, sozusagen als Gegenleistung für die Treffen mit ihrem Palästinenser. Obendrein war dies ein perfekter Vorwand, um das Haus zu verlassen, auch wenn das junge Mädchen sich dem Unterricht eher halbherzig
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