Liebe auf Arabisch
weiter, und da Farah ohnehin nicht den Mund halten kann, redete sie schließlich.
Sie hatte ihren Sohn Rachid eingeweiht und ihn ausgeschickt, um den Palästinenser zu holen. Er sollte ihn zu sich nach Hause geleiten, wie er es mit einem Freund getan hätte.
Iqbal wurde wenig später von Joumanas Chauffeur dort abgesetzt, die schließlich eingewilligt hatte, bei der Aktion mitzumachen.
»Und?«
»Ich habe die beiden Turteltäubchen in einem Zimmer eingeschlossen und gesagt: Ihr habt eine Stunde, um euch eure Liebe zu gestehen. Danach verlasst ihr getrennt
mein Haus. Falls einer von euch einem Nachbarn über den Weg läuft, erbitte ich absolutes Stillschweigen.«
»Mehr hast du ihnen nicht gesagt?«
»Also, ich kann ihnen ja schlecht beibringen, miteinander zu reden!«
»Von Angesicht zu Angesicht ist das aber etwas anderes als per Internet.«
»Das stimmt«, sagte Joumana. »Offline wissen die jungen Leute manchmal nichts mehr miteinander anzufangen. «
»Ich habe jedenfalls das Rendezvous in die Wege geleitet, ich werde ihnen nicht auch noch zeigen, wie man übereinander herfällt!«
»Du hättest bei ihnen bleiben sollen«, sagte Salma vorwurfsvoll.
»Natürlich!«, bestätigte Soha. »Wenn ein Mann und eine Frau allein sind, ist der Teufel immer der Dritte …«
»Ich glaube, da irrt ihr euch. Die beiden sind doch schon völlig baff, dass sie sich plötzlich live und in Farbe gegenübersitzen. Sie werden nicht auch noch auf die Idee kommen, miteinander zu vögeln!«
»Ich hoffe jedenfalls, dass dies das erste und das letzte Mal war, dass du so ein Rendezvous arrangierst«, warnte Salma. »Andernfalls könntest du leicht verwickelt werden in ein …«
»… amouröses Komplott? Nichts lieber als das! Ich finde das aufregend, als bekäme ich ein Stück meiner Jugend zurück.«
»Und dabei setzt du deinen Lebensabend aufs Spiel. Die Gesetze deines Landes kennen keine Gnade, meine Liebe, auch nicht für die Liebe«, sagte Joumana. »Sie würden dich auf einen öffentlichen Platz zerren und auf der Stelle steinigen, wie eine aus dem Volk.«
Tunesische Leckerbissen
Ein zweitägiger Aufenthalt in Tunesien bestätigte mir in diesem Herbst 2003, dass in der ganzen arabischen Welt die Herzen um den Irak weinten. Selbst dieses laizistische Land der Lebensfreude versank in einer Art Melancholie, die ich auch im Gesicht meines tunesischen Geschäftsmannes entdeckte.
Ich hatte den schönen Mann um die fünfzig im Flugzeug kennengelernt, der mich auf der Stelle zum Abendessen in Sidi Bou Saïd einlud.
»Diese verfluchten Amerikaner machen mit uns, was sie wollen! Auf einmal sagen sie, Saddam sei ein Diktator, wer weiß, was als Nächstes kommt … Was soll bloß aus diesem Land werden? Immerhin hat Saddam eine Nation erschaffen, er hat alle jungen Araber träumen lassen. O ja, Püppchen! Als ich in der Baath-Partei aktiv war, warst du noch gar nicht auf der Welt.
Später kamen wir auf die Tunesierinnen zu sprechen und er berichtete mit gerümpfter Nase, dass selbst die jüngsten unter ihnen nur ein einziges Ziel hatten, nämlich das große Los zu ziehen und einen Millionär zu heiraten – dabei vergaß er natürlich, dass er selbst der Erste war, der die jungen Frauen dazu verführte. Seiner Auffassung nach, ging es vor allem darum, sich einen Ausländer zu angeln. Nicht unbedingt des europäischen Passes wegen, sondern um ausgesorgt zu haben:
»Kein Tunesier erträgt auf Dauer ein Leben ohne unsere
malerischen Buchten und das süße Blau unseres Himmels.«
Anschließend beklagte sich mein poetischer Geschäftsmann ausführlich über seine Ehefrau, die zu viel Energie in ihre Arbeit als Ärztin steckte und in seinen Augen inzwischen beinah asexuell wirkte.
»Es ist ja nicht so, dass eine Frau keine Frau mehr ist, nur weil sie arbeitet.«
»Trotzdem habe ich persönlich das Verlangen nach jemandem, der … wie soll ich sagen … aufmerksamer ist …«
»Und zugänglicher! Um eine Frau wirklich zu lieben, muss sie sich unterordnen können oder zumindest abhängig von ihrem Mann sein und sich ganz seiner Person widmen.«
»Ich habe mir keine Marokkanerin an den Tisch geholt, damit sie mir von den Rechten der Frau erzählt!«
Da ich den Abend nicht ruinieren wollte, schloss ich mit folgenden Worten:
»Lieber Sami, du musst begreifen, dass alle Frauen davon träumen, frei zu sein. Und jede sucht ein anderes Ventil für ihre Frustrationen.«
Nach drei weiteren Gläsern Wein dachte mein Tunesier nicht mehr
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