Liebe auf Arabisch
widmete, während sie fieberhaft auf ihr nächstes Rendezvous wartete.
Und so überbrückte Farah die Zeit, bis sie wieder ins geliebte Europa reisen konnte, vor dem Computer. Anfangs surfte sie nur am Morgen, doch nachdem der Virus sie erst einmal angesteckt hatte, verbrachte sie auch ihre Nächte vor dem Bildschirm. Das ging so weit, dass sie unsere Treffen verpasste oder mit roten Augen und abwesendem Blick zu uns kam. Nachdem die Schneiderin uns verlassen hatte, fragten wir Farah nach Neuigkeiten von ihren virtuellen Bekanntschaften.
»Zurzeit unterhalte ich mich mit einem Jean.«
»Auch noch mit einem Ungläubigen! Und in welcher Sprache bitteschön?«, rief Salma.
»In der Sprache der Liebe.«
»Soll heißen …?«
»Die daraus besteht, zu sagen: Ich liebe dich. Egal in welchem Alphabet.«
»Mal im Ernst, du wirst diesen Khawaga doch nie zu Gesicht bekommen. Vielleicht gibt es ihn gar nicht. Du solltest wissen, dass ein Mann mit ausländischem Namen niemals der ist, für den er sich ausgibt.«
»Salma hat Recht«, schaltete sich Soha ein. »Dieser Jean ist wahrscheinlich ein Nazarener. Ich möchte ja, dass du träumen kannst, aber bitte verlier die Realität nicht völlig aus den Augen, sonst wirst du nur enttäuscht.«
»Und was sagt dir dieser Jean?«, wollte Joumana wissen.
»Er gebraucht Worte, die ihr niemals aus dem Mund eurer Waschlappen von Ehemännern hören werdet.«
»Ich hoffe, dass du deinem Jean nicht erzählt hast, dass du selbst schon verheiratet warst?!«
»Und ob, das ist ihm völlig egal. Er findet, dass eine Frau, die liebt, es jedes Mal tut, als wäre es zum ersten Mal.«
»Und ein Mann, der liebt?«
»Das habe ich ihn nicht gefragt.«
Farah hob den Blick und es war klar, dass sie nun in anderen Sphären weilte. Ihr verklärtes Lächeln war ebenso verräterisch wie ihre Augen. Die lustige Witwe beehrte uns mit ihrer Abwesenheit, wie immer, wenn sie sich mal wieder in ein neues Abenteuer stürzte. Und so brachte uns das Internet um ihre Gesellschaft. Aber wir waren auch fasziniert. Farahs Geistesabwesenheit, ihre virtuellen Reisen und ihr beharrliches Schweigen umgaben sie mit einer geheimnisvollen Aura, die sich an ihrer Körperhaltung ablesen lies: Sie gab sich sehnsuchtsvoll, in ihren Pupillen loderte etwas, ihre Gesten verlangsamten sich. Joumanas Blick wanderte ebenso langsam über die Freundin, und ich war mir sicher, dass sie sie begehrte, ohne es zu wissen.
Soha schien ebenfalls in Gedanken versunken. Als wir auf die Liebeserklärungen zu sprechen kamen, die ein jeder Mann seiner Frau eigentlich machen sollte, verdunkelte sich ihre Miene. Farah verschlimmerte dies noch, indem sie mit einem Zwinkern behauptete, dies gelte nicht nur für Worte, sondern auch für Taten. Die mexikanischen Fernsehserien hatten Soha bereits aufgeklärt, sie wusste, was sie verpasste. Joumana witzelte ständig:
»Gebt diesen Frauen die Freiheit zu lieben und sie verwandeln sich in heillose Romantikerinnen! In Wirklichkeit lieben sie nur die Worte. Wenn sie dem tatsächlich mal den Sex hinzufügen, dann höchstens aus Verdruss oder um die männlichen Moralvorstellungen zu verletzen, jedenfalls nicht aus wahrer Liebe.«
Wir waren daher nicht überrascht, als Soha erzählte, sie habe sich mit ihrem Mann gestritten. Sie hatte ihm mangelndes Interesse ihr gegenüber vorgeworfen und beklagt, dass er sich ihres Körpers wie einer Maschine bediente. Kein liebendes Wort, keine Zärtlichkeit, kein Kuss auf den Hals, kein gar nichts.
»Er schläft mit mir ohne ein Wort, er lockt mich nicht, er schmeichelt mir nicht«, wetterte sie. »Ich will jetzt Liebesschwüre, und zwar aus vollen Töpfen!« Dann fügte sie resigniert hinzu: »Ich glaube, ich werde ihn verlassen und zu meinen Eltern zurückkehren.«
Salma verschluckte sich an ihrem Tortenstück und bekam einen Hustenanfall.
»Denk nicht einmal daran und vertreib den Teufel aus eurem Haus!«, beschwor Farah sie.
»Mein Mann liebt mich nicht.«
»Woher willst du das wissen?«
»Man braucht sich nur Rodrigo den Mexikaner ansehen, dann weiß man, wie ein Mann richtig liebt.«
»Vergiss deine Vorabendserien, die sind doch reine Fiktion. Dein Ehemann überhäuft dich mit Geschenken, er kümmert sich um dich und eure Kinder …«, sagte Salma.
»Da pfeife ich drauf, ich will keine Geschenke, ich will Liebe.«
»Meine Liebe, wenn alle Frauen im Königreich so behandelt werden wollten wie die Hauptdarstellerinnen
in einer Telenovela, wenn
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