Liebe auf den ersten Biss
soll. Ich weiß nicht, was ich als Nächstes tun soll. Und so wird es bis in alle Ewigkeit bleiben. Bis in alle Ewigkeit! Ich werde bis in alle Ewigkeit Angst haben! Diesem bis in alle Ewigkeit bin ich einfach nicht gewachsen.«
Er hatte sie angeblafft, doch sie widerstand dem Drang, zurückzuschnauzen. Er war neunzehn Jahre alt, nicht hundertfünfzig. Er hatte keine Ahnung, wie man erwachsen war, ganz zu schweigen von unsterblich. »Ich weiß«, sagte sie. »Morgen Abend mieten wir als Erstes ein Auto, holen Elijah ab und besorgen uns auf dem Rückweg einen Tannenbaum. Wie findest du das?«
»Ein Auto mieten? Klingt abgefahren.«
»Es wird bestimmt wunder-, wunderschön.« Trug sie zu dick auf?
»Das musst du nicht tun«, sagte er. »Tut mir leid, dass ich mich wie ein Würstchen benehme.«
»Aber du bist mein Würstchen«, sagte Jody. »Bring mich ins Bett.«
Er hielt sie noch bei der Hand, als er aufstand, dann zog er sie hoch und schloss sie in die Arme. »Wir schaffen das, oder?«
Sie nickte und küsste ihn, fühlte sich für einen kurzen Augenblick wie ein verliebtes Mädchen, nicht wie ein Raubtier. Doch sofort kehrten die Schuldgefühle zurück, weil sie sich an Abby gütlich getan hatte.
Es klingelte an der Tür.
»Wusstest du, dass wir eine Klingel haben?«
»Bis jetzt nicht.«
»Es geht doch nichts über eine tote Hure am Morgen«, sagte Nick Cavuto gut gelaunt, denn offenbar steht alle Welt auf tote Huren, egal, was gewisse Schreiberlinge denken mögen. Sie standen in einer kleinen Gasse an der Mission Street.
Dorothy Chin – klein, hübsch und blitzgescheit – schnaubte ein Lachen hervor und warf einen Blick auf die Temperatursonde, die sie in die Leber der Verblichenen gestochen hatte wie ein Bratenthermometer. »Jungs, die ist noch keine vier Stunden tot.«
Rivera rieb seine Schläfen und spürte förmlich, wie sein Buchladen den Bach runterging, zusammen mit seiner Ehe. Er ahnte schon eine Weile, dass seine Ehe am Ende war, aber das mit dem Buchladen brach ihm fast das Herz. Er vermutete, dass er es bereits wusste, fragte aber trotzdem. »Todesursache?«
»Bissiger Blowjob«, sagte Cavuto.
»Ja, Alphonse«, sagte Dorothy etwas zu aufrichtig. »Da muss ich Detective Cavuto recht geben. Sie ist an einem bissigen Blowjob gestorben.«
»Manche Typen werden schnell mal sauer«, fügte Cavuto hinzu. »Wenn 'ne Nutte es nicht drauf hat.«
»Der Mann hat ihr den Hals umgedreht und sein Geld wieder mitgenommen«, sagte Dorothy mit breitem Grinsen.
»Also Genickbruch?«, sagte Rivera und nahm im Stillen Abschied von Raymond-Chandler-Erstausgaben, Arbeitszeiten von zehn bis sechs, Golfspielen am Montag.
Diesmal schnaubte Cavuto. »Ihr Kopf guckt in die falsche Richtung, Rivera. Was glaubst du wohl, woher das kommt?«
»Im Ernst«, sagte Dorothy Chin. »Ich muss die Autopsie durchführen, um sicher sein zu können, aber auf den ersten Blick ist das die naheliegendste Ursache. Außerdem würde ich sagen: Sie kann froh sein. Sie ist HIV-positiv, und wie es aussieht, hat sich daraus bereits eine ausgewachsene AIDS-Erkrankung entwickelt.«
»Woher wissen Sie das?«
»Sehen Sie sich die Sarkome an ihren Füßen an.«
Chin hatte der Nutte einen Schuh ausgezogen. Sie deutete auf die offenen Stellen am Fuß und am Knöchel der Toten.
Rivera seufzte. Er wollte nicht fragen, fragte aber trotzdem: »Hat sie Blut verloren?«
Dorothy Chin hatte schon Autopsien an zwei ähnlichen Opfern durchgeführt und wand sich ein wenig. Es war eine Methode zu erkennen. Sie alle waren unheilbar krank gewesen, bei allen war die Todesursache Genickbruch, und alle zeigten Anzeichen von extremem Blutverlust ohne äußere Verletzungen – nicht einmal Einstiche.
»Kann ich so nicht sagen.«
Cavuto war seine gute Laune abhanden gekommen. »Also werden wir das Weihnachtsfest damit verbringen, beim Pöbel die Klinken zu putzen, um rauszufinden, ob irgendwer was gesehen hat?«
Am Ende der kleinen Straße unterhielten sich die Uniformierten immer noch mit dem Obdachlosen, der den Mord gemeldet hatte. Der Mann versuchte, sie dazu zu bewegen, ihm eine Flasche Whisky zu spendieren, weil Weihnachten war. Rivera wollte zwar nicht nach Hause, aber er wollte auch nicht den Tag damit verbringen, etwas herauszufinden, was er längst wusste. Er sah auf seine Uhr.
»Wann ist heute früh die Sonne aufgegangen?«, fragte er.
»Oh, warte«, sagte Cavuto und klopfte seine Taschen ab. »Ich seh in meinem Kalender nach.«
Dorothy
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