Liebe auf den ersten Klick
fahren.«
»Dann los.« Er beugt sich vor, um mich ein weiteres Mal zu küssen, aber ich weiche ihm aus.
»Ich muss mir von dir etwas zum Anziehen ausleihen.«
Arm in Arm schlendern wir die Uferpromenade von Brighton entlang. Das Wasser glitzert türkisfarben in der brütenden Hitze. Ab und zu rafft es sich auf, um platschend gegen das Ufer zu schlagen, sodass die Kieselsteine umherfliegen und die Kinder vor Schreck und Vergnügen quietschen. Ich trage Max’ Jeans, ein T-Shirt und meine hohen Sandalen dazu und komme mir ein bisschen blöd vor, als wir an ein paar Bikinischönheiten auf Rollerblades vorbeikommen. Mir fällt auf, dass er noch nicht einmal in ihre Richtung sieht. Leider kamen Shorts für mich nicht in Frage, weil wir mit dem Motorrad hergekommen sind.
»Ich will alles, was irgendwie mit Meer zu tun hat«, erkläre ich.
»Auch Herz- und Miesmuscheln, die noch leben?« Er bleibt vor einem Muschelstand stehen.
»Nein, die Dinger erinnern mich immer an Vaginas.«
»Ich stehe voll drauf!« Er kauft sich einen Becher voll und spießt die triefnassen gelblich grauen Leiber mit einem Holzgäbelchen auf. »Mmm, schön fischig!«, neckt er mich und wedelt mit einem davon vor meiner Nase herum.
»Wir brauchen Fish & Chips in Zeitungspapier, Zuckerwatte und Eis. Und du musst bei der Tombola etwas für mich gewinnen.«
»Das ist also deine Definition von Meer?« Er lacht.
»Ja. Wieso, wie sieht denn deine aus?«
»Ein Liegestuhl am Strand, ein paar Bierchen … und ein Becher voll Genitalien.«
»Wir brauchen unbedingt noch eine Zuckerstange.«
»Und eine Postkarte mit einem perversen Spruch drauf.«
Stirnrunzelnd betrachte ich sein Profil, als er in seiner Motorradjacke neben mir hergeht und der Wind ihm das Haar zerzaust. »Was ist das nur mit dir?«, frage ich, worauf er lacht und den Arm um mich legt. Wir gehen zum Strand hinunter, mieten zwei Liegestühle und stellen sie in die Sonne. Max lässt sich in seinen fallen, streckt die Arme aus und reckt das Gesicht der Sonne entgegen, während ich meine Hosenbeine aufrolle und überlege, mein T-Shirt auszuziehen, allerdings bin ich nicht sicher, ob mein BH als Bikinioberteil durchgeht. Ich beobachte eine dicke Frau in einem rüschenbesetzten Badeanzug, die mit Beinen wie Steinsäulen über die Kieselsteine zum Wasser watschelt. Eine Handvoll Jungs rangeln vor den Augen eines hübschen Mädchens, das eine Spanierin sein könnte. Schließlich wende ich mich Max zu, bei dessen Anblick sich mein Herz zusammenzieht. Seine markante Nase und sein breiter, lächelnder Mund sind eine sexy Kombination, keine Frage, aber da ist noch etwas anderes: In seiner Gegenwart fühle ich mich völlig entspannt, zwischen uns gibt es keinerlei Verlegenheit. Ich streiche über die Kieselsteine und hebe einen davon auf.
»O Gott, der Stein sieht ja aus wie dein Kopf!«
Er schlägt die Augen auf und betrachtet ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Der sieht viel besser aus als ich. So gut, dass er sogar im Film mitspielen könnte.«
»Leider hat er nie den Ehrgeiz entwickelt, und jetzt ist er total hinüber.«
»Sehr witzig.« Er schließt die Augen wieder. Ich werfe mit Steinchen nach ihm, schaffe es aber nicht, ihn zu treffen.
Danach sehe ich zu, wie die Wellen ans Ufer schlagen, und lasse mich von ihrem Rhythmus einlullen. Nach einer Weile höre ich leises Schnarchen.
»Max! Los, geh Fish & Chips holen«, rufe ich.
Er streckt sich. »Willst du sie hier essen?«
Ich nicke und schirme mit der Hand meine Augen ab, während ich zusehe, wie er umständlich über die Mauer klettert und die Stufen zur Uferpromenade hinaufsteigt. Schließlich wende ich mich ab und blicke auf den in der Sonne glitzernden Horizont hinaus, schließe die Augen und stoße einen Seufzer aus. Mir ist klar, dass ich mich irgendwann mit der Realität auseinandersetzen muss, aber nicht heute. Ich denke an Rob. Es ist, als würde man die Zunge in die Lücke eines frisch gezogenen Zahns stecken. Es tut zwar weh, und man spürt, dass etwas fehlt, aber der Schmerz ist nicht länger unerträglich.
Am Schießstand ergattert Max einen knallorangefarbenen Orang-Utan mit Klettbändern an Händen und Füßen. Als ich mich weigere, ihn auf den Arm zu nehmen und durch die Gegend zu schleppen, schlingt er ihn sich um die Hüfte, wo er wie ein dümmlich grinsendes Baby an ihm hängt. Max tauft ihn Maurice und kauft ihm einen Doughnut. Wir setzen uns in ein Café am Ende der Uferpromenade, trinken kaltes Bier und
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