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Liebe auf den letzten Blick

Liebe auf den letzten Blick

Titel: Liebe auf den letzten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Beck
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und die WG wird in letzter Sekunde gerettet. Eilig erhebe ich mich, um nachzusehen, welche Katastrophe sie so brüllen lässt.
    Doch unsere Fachfrau für Esoterik scheint nicht schuld an Irmas Panik zu sein. Ich treffe Amelie im Flur, in einem schwarzen Spitzen-Body, der sichtlich zu eng ist. In der Hand hält sie eine Tüte Gummibärchen, eines liegt auf dem Fußboden.
    »Ist dir wohl vor Schreck runtergefallen«, sage ich und deute darauf.
    Sie geht in die Hocke, sammelt das Bärchen auf und steckt es in den Mund. »Nein, das ist meine neue Bärchendiät«, erklärt sie kauend und wirft das nächste zu Boden. »Auf diese Weise setzen sie weniger an.«
    »Kleiner Tipp«, entgegne ich kopfschüttelnd. »
Nicht
essen setzt überhaupt nicht an.«
    Sie ignoriert meinen Kommentar, bückt sich nach dem Bärchen und mustert dann mein Kleid. »Du bist ja fertig angezogen«, bemerkt sie treffend. »Müssen wir schon los?«
    »Erst mal will ich nachsehen, warum Irma so rumbrüllt«, antworte ich. »Weißt du vielleicht, warum?«
    »Woher denn … Ich war den ganzen Nachmittag bei Gustl.«
    »Na, so was«, erwidere ich. »Würfelspielchen?«
    Kichernd lässt sie abermals ein Gummibärchen fallen und bückt sich danach. »So ähnlich!«
    Deutlicher hätte sie mir ihr Techtelmechtel mit Gustl nichtunter die Nase reiben können. Das wäre allerdings unnötig gewesen, denn seit dem Badezimmervorfall vergnügen sich die beiden jede Nacht, und zwar ziemlich lautstark.
    Die Tür zu Irmas Zimmer steht offen. Die Umzugskisten aus dem Flur sind immer noch nicht ausgepackt. Amelies Vorhersage, dass Irmas Nichtauspacken etwas zu bedeuten hätte, ist tatsächlich eingetroffen. Die Kisten werden inzwischen als Klamottenablage benutzt. Wie das restliche Zimmer. Mitten im Chaos steht Irma im gelben Jogginganzug.
    Als sie Amelie und mich sieht, stöhnt sie verzweifelt auf: »Ich hab nichts anzuziehen!«
    Kopfschüttelnd deute ich auf die unzähligen Kleider, die an den offenen Schranktüren hängen. »Ach, und das sind wohl Kartoffelsäcke? Außerdem war Otto doch ganz groß mit dir shoppen, oder nicht?«
    »Ja, aber Amelie hat gependelt … Und keines der neuen Kleider bringt Glück«, jammert sie.
    »Du hast was?«, frage ich die Esoterikerin.
    »Ich wollte nur helfen«, antwortet sie augenzwinkernd.
    »Helfen?«, wiederhole ich irritiert.
    Ungerührt hält Amelie mir die Gummibärchen hin. »Nimm eins, die machen glücklich.«
    Mir platzt der Kragen. »Danke, verzichte auf Zwangsbeglückung!«
    »Amelie!«, ertönt Gustls Stimme aus seinem Zimmer.
    »Tut mir leid, ich muss mich in meinen Fummel werfen«, verkündet sie und rauscht ab.
    »Du glaubst diesen Quatsch doch nicht wirklich?«, wende ich mich an Irma, die sich stöhnend aufs Bett fallen lässt.
    Ächzend hebt sie den Kopf und schaut mich ratlos an. »Nee, eigentlich nicht. Aber was ist, wenn ihr Pendel doch recht hat? Ich will einfach nichts falsch machen.«
    »Blödsinn!«, entgegne ich und verlange ihr Handy.
    »Wozu?«
    »Frag nicht, gib es mir einfach.«
    Irma wühlt zwischen den teuren Kleidern auf dem Bett und findet dann endlich ihr weißes iPhone.
    Ich blättere im Verzeichnis nach Ottos Nummer und drücke auf »wählen«.
    Nach drei Klingelzeichen meldet sich eine Stimme, verkündet: »Sie sprechen mit der Mailbox von Otto Goldbach«, und fordert mich auf, eine Nachricht zu hinterlassen.
    Geistesgegenwärtig drücke ich die Austaste, plappere aber munter weiter. »Hallo Otto, hier ist Mathilde. Irma braucht dringend deine Hilfe. Sie ist unschlüssig, was sie anziehen soll. In welchem der neuen Kleider hat sie dir am besten gefallen?« Ich mache eine Pause, in der ich nur zustimmend »Hmm, ja, okay« murmle und mich dann verabschiede: »Bis später, Otto.«
    Irma blickt mich gespannt an. »Was hat er gesagt?«
    »Das beerenfarbene«, antworte ich, ohne rot zu werden. »Otto meinte, das sei toll zu deinen roten Haaren … Ach ja, er schickt dir ein dickes Küsschen.«
    »Danke, Mathilde.« Irma seufzt erleichtert auf. »Du bist eine echte Freundin.«
    Ich unterdrücke ein Lachen. »Schon gut«, wehre ich ab. »Damit ruht die Verantwortung auf Ottos breiten Schultern. Und nun komm in die Puschen, das Taxi muss jeden Moment anrollen.«
    Kaum habe ich es ausgesprochen, schrillt die Türglocke.
    »Na, bitte!« Ich treibe Irma mit einer Handbewegung zur Eile an und gehe öffnen.
    Ein dicklicher junger Mann in einer goldgeknöpften Uniform, die Mütze unter dem Arm, steht vor der

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