Liebe auf den letzten Blick
ich ihn veräppeln und er würde darauf einsteigen. »Und natürlich darauf, wie die
Bedingungen
aussehen.«
»Keine Bedingungen!«
»Jetzt wird’s spannend.« Interessiert beugt sich Moritz über den Tisch. »Erzählen Sie. Wer ist die Frau, wo ist die Bude und vor allem, wie teuer ist dieser Glückstreffer?«
Auch Fred hebt gespannt die Brauen.
»Also, die alte Frau bin ich«, antworte ich. In wenigen Sätzen schildere ich dann die Situation unserer WG. »Fred, du kennst zwar nicht das Zimmer, aber die Wohnung, mit je einem Badezimmer für Damen und einem für Herren«, füge ich zum Schluss noch an.
Fred nickt begeistert. »Die Wohnung ist super, Moritz, und noch dazu in meiner Nähe. Das wäre ideal.« Er blickt mir tief in die Augen. »Aber
du
bist nun wirklich keine alte Frau, Mathilde, sondern die attraktivste Frührentnerin der Stadt – wenn nicht sogar des gesamten Freistaats.«
Vor Verlegenheit laufe ich natürlich wieder rot an, was ich zu überspielen versuche, indem ich hastig mein Wasser austrinke.
»Genau!«, bestätigt Moritz. »Das hört sich echt klasse an. Wenn die Miete stimmt, stehe ich morgen mit meinen Sachen vor der Tür.«
Die Aussicht, in dem sympathischen Moritz einen neuen Mitbewohner gefunden zu haben, lässt mich aufatmen. Doch als ich ihm die Miete nenne, verschwinden die Lachgrübchen aus seinem Gesicht.
»Oh!« Er blickt mich bedauernd an. »Das übersteigt leider mein Budget.«
Ich bringe ein leises »Schade« zustande und schlucke meine Enttäuschung runter.
Wäre auch zu schön gewesen.
11
Samstagvormittag plätschere ich in einem verboten teuren Schaumbad von Coco Chanel, das ich mir als Trostpflaster gegönnt habe. Wer weiß, wie lange ich mir dergleichen Luxus noch leisten kann. Wenn nicht bald ein neuer Mitbewohner auftaucht, reicht’s demnächst nur noch für Kernseife.
Ich lehne mich genüsslich zurück und atme den zitronenfrischen Duft ein, als es an der Tür klopft.
»Mathilde! Ich bin’s, Amelie. Ein Mann für dich, am Telefon! Er sagt, er müsse dich dringend sprechen.«
»Scherzkeks, mich rufen keine Männer an. Aber komm rein«, fordere ich sie auf, in der Annahme, dass sie wieder Unsinn ausgebrütet hat und den »Mann am Telefon« nur als Vorwand benutzt.
Die Tür geht auf und Amelie, in unvorteilhaft engen Leggings mit einem Herrenhemd von Gustl, betritt das Bad. Sie hat tatsächlich das schnurlose Telefon in der Hand, dessen Mikro sie mit der Hand abdeckt. »Die Stimme klingt ziemlich jung«, zischt sie mir aufgeregt zu. »Hast du etwa einen neuen Lover?«
»Natürlich! Hab mir im Internet einen Callboy bestellt. Und wie du siehst, mache ich mich gerade schön für ihn. Was soll man als Frührentnerin auch sonst mit den elend langen Tagen anfangen?«, antworte ich genervt und wedle mit der Hand, als Zeichen, mir schleunigst den Apparat zu reichen.
Augenzwinkernd übergibt sie mir den Apparat und lässt mich allein.
»Opitz«, melde ich mich.
»Hier ist Moritz Keller. Erinnern Sie sich an mich?«
»Aber … Ja … Sie sind Freds Sohn«, antworte ich überrascht. Mit seinem Anruf habe ich nun wirklich nicht gerechnet.
»Ganz genau. Und Sie wissen sicher noch, dass ich ein Zimmer suche und Sie einen Mieter. Also, es ist so«, beginnt er zögerlich. »Ich habe noch einmal alles durchgerechnet … und mit ein paar kleinen Einschränkungen könnte ich … die Miete aufbringen … Wenn das Zimmer noch nicht vermietet ist, würde ich es mir gern anschauen.«
»Was für eine wundervolle Nachricht!«, platze ich heraus. »Ich meine, ja, das Zimmer ist noch frei. Wann haben Sie denn Zeit, es zu besichtigen?«
»Im Prinzip den ganzen Tag«, antwortet Moritz. »Ich richte mich ganz nach Ihnen.«
Offensichtlich ist Moritz kein Zauderer, und das gefällt mir. Wir vereinbaren eine Zeit und verabschieden uns. Nachdem ich die Auflegetaste gedrückt habe, springe ich aus der Wanne. Der Tag fängt gut an.
Eilig trockne ich mich ab, creme mich sorgfältig ein und schlüpfe in frische Wäsche. Als ich überlege, ob ich in Jeans und Bluse eine respektable Mitbewohnerin abgebe, verfalle ich auf die absurde Idee, Fred könnte Moritz begleiten, was natürlich kompletter Unsinn ist. Doch es kann nicht schaden, vorbereitet zu sein. Zu dumm, dass ich nur die eine rote Strickjacke besitze. Ich muss mir unbedingt neue Klamotten in Signalfarben anschaffen. Für heute bleibt mir nur die vorhandene Auswahl, was bedeutet: Schwarz-Weiß so weit das Auge reicht. Ich
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