Liebe auf den zweiten Blick (German Edition)
Törtchen, und das jede Nacht bis an ihr Lebensende …?
Sie durfte sich nicht verrückt machen, entschied Clarissa spontan. Lady Havard und Lady Achard wären bestimmt nicht so versessen auf eine Affäre mit Lord Prudhomme gewesen, wenn es ihnen keinen Spaß machen würde. Vielleicht war es bloß der Teil mit dem komischen Knüppel, der wehtat. Sie hatte ja bereits am eigenen Leibe erfahren, dass es gewisse Dinge gab, die ein Mann und eine Frau taten und die recht angenehm waren. Demnach schien es logisch, dass nur das, was nachher kam, also der Schlüssel-ins-Schloss-Teil, unangenehm und schmerzhaft war.
Ein Hauch von Bestürzung mischte sich in Clarissas Züge. Sie fand es schade, dass ein solches Vergnügen so unangenehm enden musste, konnte es sich aber andererseits nicht vorstellen, dass das Vergnügen die Schmerzen aufwog. Trotzdem machten Lady Havard und Lady Achard den Eindruck, dass sie den Akt genossen. Lady Havard hatte in jener Nacht gestöhnt und geseufzt, und das bestimmt nicht vor Schmerzen. Zumal Clarissa mittlerweile aus eigener Erfahrung wusste, was Prudhomme unter den Röcken der Dame getrieben hatte …
Hatte sie selber auch gestöhnt und geseufzt, als Adrian sie da unten verwöhnt hatte? Sie konnte sich nicht mehr erinnern, im Übrigen war sie durch das Feuer und die himmlische Ekstase, die Adrian ihr beschert hatte, ziemlich abgelenkt gewesen. Sie nahm sich insgeheim vor, das nächste Mal besser aufzupassen. Ach du Schreck! – sie verdrehte die Augen. Das nächste Mal würde bestimmt nicht angenehm werden.
Bei dem Gedanken schoss ihr Blick ungeduldig zu dem dunklen Rechteck in der Wand, wo sie die Verbindungstür zu Adrians Zimmer vermutete. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen, und Clarissa war erschöpft und wollte schlafen. Wo blieb eigentlich ihr Göttergatte? Konnte der Törtchenaufspießer nicht wenigstens ein bisschen Verständnis zeigen und ihr Pastetchen schnell vernaschen, damit sie endlich ihre Ruhe hatte?
Donner und Doria, selten so eine gute Idee gehabt! Sie beschloss, es so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Kurz entschlossen rutschte sie an den Bettrand, warf Laken und Decken beiseite und schwang die Füße aus dem Bett.
Sie nahm die Kerze vom Nachttisch und tappte vorsichtig zu der Wand, wo sie die Verbindungstür vermutete. Mist, dass sie ihre Brille nicht aufsetzen durfte! Das hätte die Geschichte erheblich vereinfacht. Sie konnte bloß hoffen, dass ihr Ehemann sich in Nullkommanichts in sie verliebte, denn dann wäre das Brilletragen bestimmt kein Thema mehr. Wenn er merkte, wie bereitwillig sie sich für ihn und diese Knüppel-und-Pastete-Aktion aufopferte, war das sicherlich schon die halbe Miete. Es war ihr ein Rätsel, was andere Frauen dabei empfanden, sie fand jedenfalls, dass dieses Rumgebohre nicht zu den angenehmen Seiten ihrer Ehe gehörte.
Sie blies sich eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht, streckte eine Hand aus, vorsichtshalber, um nicht vor die Wand zu laufen, und war erleichtert, als ihre Finger die Tapete ertasteten. Sie tastete sich weiter, fand die Tür. Dort blieb sie kurz stehen, atmete tief durch und nahm ihren ganzen Mut zusammen. Es ist wirklich das Beste, wenn du diesen ekelhaften Akt schnell hinter dich bringst, redete sie sich zu. Es dauerte sicher nicht lange, oder? Sie würde die kleine Unannehmlichkeit über sich ergehen lassen, und dann könnte sie entspannen und schlafen. Sie zauberte ein strahlendes Lächeln auf ihr Gesicht, fand die Türklinke und drückte sie herunter.
***
Adrian rollte sich von einer Seite des breiten Bettes auf die andere und seufzte bekümmert. Nachdem Keighley, sein persönlicher Diener, ihm beim Entkleiden und Baden geholfen hatte, hatte er den Mann weggeschickt. Seitdem grübelte er unablässig. Sein erster Instinkt war, direkt zu Clarissa zu gehen und die Ehe zu vollziehen … und dieser Gedanke war verlockend.
Gleichwohl hatte er den Eindruck, dass mit Clarissa irgendetwas nicht stimmte. Gestern war sie noch überglücklich gewesen über ihre bevorstehende Hochzeit, aber heute, in der Kirche, hatte er gemerkt, dass seine bezaubernde junge Braut gar nicht richtig bei der Sache war. Während der Trauungszeremonie schien sie ihm abwesend und bedrückt, und nachher, auf ihrem Hochzeitsball, war sie unnatürlich still und angespannt gewesen. Sobald er an ihre Seite trat, war sie einen halben Schritt von ihm abgerückt. Als könnte sie seine Nähe nicht ertragen. Zudem hatte sie sich
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