Liebe auf den zweiten Klick
jemandem. Es war immer rührseliges Zeug, das mindestens zehn oder fünfzehn Jahre alt war und von Air Supply, Elton John oder Bread gesungen wurde. Sam machte sich gerne über ihre Live-Widmungen lustig, aber sie suchte nur selten nach einem anderen Sender.
Sie sangen zusammen oder redeten. Beim Autofahren fiel es ihm leicht, zu reden, vielleicht, weil er keinen Blickkontakt herstellen musste, oder vielleicht, weil seine Hände etwas zu tun hatten. Weil es dunkel und die SchnellstraÃe leer war. Wegen der Liebeslieder. Und weil der Wind ihnen um die Nase wehte.
»Lincoln«, hatte Sam an einem dieser Abende noch vor ihrem Abschlussjahr gefragt, »glaubst du, dass wir irgendwann mal heiraten?«
»Das hoffe ich«, flüsterte Lincoln. Normalerweise dachte er nicht in solchen Kategorien an ihre Beziehung, »verheiratet«. Er dachte darüber nach, dass er niemals ohne sie sein wollte. Und wie glücklich sie ihn machte und dass er für den Rest seines Lebens so glücklich sein wollte. Wenn eine Hochzeit ihm das garantieren konnte, dann wollte er auf jeden Fall heiraten.
»Wäre es nicht romantisch«, sinnierte sie, »deine Jugendfreundin zu heiraten? Wenn die Leute uns fragen, wie wir uns kennengelernt haben, dann werden wir sagen: âºDas war in der Highschool. Ich hab ihn gesehen und wusste es einfach.â¹ Und dann werden sie fragen: âºUnd habt ihr nie darüber nachgedacht, wie es wäre, mit jemand anderem zusammen zu sein?â¹ Und du wirst sagen ⦠ja, was wirst du sagen, Lincoln?«
»Ich werde Nein sagen.«
»Das ist nicht sonderlich romantisch.«
»Das geht die doch nichts an.«
»Dann erzähl es mir «, bat sie, löste den Anschnallgurt und legte den Arm um seine Hüfte. »Na, sag schon, wirst du dich jemals fragen, wie es gewesen wäre, mit jemand anderem zusammen zu sein?«
»Jetzt schnall dich erst mal wieder an«, mahnte er. »Ich würde mich das nicht fragen, weil ich ja schon weiÃ, wie es wäre, mit jemand anderem zusammen zu sein.«
»Wie kannst du das wissen?«
»Ich weià es eben einfach.«
»Und wie wäre das?«
»Es wäre weniger dran.«
»Wie, weniger?«
Nur für eine Sekunde sah er zu ihr hinüber, wie sie seitlich in ihrem Schalensitz hockte, und umfasste das Steuer noch fester. »Das muss einfach so sein. Wenn ich dich doch schon so sehr liebe. Wenn ich doch bei dir schon das Gefühl habe, dass in meiner Brust alles explodiert, sobald ich dich sehe. Es wäre völlig unmöglich, jemanden noch mehr zu lieben, das würde mich umbringen. Und ich könnte auch niemanden weniger lieben, denn das würde sich ja immer nach weniger anfühlen. Selbst wenn ich irgendein anderes Mädchen lieben würde, dann würde ich immer nur daran denken können, wie anders es ist, dich zu lieben und es zu lieben.«
Sam stemmte sich in ihrem Schalensitz hoch und lehnte den Kopf an seine Schulter. »Das ist so eine gute Antwort.«
»Das ist eine wahre Antwort.«
»Und was« â jetzt klang ihre Stimme mädchenhaft â, »wenn irgendwann mal jemand wissen wollte, ob du dich je fragst, wie es wäre, mit jemand anderem zusammen zu sein.«
»Wer sollte mich denn so was fragen?«
»Das ganze Szenario ist doch völlig hypothetisch.«
»Ich weià noch nicht mal, wie es ist, mit dir zusammen zu sein«, erwiderte Lincoln ruhig und ohne jeden Vorwurf.
»Noch nicht.«
»Noch nicht«, bestätigte er, konzentrierte sich auf die StraÃe und das Gaspedal und aufs Atmen.
»Also ⦠würdest du keine anderen Mädchen anschauen und dich fragen, was dir da entgeht?«
»Nein«, sagte er.
»Nein?«
»Ich weiÃ, dass du keine einsilbigen Antworten willst. Lass mich mal einen Moment darüber nachdenken, ich will nicht bescheuert oder verzweifelt klingen.«
»Bist du denn verzweifelt?« Sie küsste ihn auf den Nacken und presste ihren Körper gegen seinen.
»Ich fühle mich ⦠ja. Verzweifelt. Und als würde ich uns beide gleich umbringen. Ich kann nicht ⦠ich kann die Augen nicht offen halten, wenn du das machst, das ist wie beim Niesen. Da hinten kommt gleich die nächste Ausfahrt. Lass mich in Ruhe fahren, nur noch ein paar Minuten. Bitte.«
Sie lieà sich wieder in ihren Sitz sinken. »Nein, nimm die Abfahrt nicht. Fahr
Weitere Kostenlose Bücher