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Liebe auf den zweiten Kuss

Liebe auf den zweiten Kuss

Titel: Liebe auf den zweiten Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Crusie
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Stündchen geschlagen. »Es tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat.« Nell hielt noch immer den Hundekuchen in der Hand. »Mein Chef ist aufgetaucht. Er sah verdammt gut aus, muss ich zugeben. Und ich in meinem alten Pyjama. Er hat mich damit aufgezogen. Vielleicht sollte ich mir ein paar neue Schlafanzüge kaufen. Irgendwie flottere.«
    Aus Marlenes halbgeschlossenen Lidern sprach eher Verachtung als Todesnähe.
    »Du hast Recht«, sagte Nell. »Wie hoch stehen schließlich die Chancen, dass er so spät am Abend noch einmal vorbeischneien wird?« Sie streckte sich noch weiter vor, um dem Hund seinen Leckerbissen zu geben. Marlene wandte den Kopf ab.
    »Nimm ihn oder lass es bleiben.« Vorsichtig nahm Marlene den Keks entgegen, legte sich auf den Rücken und starrte traurig ins Leere.
    »Nun kau schon«, befahl Nell ihr. Marlene gab auf, rollte sich wieder herum und schlang den Hundekuchen hinunter. Dann seufzte sie und kuschelte sich tiefer in die Chenilledecke. Nell rutschte zur Seite und klopfte auf die Matratze neben sich. »Komm her, Liebling.«
    Marlene reckte ihre lange Schnauze in die Luft, dachte kurz nach und legte sich wieder hin.
    »Herzlichen Dank auch«, sagte Nell und zog die Chenilledecke näher zu sich her. Marlene seufzte, stand schwankend auf, schleppte ihren langen Körper zu Nell und der Decke und ließ sich auf das Chenille gegen Nells Bauch fallen. »Na also«, sagte Nell und streichelte sie hinter den Ohren, während sie sich an sie kuschelte. »Ist das nicht viel besser?«
    Marlene gähnte, klimperte aber nicht mit den Wimpern, was Nell als Zustimmung interpretierte.
    »Wir sind stolze, unabhängige Frauen, Marlene«, sagte Nell und versuchte, nicht an Gabe zu denken, wie er gefährlich im Dunkeln gestanden hatte. »Wir brauchen keine Männer.« Marlene sah sie mit deutlicher Geringschätzung an, vergrub dann ihre Schnauze in der Chenilledecke und schlief ein.

9
    »Danke«, sagte Gabe, als Nell ihm am nächsten Morgen ein Päckchen in sein Büro brachte. Sie trug einen leuchtend blauen Pullover und einen kurzen, dunkelblauen Rock, das komplette Gegenteil der schmalen grauen Kostüme, die sie bisher getragen hatte. Und ebenso unähnlich dem hauchdünnen Flanellpyjama vom Abend zuvor. Er würde nie wieder unschuldigen Auges den Esel I-Ah ansehen können. Das neue Outfit stand ihr gut: Der blaue Pullover unterstrich ihr leuchtendes Haar, und der kurze Rock zeigte reichlich ihrer Beine, die schlichtweg hinreißend waren.
    »Gerade ist jemand vorbeigekommen und hat dies hier abgegeben«, sagte Nell. Gabe hielt inne und blickte von ihren Beinen hoch, um das Päckchen entgegenzunehmen.
    »Sagen Sie Riley, dass es geliefert wurde.« Gabe öffnete das Päckchen.
    »Was ist es?«
    »Der Polizeibericht über Helena Ogilvies Selbstmord.«
    »Oh«, sagte Nell und holte Riley.
    Eine Stunde später sah Gabe Riley an und sagte: »Die Sache ist nicht stichhaltig.«
    Riley hob die Augenbrauen. »Sie hat sich herausgeputzt. Margie telefonierte mit Trevor, als sie sich erschossen hat. Die Pistole befand sich bereits seit Jahren im Haus. Sie hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, Himmel noch mal.«
    Gabe schüttelte den Kopf. Zu gerne hätte er geglaubt, dass es ein Selbstmord war, aber er war sich unsicherer denn je. »Mir gefällt es nicht, dass Trevor zufällig am Telefon war, als sie den Abzug drückte. Ich mag Zufälle nicht, und dieser hier stinkt zum Himmel.«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Riley. »Margie sagte ihm, Helena benehme sich merkwürdig. Er wiederum wies Margie an, sie ins Krankenhaus zu bringen. Das klingt doch logisch.«
    »Er hat dort angerufen«, sagte Gabe. »Zum exakt richtigen Zeitpunkt.«
    »Vielleicht hat Helena die Unterhaltung mitgehört und wollte sich nicht in ein Krankenhaus einliefern lassen. Vielleicht dachte sie, da Margie gerade telefonierte, sie jemanden zur Seite hätte, wenn sie den Schuss hörte.«
    Gabe holte sich die Fotos von Rileys Schreibtischseite. Der Anblick fiel schwer. Nicht, weil sie besonders blutrünstig waren – es war kaum Blut zu sehen -, sondern weil Helena Ogilvie eine so armselige, kleine, pummelige Frau, in edle Seide gehüllt war, wie man sie an einer Blumenschau oder beim Bridgespiel erwartet und nicht tot in ihrer Garage, die diamantbeladenen Hände auf eingetrockneten Ölflecken. »Ich schätze, auch der Polizist, von dem dieser Bericht stammt, hatte seine Zweifel an Selbstmord«, meinte Gabe. »Schau dir die Fotos an. Sieh mal, wie viele

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