Liebe auf eigene Gefahr Roman
hereinkommt und Moms Mantel vom Sofa nimmt. »In zwanzig Minuten?«
»Und da bleiben mir immer noch neunzehn Minuten, um gemütlich zurück nach Hause zu schlendern.« Reflexartig beuge ich mich dem deutlich leichteren Druck meines Vaters. »Hast du Jake Sharpes Leben überhaupt schon mal gesehen?«
»Ich bin sicher, dass MSNBC um neun einen zweistündigen Beitrag darüber bringt.« Mom stolziert zum Fenster
hinüber, steckt den Kopf hinaus und atmet tief ein. Dann zieht sie den Kopf wieder zurück und schließt das Fenster. »Gefolgt von einem Fünf-Minuten-Beitrag über Kirgisien«, murmelt sie, während sie den Fensterriegel schließt.
»Ich gehe nach oben und ziehe mich um.« Auf dem Weg zur Treppe bücke ich mich nach meiner Umhängetasche und meiner Handtasche.
»Warum rennst du nicht so rüber, wie du bist, dann siehst du genauso gestört aus wie diese ganze Idee!«, brüllt sie mir nach.
»Vielen Dank«, erwidere ich lahm. »Ich weiß die Unterstützung zu schätzen und werde sie euch im Gegenzug gerne zukommen lassen, wenn ihr euch den Plan für die nächsten dreißig Jahre eures Lebens mithilfe einer Muschel in den Strand schreibt.«
Ich bleibe stehen und warte darauf, dass sie um die Ecke kommen und sich verteidigen, irgendein Argument vorbringen. Los doch! Aber stattdessen höre ich, wie der Fernseher wieder angeht und lauter wird, während in den Berichten immer höhere Opferzahlen des Militärcoups genannt werden.
VIERTES KAPITEL
SIEBTE KLASSE
Weil mir ganz schlecht ist vom Gestank der Kosmetikartikel, die ich in den letzten beiden Stunden versprüht, verspritzt und herausgepresst habe, um meine Haare mithilfe des Beauty-Arsenals von Michelle Walkers Mutter abwechselnd mit Brennschere und Lockenstab zu bearbeiten, halte ich mir meine spröden Strähnen unter die Nase. »Meine Haare fühlen sich an wie Stroh«, murmele ich in Lauras Richtung, die teilnahmslos die Fächer des aufklappbaren Profi-Make-up-Koffers ein- und ausfährt, um sich auf dieser schlaflosen Pyjamaparty die Zeit zu vertreiben.
»O Gott, wie viel Uhr ist es überhaupt?«, fragt sie und lässt eine Tube flüssigen Eyeliner auf den Resopalwaschtisch des Kellerbadezimmers fallen, das Mrs. Walker zum Beauty-Salon umfunktioniert hat. »Hier drin ist es so hell, dass es auch Mittag sein könnte.« Sie blinzelt gegen das grelle Licht der baseballförmigen Glühbirnen an, die den Spiegel säumen, als ob dies eine Hollywood-Garderobe wäre und sich Mrs. Walker nicht zwischen einer eingedellten Waschmaschine und einem angekohlten Bügelbrett zurechtmachen müsste.
Während sich Jennifer-zwei einen weiteren Farbton abwischt, lecke ich mir beim Anblick der Hautrötung, die sich um ihren Mund herum ausbreitet, reflexartig die Lippen. »Zwanzig vor drei.«
»Zwanzig vor drei Uhr morgens?«, fragt Laura. Eine Welle der Erschöpfung bricht über mich herein, Pizza, Popcorn, Cola und die Geburtstagstorte bilden in meinem Magen ein brodelndes Chaos.
»So ist es«, bestätigt sie nickend, wobei zwei Lockenwickler gegen ihr Gesicht schlagen.
»Der Film muss doch jetzt endlich zu Ende sein.« Ich knipse die diversen Heizgeräte wie Lockenstab oder Heißwickler aus, mit denen sich diejenigen amüsiert haben, die keine Lust hatten, den dritten Horrorfilm aus den Siebzigern zu schauen oder schon wieder Mr. Walkers Penthouse -Sammlung durchzublättern.
Plötzlich stößt Stephanie Brauer die Tür auf und hüpft mit zusammengepressten Knien in ihrem langen T-Shirt auf und ab. »Weg da, weg da, ich muss pinkeln!« Hinter ihr ist das Geräusch aufheulender Kettensägen zu vernehmen, bis sie die Tür zuzieht und an uns vorbei zu den saloonähnlichen Schwingtüren am Ende des Raums hüpft.
»Ist der Film bald fertig?«, fragt Laura müde und reibt sich die Cleopatra-Augen.
»Hoppla.« Ich zeige auf die schwarzen Streifen. »Keine gute Idee.«
Sie hebt matt die Zeigefinger und betrachtet ihre verschmierten Fingerspitzen. »Mist.«
»Iii, wie eklig«, stöhnt Stephanie. »Die Unterwäsche von Michelles Vater hängt hier drinnen. Echt ekelig«, wiederholt sie und zieht die Klospülung.
»Er ist ausgezogen und hat seine Unterwäsche hiergelassen?«, fragt Laura, als sich Stephanie zurück durch die Schwingtüren schiebt. »Das ist doch total seltsam. Findet ihr nicht, dass das seltsam ist?«
Während sich Stephanie in Richtung Spiegel zurückzieht, hält Laura eine der Türen auf, damit wir anderen drei uns in die Klokabine zwängen können. Und
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