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Liebe auf eigene Gefahr Roman

Liebe auf eigene Gefahr Roman

Titel: Liebe auf eigene Gefahr Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma McLaughlin
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draußen.
    »Ja, klar, danke. Geben deine Eltern eine Party?«
    »Was?« Er wirft einen Blick zurück auf die gut gefüllten Eisschrankfächer. »Nein«, sagt er verärgert.

    »Oh, ich dachte nur …«
    »Schon okay.« Er schnappt sich zwei Eisriegel und klappt die Tür zu, die beim Schließen ein zischendes Geräusch macht.
    »Äh, ich kann nicht wirklich gut singen«, sage ich, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. »Ich meine, ich singe ganz gerne in einer großen Gruppe, aber ich bin nicht wirklich eine Solistin oder so was.« Die Untertreibung des Jahrhunderts.
    »Ich weiß. Schon in Ordnung. Du hast schließlich dein ganzes Wissenschaftsding. Hier rum.« Keine Zeit, stehen zu bleiben und sacken zu lassen, dass er weiß, was mein »Ding« ist, oder Laura anzurufen oder eine Anzeige aufzugeben. Wieder einmal trotte ich ihm hinterher und sehe ihn in einer Tür auf halber Höhe eines Gangs verschwinden, der sich über die gesamte Länge des Hauses zieht. Wie ich feststelle, führt die Tür zu einer mit hellbraunem Teppich bezogenen Treppe.
    »Kommst du?« Er schaut zur Türschwelle hoch, wo ich noch immer stehe, sein Gesicht wird von einer schwachen Glühbirne beleuchtet. »Ich muss im Keller üben«, gesteht er und fügt nach einer Pause mit flehenden Augen hinzu: »Meine Mutter bekommt oft Kopfschmerzen.«
    »Das tut mir leid«, sage ich und stelle fest, dass diese Antwort ernst gemeint ist und nicht seinen Worten gilt, sondern seinem Gesicht, das mich darum bittet, ihn zu verstehen.
     
    Die Sergeant ragt über ihrem zierlichen schwarzen Notenständer auf und hat die Arme vor ihrem Polyesterkleid mit Rollkragen verschränkt, während sie darauf wartet, dass wir kläglich scheitern. Hinter ihr rutscht der gesamte Chor unruhig auf den Sitzen herum, betrachtet prüfend die Fingernägel, kritzelt Nachrichten an Sitznachbarn. Der gesamte Chor außer Laura, die auf ihren Schoß hinunterstarrt, die
Hände aus solidarischem Entsetzen zu Fäusten geballt. Als Todd anfängt, auf seiner Bassgitarre zu klimpern, und Mrs. Beazley die Eröffnungsakkorde herunterhämmert, wird »Nervosität« in meinem Darm ganz neu definiert. Zu meiner Linken definiert unterdessen Jake Entspanntheit neu, zieht die Hände aus den Jeanstaschen und trommelt leicht den Rhythmus aufs Klavier, als wäre das hier eine echte Aufführung und nicht die reinste Folter. Ob ich wohl aus der Sache herauskomme, wenn ich ins Koma falle? Kann ich nicht einfach jetzt sofort Chor abwählen? Oder sollte ich vielleicht anfangen zu tanzen, als wäre das die Aufgabe gewesen? Einfach loslegen und mit Schritten aus der West Side Story den ganzen Raum durchqueren? Mich richtig ins Zeug legen? Oder sollte ich mich einfach umdrehen und hinausgehen? Ich stelle mir gerade vor, wie mich die Sergeant über den Parkplatz verfolgt und an den Haaren durch die Gänge zurückschleift, als Jake plötzlich zu singen anfängt. Aufmunternd nickt er mit dem Kopf, und ich spüre, wie sich meine Lippen bewegen und Töne hervorquellen. Mir wird klar, dass Jake seinen Part gedämpft hat, damit man meinen auch hören kann. Ich stoße kräftigere Töne aus und nehme die Schultern herunter, wie er es mir beim Üben beigebracht hat. Je mehr ich singe, desto mehr singt er auch, und plötzlich haben wir die Hälfte hinter uns. Prickelnd durchfährt mich die Erleichterung, und ich sehe, dass Jakes Augen- und Mundwinkel zu einem Lächeln verzogen sind, während er mich weiterführt, mich hochhebt, mir mit seiner Stimme hilft, diese Geschichte zu überleben.

ELFTES KAPITEL
    22. Dezember 2005
    Ich lasse die Windfangtür hinter mir zufallen und springe die tief verschneiten Ziegelstufen in die belebende Luft hinunter. Als ich den Kragen meiner Seemannsjacke aus der elften Klasse hochklappe, nehme ich verdrossen zur Kenntnis, wie wenig sie sich von der Jacke unterscheidet, die ich kürzlich bei J. Crew erworben habe. Nun ja, bis auf die Löcher in den Taschen. Meine Finger gleiten durch den zerrissenen Satinstoff, und meine Hände finden ihre abgenutzten Mulden wieder. Meine alten Motorradstiefel sorgen auf dem flotten Fußmarsch für die nötige Bodenhaftung. Ich zwinge mich, mit jedem Schritt die wachsende Entfernung zur Küche meiner Eltern zu spüren, und schaue auf meinen Atem hinunter, der wie der Dampf einer Lokomotive in der Nachtluft verpufft.
    Während ich an funkelnden Vorgärten mit leuchtenden Schneemännern und aus Zweigen geformten Rentieren vorbeistapfe, leuchtet der

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