Liebe auf eigene Gefahr Roman
hinsetze.
»Noch ein einziges Mal – aber dann ist Schluss. Ich muss Mathe einfach bestehen.«
»Sam?«
»Wie wär’s, wenn ich es so probiere?« Er spielt ein Riff zu Jakes Melodie, an der sie die letzte halbe Stunde herumgefeilt haben, indem sie allmählich das Tempo erhöht und ein paar Moll-Akkorde hinzugefügt haben.
»Yeah, das gefällt mir«, sagt Jake und hört mit übertriebener Aufmerksamkeit zu. »Gut, großartig, ja.«
»Jake?« Todd hebt seine Hand tatsächlich fast auf Gesichtshöhe, bevor ihm aufgeht, dass er aussieht wie ein Idiot.
»Todd, ziehst du jetzt etwa auch den Schwanz ein?«
»Nein. Na ja, irgendwann schon«, sagt er ausweichend und läuft rosa an. »Was soll ich tun?«
»Was?«, fragt Jake, der von Sams neuer Melodie abgelenkt ist.
»Soll ich irgendwas anders machen?«, wiederholt Todd in diesem salbungsvollen Tonfall, der mich zur Raserei bringt.
»Nein, du bist gut. Mach einfach so weiter.«
Nachdem seine Entschlossenheit wiederhergestellt ist, lächelt Todd auf seinen Bass hinunter, bevor er sich konzentriert die Zunge zwischen die Lippen steckt, wie er es immer tut.
»Okay, sehr gut, Jungs. Lasst uns richtig Gas geben. Wir haben heute unsere Lady als Inspiration hier, also bringen wir sie so richtig zum Staunen.« Denn ich kann nicht gehen. Ich könnte niemals gehen, nachdem ich sie so gesehen habe, nachdem ich ihn so gesehen habe. Also winke ich zur Unterstützung hinter meinem Physikbuch hervor. Und sie spielen, die Finger und Füße seiner Freunde jammen im Gleichklang und halten die musikalische Seifenblase um Jake herum am Leben.
FÜNFZEHNTES KAPITEL
23. Dezember 2005
Ich ziehe mir Dads dicksten Fair-Isle-Pulli über den Kopf und biege um die Ecke in die Küche, wo Mom mit gesenktem Kopf an der Spüle steht und wütend vor sich hin schrubbt, während vom laufenden Wasserhahn eine Dampfsäule aufsteigt. Auf alles vorbereitet, gehe ich schnurstracks zur Kaffeemaschine. »Hallo!«, rufe ich ihr zu.
Sie fährt herum und schiebt sich mit der Wange den Pulloverärmel hoch, in ihrem gelben Handschuh schäumt ein Stück Stahlwolle blau vor sich hin. »Ich höre.«
»Mom, das mit letzter Nacht tut mir leid.« Ich nehme eine gesprenkelte Blechtasse vom Abtropfbrett. »Ich habe ihn nicht hierher eingeladen. Das war definitiv nicht Teil meines Plans …«
»Ich habe für dich ein Ticket gebucht, für den Flug, der heute Nachmittag eine Stunde nach unserem von Burlington aus geht. Wir fliegen über Atlanta, und du über O’Hare, aber es war das Beste, was ich kriegen konnte, wir haben noch Glück gehabt.«
»Was? Nein.« Ich ziehe die Glaskanne aus ihrer Halterung. »Ich dachte, ihr reist erst morgen früh ab.«
»Wollten wir auch. Aber dann ist es mir gelungen, diese Tickets für heute zu besorgen.«
»Verstehe.« Weil ich keine schlafenden Hunde wecken will, nicke ich still vor mich hin und konzentriere mich darauf, mir Kaffee einzuschenken. Am Tisch fällt mein Blick auf den Croton Sentinel , der über das einsame Gedeck gebreitet ist, das sie für mich stehen haben lassen. Ich widerstehe
dem Köder, hebe wortlos Jakes Schlagzeile hoch und lasse sie auf den Stuhl neben mir fallen, wobei ich mich innerlich über das Willkommenstransparent aufrege, das auf dem Foto über der Main Street flattert.
»Lies es.« Sie knallt die gescheuerte Manicotti-Pfanne auf den Küchentresen.
»Mom«, seufze ich.
»Lies es.«
Ich ziehe die Knie in ihr Nachthemd hoch und rutsche auf dem harten Holzsitz herum, während ich den Artikel überfliege, der sich vom üblichen nichtssagenden Blabla nur durch die Erwähnung seiner Pfadfinderabzeichen unterscheidet. »Tja.« Ich falte die Zeitung wieder zusammen.
»Lies weiter!« Sie steht an der Ecke des Küchentresens und umklammert mit behandschuhten Händen die senkrecht abfallenden Kanten.
»Warum sagst du mir nicht einfach, was …« Mein Blick fällt auf meinen Namen, und mir bricht der Schweiß aus, als ich mir die Seite näher ans Gesicht halte und lese, dass Jakes neue Single ganz und gar nicht in »Tallulah« umbenannt, sondern, im Gegenteil, an diesem Morgen veröffentlicht wurde. »Verdammt«, murmele ich durch meinen immer trockener werdenden Mund.
»Ich mache dir jetzt ein paar Eier. Und dann kannst du packen.«
»Ich habe nichts zu packen«, widerspreche ich dümmlich und erkaufe mir so eine Sekunde Zeit zum Nachdenken.
Sie streift die Handschuhe ab und öffnet den Kühlschrank, um den Eierkarton und die Butter in der
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