Liebe auf krummen Beinen
Weg zu Dan über mich führte.
Sie ließen sich an einem kleinen dünnbeinigen Tisch neben der Bai-nieder. Rita schwenkte einen klappernden Silberbecher und füllte die Gläser. Dan trank etwas hastig. Wahrscheinlich hatte er es nötig. Rita betrachtete ihn aus schmalen Augen.
«Noch gut amüsiert gestern?»
«Ach ja», sagte Dan leichthin.
«Sehr nettes Mädchen.»
«Sehr.»
«Nur ein bißchen langweilig.»
«So?»
«Findest du nicht?»
«Ach — ganz wohltuend, wenn eine mal nicht darauf gespannt ist, was sie im nächsten Moment sagen wird.»
«Dann kommt man selbst besser zur Geltung.»
«Natürlich. Hast du noch einen? Schmeckt ausgezeichnet.»
Rita schenkte nach.
«Habe gar nicht gewußt, daß du für Fotografinnen schwärmst.»
Dan warf einen hilfesuchenden Blick zu mir. Ich lag auf dem Teppich und betrachtete meinen Herrn mit Sorge.
«Man kriegt die Paßbilder billiger.»
«Ist sie in dich verliebt?»
«Nein. In Blasius.»
«Glaub nicht, daß er ihr auf die Dauer genügt.»
«Würde er dir auf die Dauer genügen?»
«Kaum.»
Ich beschloß sofort, in diesem Zimmer irgend etwas zu zerknabbern.
«Na ja», sagte Dan. «Aber keine Sorge! Sie macht sich nichts aus mir.»
Rita setzte ihr Glas hart auf die Glasplatte.
«Rede doch nicht! Denkst du, ich habe keine Augen im Kopf?»
«Wo sonst?»
Der Narr mußte sie auch noch reizen.
«Ein Blinder konnte sehen, daß sie hinter dir her ist! Und du hinter ihr!»
«Wirklich?» Dan versuchte, seine Freude über diese Mitteilung zu verbergen, aber es gelang ihm nicht. «Sie wird dasselbe von uns beiden sagen. Außerdem gefiel sie dir doch so gut. Ihr könnt ja nicht mehr weiterleben, wenn ihr euch nicht bald wiederseht. Es hat mich unsäglich gefreut, das zu hören. Deswegen habe ich sie zu Otmars Fest eingeladen.»
Rita sah aus wie eine wütende Königskobra.
«Otmar wird sich schön bedanken.»
«Das glaube ich nicht. Er hat was übrig für branchenkundige Mädchen. Und sie kann dich knipsen, wenn du spärlich bekleidet bist. Nichts geht über liebe Erinnerungen.»
Rita stürzte sich auf ihn. Sie balgten sich eine Weile herum, bis er sie zu fassen kriegte und heftig auf den Mund küßte. Ich setzte mich aufrecht und sah ihn mißbilligend an.
Ein Wüstling war er schon. Eva im Herzen und die andere auf dem Schoß.
Rita wechselte die Taktik und machte in schmollender Zärtlichkeit. Sie kam allerdings nicht weit damit, weil der Haushofmeister klopfte und meldete, es sei angerichtet. Das hörte ich gern. Schließlich waren wir zum Essen hergekommen und nicht zum Schäkern.
Rita stolzierte an Dans Arm hinunter, und ich trippelte hinterdrein.
Wir gelangten wieder in die Ebenholzhalle. Der Geruch von Steaks war unverkennbar, wenigstens für meine Nase. Wir betraten einen großen Raum, in .dem Ritas Eltern saßen. Er hatte weißes Haar und ein dickes rotes Gesicht mit gemütlichen Augen. Mit ihm würde man reden können. Sie war eine ältere Ausgabe ihrer Tochter. So würde Rita in fünfundzwanzig Jahren aussehen, immer noch schlank, aber eckiger, die grauen Strähnen im satten Blond übermalt, kleine Fältchen um die Sternaugen, feine Narben von der ersten Hautstraffung an den Haargrenzen und schärfere Linien im Gesicht.
Dan trat auf sie zu, küßte ihr die Hand mit Grazie und reichte ihr den Rest der kostspieligen Rosen.
«Oh», sagte sie mit Ritas Lächeln, «das wäre aber wirklich nicht nötig gewesen!»
Ganz meine Ansicht, dachte ich.
«Ich danke für Ihre Einladung», sagte Dan. Der Hausherr erhob sich und schüttelte ihm die Rechte.
«Nett, daß Sie uns wieder mal besuchen. Wie geht's?»
Dan sagte, es ginge. Ich war herangekommen und setzte mich in einigem Abstand auf den Teppich. Dan nannte meinen Namen und wies auf meine Ahnenreihe hin. Auf einen Wink des Hausherrn öffnete der Butler eine Tür: Herein stürzte ein schwarzer Pudel.
«Besuch, Moritz», sagte Herr van Eck.
Ich empfand Mitleid mit Moritz. Er sah aus, als wäre er unter die Straßenbahn gekommen. Auf dem Rücken hatte er überhaupt kein Fell, nur auf dem Kopf war ein steiler Rest übriggeblieben. Um die Knöchel trug er die Locken wie Pulswärmer, und sein Schwanz glich einem Staubwedel.
Er blieb ruckartig vor mir stehen, und seine Haut zitterte, als ich an ihm schnupperte. Er konnte kaum zwischen seinen Stirnfransen durchgucken, aber seine schwarzen Augen waren sanft und gutmütig. Weder mir noch sonst jemandem würde er etwas tun.
Eine Flügeltür öffnete sich,
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