Liebe auf krummen Beinen
und aufdringlich. Ich spürte ein leises Ziehen in der Magengegend. Eva holte tief Luft und legte ihr Gesicht in freundliche Falten. Dann ging sie zur Tür. Ich sprang zu Boden und marschierte auf leisen Sohlen hinterher.
Johnny streckte die Arme durch die offene Tür und hielt Eva einen Strauß Nelken unter die Nase.
«Hallo, Baby! Dein Anblick macht mir weiche Knie!» Sie werden noch viel weicher werden, dachte ich.
«Grüß Gott, der Herr», sagte Eva. «Komm rein.»
Johnny hüpfte über die Schwelle, und dann sah er mich. Sein strahlendes Lächeln schwand dahin.
«Wie kommt der hierher?»
«Blasius? Den hat Dan gebracht. Er mußte heute morgen weg und wollte ihn nicht allein lassen.» Sie hob die Nase aus den Nelken. «Stört er dich?»
Auch ich war mir meiner Aufgabe bewußt und wollte Eva ein ebenbürtiger Partner sein. Ich trippelte unbefangen auf Johnny zu und begrüßte ihn mit heuchlerischer Herzlichkeit. Durch die böse Welt wird man ganz verdorben.
Johnny sah leicht beunruhigt aus.
«Weiß Dan, daß ich komme?»
«Keine Spur.»
Nach dieser Lüge forderte ihn die schillernde Schlange auf, ins Zimmer zu kommen. Sie ordnete die Blumen in einer Vase und stellte sie an Stelle der anderen auf den Tisch. Sie setzten sich. Ich nahm auf meinem alten Stuhl Platz und betrachtete das Liebespaar mit Interesse.
Johnny lächelte reizend und faßte Evas Hand.
«Gestern saß ich auch hier!»
Ja, gestern saß er auch hier. Heute würde es das letzte Mal sein.
Eva goß die Gläser voll. Ein paar Schnäpse konnten ihr nicht schaden. Viele große Mimen tranken einen Schluck vor dem Auftritt. «Prost, Süße», sagte Johnny. «Auf uns beide.»
Sie tranken aus. Ich merkte, daß Eva unruhig war. Johnny schien es auch zu merken.
«Hast du irgend etwas?»
Sie schüttelte den Kopf und sah auf ihre Fingerspitzen.
«Nein, was sollte ich haben. Ich... ich dachte nur gerade an gestern, wie du davon sprachst... und da fiel mir Ritas Kette ein.»
Johnny zog die Stirn in Falten.
«Ritas Kette?»
«Ja. Hat sie die schon gefunden?»
Johnny starrte auf sein Glas. Das Thema schien ihm nicht zu passen. Außerdem mußte er jetzt seine Worte überlegen. Er konnte ja nicht wissen, ob Dan, als er mich heute früh herbrachte, mit Eva über ihr Zusammentreffen bei Eugen gesprochen hatte.
«Gestern abend war sie noch nicht da.»
«Ach.» Eva sah aus wie ein Schulmädchen, das der Oma zum Geburtstag gratuliert. «Woher weißt du?»
«Ich traf Dan in der Kneipe.»
«Du hast Dan getroffen? Was sagte er denn?»
Johnny zog den Mund in die Breite.
«Er fragte, wie du nach Hause gekommen wärst.»
«Und was hast du gesagt?»
«Na, bestens! Ich hätte dich eigenhändig ins Bettchen gebracht und in den Schlaf gesungen.»
O Heimatland! Er tanzte auf einer Atombombe und wußte es nicht. Eva bemühte sich, ihren Zorn unter einer erschrockenen Miene zu verbergen.
«Wie? Du machst Spaß, Johnny!»
«Aber natürlich, Kindchen. Kein Wort habe ich gesagt. Der Kavalier schweigt und darf wiederkommen. Hast du eigentlich — ich meine, ist Dan dein Freund?»
Ich hob die Ohren an. Ein zarter rosa Hauch huschte über Evas Gesicht. Er verschwand, ehe Johnny ihn wahrnahm. «Freund? Ach nein, er ist... ich kenne ihn nur kurz...»
«Magst du ihn?»
«Was heißt mögen — er ist sehr nett — du kennst ihn doch besser als ich. Gefällt er dir nicht?»
Mit einemmal sah Johnny so aus, wie es seinem Charakter entsprach. Etwas verschlagen und brutal. «Hör zu, Eva. Ob er mir gefällt oder nicht ist ganz egal. Wenn wir zwei zusammenkommen, muß er ausscheiden. Halbe Sachen liebe ich nicht. Und seinen Köter soll er nächstens auch woanders hinbringen.»
Das ging auf mich. Ich tat so, als hätte ich nichts gehört. Warte nur, balde , dachte ich. Durch meine Lidspalten sah ich, wie Evas Lippen erblaßten. Johnny merkte nichts. So sehr war dieser Narr von sich überzeugt, daß er glaubte, ein Mädchen wie sie erbebte vor Wonne, wenn er in der Nähe war, und sehnte sich nach seiner brutalen Männlichkeit.
Eva schenkte neu ein und nahm ihr Glas hoch. «Kannst du Hunde nicht leiden?» fragte sie.
Johnny trank, stand auf und legte den Arm um ihre Schultern. «Dich kann ich leiden!» sagte er.
Er versuchte sie zu küssen. Aber Eva war schneller, wehrte ihn ab, rutschte unter seinem Arm durch und kam zu mir herüber. Ich hob den Kopf, als wunderte ich mich, was die beiden trieben.
«Nicht so plötzlich, mein Herr. Nach dem Abendbrot vielleicht.»
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