Liebe auf krummen Beinen
ich voller Angst, mach keinen Unsinn! Sie kann es nicht getan haben! Unsere Eva!
«Ich weiß nicht», flüsterte sie. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. «Dan, ich weiß es nicht. Ich kann es mir nicht erklären.»
«So, du kannst es dir nicht erklären!» sagte Dan mit unheimlicher Ruhe.
Eva sah ihm gerade in die Augen.
«Dan! Glaubst du, ich hätte die Kette gestohlen?»
«Ich glaube gar nichts. Ich will wissen, wie sie hierherkommt.»
Sie sah verzweifelt aus.
«Aber ich weiß es nicht», rief sie. «Mir ist, als träume ich! Ich habe doch...»
Sie verstummte. Eine steile Falte erschien über ihrer Nasenwurzel. Ich wartete mit bangem Herzen. Warum, zum Henker, mußte ich immer solchen Schlamassel entfesseln?
Eva fuhr auf, und ihre Augen weiteten sich.
«Dan... heute morgen! Johnny war mit hier oben!»
Wenn sie geglaubt hatte, Dan damit zu beruhigen, dann irrte sie. Jetzt wurde er erst recht sauer. Die Untreue schien er ihr weniger verzeihen zu wollen als die Kleptomanie. Was für ein Mann!
«Johnny war hier?»
«Ja! Er brachte mich her, und wir tranken noch einen Kaffee.»
«Ach!» Dan war blaß vor Wut. Und eifersüchtig. Mein eiserner Dan — eifersüchtig! «Kaffee! In deinem Schlafzimmer! Du nimmst diesen windigen Idioten früh um sechs mit in deine Wohnung! Großartig! Morgens kommt er, und abends darf ich kommen! Einer genügt nicht...»
Peng! Ich schloß die Augen bei dem Knall. Das war die Ohrfeige, die er damals bei uns nicht gekriegt hatte. Jetzt hatte er sie. Gerechter Ausgleich.
Dan war einen Augenblick lang verblüfft.
«Wie kannst du so etwas sagen!» schrie Eva voller Empörung. «Er hat mich in seinem Wagen fahren lassen! Du mußtest dich ja um deine Rita kümmern! Ich habe ihm eine Tasse Kaffee gegeben. Dann habe ich ihn rausgeworfen. Das ist alles. Und mit dir mache ich jetzt dasselbe! Geh! Ich will dich nicht mehr sehen!»
Sie stampfte mit dem Fuß und schlug die Hände vor das Gesicht.
Dan sah betreten aus. Auf seiner Backe waren fünf rote Streifen erschienen. Ich saß mit angelegten Ohren und wagte nicht, mich zu rühren.
«Geh endlich!» rief sie schluchzend.
Du wirst hoffentlich nicht so dämlich sein, dachte ich. Er war's auch nicht. Er warf den Anhänger auf Evas Bett, legte die Hände um ihre Schultern und zog sie an sich.
«Laß mich! Geh weg!» sagte sie noch einmal, aber ihre Stimme klang schon weniger zornig.
«Verzeih mir, Evchen », sagte Dan sanft, «verzeih mir, und sei wieder gut! Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich war so durcheinander. Erst die Kette in deinem Schrank, und dann Johnny in deinem Schlafzimmer. Komm her!»
Er zog ihr sacht die Hände vom Gesicht und tupfte mit seinem Taschentuch an ihren Wimpern herum. Sie schluckte noch ein paarmal, dann schlug sie die Augen auf. Ihre Finger strichen über die Haut seiner Wange.
«Hat's weh getan?»
«Sehr. Du hast einen Schlag wie Joe Louis.»
Sie lächelten beide. Ich atmete auf. Sie waren wieder vernünftig. Menschen sind viel komplizierter gebaut als wir. Die Hälfte ihres Lebens besteht aus Theater.
Dan nahm die Kette wieder in die Hand. Sie setzten sich auf die Bettkante. Eva nahm Zigaretten vom Nachttisch. Dan gab Feuer. «Erzähl mir, wie Johnnys Besuch verlief.»
«Völlig normal. Ich wollte ihn vor dem Haus loswerden. Er quatschte solange auf mich ein, bis ich weich wurde. Richtig nüchtern war e rauch noch nicht. Also nahm ich ihn mit rauf. Denkst du denn im Ernst, ich machte mir was aus ihm?»
«Das kann man bei euch nie wissen. Wo war er, als du den Kaffee machtest?»
«Drüben im Zimmer.»
«Wie lange hast du gebraucht?»
«Fünf Minuten. Länger bestimmt nicht!»
«Konnte er ins Schlafzimmer, ohne daß du es merktest?»
Sie nickte. «Ja, ich hatte die Tür angelehnt, aber er spielte eine Platte — furchtbar laut. Ich rief noch hinüber, er sollte leiser sein, wegen der Nachbarn.»
«Hm.» Dan klimperte mit den grünen Steinen. «Sieh an! Johnny, der Kronjurist! Klaut Rita die Kette und versteckt sie bei dir! Für alle Fälle. Hat wohl Angst vor seiner Heldentat bekommen und wollte sie nicht bei sich haben.»
«Aber — wenn ich sie gefunden hätte?»
«Dann wärst du in Verdacht gekommen. Niemand hätte ihm beweisen können, daß er sie dorthin gesteckt hat. Für ihn war sie verloren, aber nicht er stand als Dieb da, sondern du.»
Dans Faust schloß sich um die grünen Steine.
«Ich werde ihm das Geschäft verderben, verlaß dich drauf!»
«Warum tut er so was nur?»
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