Liebe auf südlichen Straßen
die Soldaten hungrig vom Hof gehen zu lassen. Nur wäre mir persönlich eine kleine Requirierung sympathischer gewesen. Sie verstehen!«
Die Marchesa nickte uns zu und verschwand mit den beiden Mägden im Hause.
»So...«, ächzte Signor Berra, »und jetzt löffle ich die Suppe aus! Auf meine Verantwortung, hat sie gesagt! Madonna mia! Das spricht sich so leicht aus, als ob man einen Kirschkern auf den Boden spuckt. Aber der heilige Sebastian soll mich davor bewahren, daß ich jemals hören muß, was der Marchese della Rocca di Sanforino mir erzählen würde, wenn hier Schlimmes geschähe!«
»Sagen Sie, Signor Berra, wie kommt die Marchesa hierher?«
»Ganz einfach, maresciallo... Als die Lage im Süden immer gefährlicher wurde, schickte der Marchese sie nach Castellano in die Sicherheit. — Schöne Sicherheit...!«
»Dann lebt sie also schon seit einem halben Jahr hier?«
»Länger, fast seit einem Jahr! Sehen Sie, Maresciallo, der Marchese hat gute Verbindungen. Er sagte mir schon vor zwei Jahren, daß die Deutschen Afrika und Sizilien nicht halten würden... Nun ja, er ist eben ein Aristokrat, und die hohe Aristokratie hat ihre Fühler und ihr Geld überall, in Spanien, in Frankreich, in England und auch in Amerika. Aber was ist das für ein trauriges Leben für eine junge Dame, die längst in der römischen Gesellschaft eingeführt sein müßte und längst verheiratet wäre, wenn dieser verdammte Krieg nicht gekommen wäre! Was tut sie hier? Sie will in der Landwirtschaft helfen und macht sich ihre schönen Hände und Fingernägel mit grober Arbeit kaputt. Wie soll ich das vor dem Marchese verantworten? Aber Sie haben sie ja selber gehört, maresciallo! Sie geht mit einem Lachen über meine Einwände hinweg, und sagt Papa Emilio zu mir und sagt >auf meine Verantwortung!< Tun Sie mal was dagegen! Versuchen Sie einmal, etwas gegen die Tochter Ihres Herrn und Brotgebers zu unternehmen!«
Seine bewegten Klagen belustigten mich. Der kleine dicke Mann hatte eine trompetenstarke Stimme und agierte mit den Händen wie ein Star aus der Stummfilmzeit. Seine lebhaften Augen unter den buschigen Brauen wurden vor Kummer schwarz und feucht.
»Haben Sie Waffen im Haus?« fragte ich.
»Ein paar lumpige Jagdgewehre...«
»Das Kastell sieht ziemlich solide gebaut aus...«
»Es hat meterstarke Mauern!«
»Dann können Sie sich im Notfall auch mit ein paar Flinten so lange verteidigen, bis Hilfe kommt«, sagte ich beruhigend.
»Malen Sie den Teufel nicht an die Wand!« rief er erregt und warf die Hände flach gegen mich.
Wir brachen nach kurzer Rast auf. Der Wein, ein ziemlich schwerer weißer Orvieto, war uns in die Knie gegangen, und wir kamen nach dem strapaziösen Tag ziemlich wackelig in unseren Barackenquartieren hinter den Geschützstellungen an. Peppino erwartete mich bereits in meiner Bude.
»Bravo, maresciallo Lorenzo!« rief er mir entgegen, »du hast es den rossi heute richtig besorgt!« Er war fest davon überzeugt, daß der Erfolg des Unternehmens auf meine genialen strategischen Leistungen zurückzuführen sei, und es hatte wenig Zweck, ihm zu widersprechen und die Geschichte ins richtige Licht zu rücken.
»Weshalb kommt ihr so spät?«
»Wir hatten einen Verwundeten und haben in Castellano Rast gemacht«, sagte ich und warf mich auf mein Bett.
»In Castellano? Was du nicht sagst! Bei Signor Berra? Das ist eine gute Nachricht. Paß auf, Maresciallo, jetzt, wo ihr die Partisanen vernichtet habt, werde ich mit ihm ins Geschäft kommen. Es ist ein reicher Gutshof. Der beste von der ganzen Gegend.« — Er spitzte die Lippen und kniff ein Auge zu. — »Übrigens treibt sich da oben eine ragazza herum... Ich sage dir, Maresciallo, ein Mädchen wie reiner Bienenhonig. Mann, wenn man da was machen könnte! Die würde dir ein Vermögen einbringen! Da brauchte man gar kein anderes Pferdchen nebenbei laufen lassen!«
»Die Dame, von der du sprichst, ist die Marchesa della Rocca di Sanforino!«
»Merda e natica!« stieß er verblüfft hervor, »eine echte Marchesa?! Jetzt weiß ich es natürlich! Also darum... darum!«
»Was darum?«
»Nun, als ich ihr neulich begegnete und sie anblinzelte und >he Signorina< sagte, da sah sie doch über mich hinweg, als ob ich ein faules Stückchen Schellfisch wäre. Ganz große Klasse! Die geborene Marchesa! Da siehst du es gleich, was wirklich feine Leute sind. Sag, Maresciallo, hast du mit ihr gesprochen?«
»Ein paar Worte...«
»Na und? Gefällt sie
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