Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
dir?«
    »Dumme Frage! — Wem würde sie nicht gefallen?«
    Er zündete sich eine Zigarette an und blickte dem Rauch nach, als erwarte er von ihm eine Eingebung. Aber dann entrang sich seiner Brust ein Seufzer, und er sagte resignierend: »Du hast natürlich recht, maresciallo, wem würde sie nicht gefallen? Aber eine Marchesa ist eine hoffnungslose Angelegenheit. An dem Honig gibt es für unsereinen nichts zu lecken.«
    Ich warf ihn hinaus und ging, nachdem ich meine OvD-Geschäfte an einen Kameraden übertragen hatte, zu Bett, denn ich war hundemüde. Und es war nicht der Gedanke an die Unerreichbarkeit der Marchesa della Rocca di Sanforino, der mich beunruhigte und nicht einschlafen ließ. Natürlich hatte sie Eindruck auf mich gemacht. Aber was mich am Einschlafen hinderte, war die Vorstellung, sie könne ihre großzügige Geste uns gegenüber doch zu bereuen haben, denn die rossi hatten dafür wenig Verständnis und straften Kollaborateure unbarmherzig. Ich befürchtete nicht, daß sie sich an der Marchesa persönlich rächen würden, aber es konnte geschehen, daß eines Nachts der Hof in Flammen aufging. Und es war durchaus nicht sicher, daß nicht einige der Gutsarbeiter oder die Mägde mit den Partisanen unter einer Decke steckten — die Mägde vielleicht sogar buchstäblich. Jedenfalls beschäftigte ich mich in Gedanken mehr mit ihr, als mir guttat, denn je mehr ich an sie dachte, um so zwingender wurde mein Wunsch, die Marchesa di Sanforino wiederzusehen. So kam es, daß ich im Verlaufe der nächsten Wochen häufig den Weg nach Castellano hinaufmarschierte. Immer vergeblich, und außerdem kehrte ich stets, wenn das Kastell in Sicht kam, um und ging über Camogli zu unseren Stellungen zurück. Der Weg führte beiderseits an Tamariskengebüsch, Lorbeer und Steineichenwäldern vorüber und war für einen einzelnen Mann nicht ganz ungefährlich zu begehen; aber es schien so, als hätten unsere häufig wiederholten Expeditionen die Partisanen wenigstens aus unserer unmittelbaren Nachbarschaft vertrieben und weiter in die Berge abgedrängt.
    Eines Tages knallte es in kurzer Entfernung von der Straße im Gehölz. Ich warf mich in die Büsche, entsicherte meine Pistole und arbeitete mich vorsichtig durch das Unterholz in die Richtung vor, in der der Schuß gefallen war. Ich war keine fünfzig Schritt vorgedrungen, als es in den Zweigen rauschte und plötzlich ein rotbrauner Setter vor mir stand, der bei meinem Anblick zuerst erschrocken zurückfuhr, um mich dann um so energischer zu stellen.
    »Heda!« rief ich laut, »nehmen Sie Ihren verdammten Hund zu rück, oder es knallt!«
    »Diana, hierher!« rief eine Frauenstimme, bei deren Klang mich ein kleiner Schlag durchfuhr. Der Hund ließ knurrend von mir ab und zog sich widerstrebend zurück. Ich erhob mich und arbeitete mich rasch durch das Holz. In einer kleinen Lichtung saß die Marchesa auf einem umgehauenen Stamm und hielt ein Doppelzeug im Anschlag an der Hüfte. Sie trug ein dunkles Jagdkostüm aus Loden, mit grüner Rockborte und grüner Eichenlaubverzierung auf den Taschen. Man konnte sich bei ihrem Anblick nach Oberbayern versetzt fühlen. Der Hund stand neben seiner Herrin und fletschte mir die weißen Zähne entgegen.
    »Ruhig, Diana, leg dich! Es ist ein alter Bekannter. Wir kennen uns doch schon seit mehr als zweihundert Jahren, nicht wahr, Signor Bonaventura?«
    »Gewiß, Marchesa...«, stammelte ich verwirrt wie damals, als sie mir das erstemal begegnet war.
    »Ich wollte Kaninchen schießen«, sagte sie, »aber sie sind schneller als ich, und außerdem tun sie mir auch ein wenig leid.«
    »Finden Sie es nicht unvorsichtig, Marchesa, hier allein durch das Holz zu streifen?«
    »Ganz und gar nicht! Ich habe doch Diana bei mir, und ich habe das Doppelzeug. Im Notfall kann ich nämlich schießen, sogar recht ordentlich. Wenigstens behaupten das meine Brüder.« Sie senkte den Kopf und ein Schatten flog über ihr Gesicht, »ich muß wohl sagen, sie behaupteten es, denn sie sind beide vor Tobruk gefallen.«
    Ich brachte nichts als einen lahmen Laut des Beileids heraus.
    »Aber kommen Sie«, bat sie, »setzen Sie sich doch...«, und sie lud mich mit einer Handbewegung ein, neben ihr auf dem Stamm der Steineiche Platz zu nehmen.
    »Wenn Sie es gestatten, Marchesa...«
    »Ich heiße Ginevra«, sagte sie, »aber ich werde Gina genannt. Der Rang meines Vaters hat mir bis jetzt im Leben alles verleidet, was ich gern getan hätte.«
    »Und was hätten Sie

Weitere Kostenlose Bücher