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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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als goldene Sprüche! So etwas bekam ich als Kind zu hören, wenn ich in den Keller gehen mußte, um meinem Vater eine Flasche Bier heraufzuholen. Aber Sie sind eine junge Dame! Und hier handelt es sich auch nicht um eingebildete, sondern um sehr tatsächliche Gefahren! Und wenn es nichts weiter ist, als daß die Partisanen eben Männer sind...« Ich schloß meine Warnung in einiger Verlegenheit sozusagen ohne Komma und Punkt, aber ich merkte an ihrem Gesicht, daß sie mich verstanden hatte.
    »Machen Sie mich nicht ängstlicher, als ich ohnehin schon bin, Lorenzo«, sagte sie und streifte mit dem Blick die kleine Waldlichtung, »ich liebe diesen Platz mit der weiten Sicht auf den Golf. Und außerdem bin ich keine Viertelstunde von Castellano entfernt. Ich kann mich doch nicht den ganzen Tag im Haus einsperren! — Und nun nochmals: auf Wiedersehen!«
    Sie nickte mir zu, hängte das Doppelzeug mit den Läufen nach unten über die Schulter und verschwand mit dem Hund, der sie umspielte, zwischen den Stämmen. Ich blickte ihr sekundenlang nach und unterdrückte mit einiger Mühe die Frage, ob ich sie wiedersehen dürfe. Aber als ich so weit war, daß ich mich wegen meiner Schüchternheit einen Idioten nannte, war sie verschwunden, und ich zerteilte das Tamariskengebüsch und schlug die Richtung nach Camogli ein — sehr in Gedanken und eine prachtvolle Zielscheibe für jeden Mann mit einem roten Halstuch, der mich aufs Korn genommen hätte.
    Die kleine Lichtung war also ihr Lieblingsaufenthalt... Hatte sie das nur zufällig gesagt? Oder hatte sie damit eine Absicht verbunden? Aber es war wohl ziemlich verrückt, anzunehmen, eine Marchesa di Sanforino hätte das Ziel ihrer Nachmittagsausflüge einem Feldwebel der Deutschen Wehrmacht deshalb anvertraut, um ihn damit zu einem Rendezvous einzuladen. Und weshalb eigentlich nicht? Hatte ich mich nicht wie ein gebildeter und feiner Mann unterhalten und den Landserjargon, der einem allmählich in Fleisch und Blut übergegangen war, peinlichst vermieden? Weshalb hatte sie es sich zweimal verbeten, mit ihrem Adelsprädikat angesprochen zu werden, wenn sie damit nicht den Zweck verfolgte, eine gewisse Schranke zu beseitigen? Natürlich nicht, um Vertraulichkeiten herauszufordern! Gewiß aber langweilte sie sich auf — ihrem Castellano zu Tode und war um jede Abwechslung und um jedes Gespräch mit einem anderen Menschen als mit Signor Berra und den Mägden des Gutshofes froh. Der Gedanke verletzte meine Eitelkeit ein wenig, aber er lag, wenn man sich die Geschichte recht überlegte, doch am nächsten.
    Ich verbrachte ein paar recht unruhige Tage und noch unruhigere Nächte in meinem Quartier. Ich rekonstruierte jeden Satz, den wir miteinander gesprochen hatten, und schlug in Gedanken neue Gesprächsthemen an, in denen ich mich an Witz und Geist einfach überschlug und unwiderstehlich charmant war. Um mich zu beschäftigen, drängte ich den Chef zu neuen Unternehmungen gegen die Partisanen. Und weil der letzte Erfolg ihm eine Belobigung durch den Regimentskommandeur eingetragen hatte und weil er Schulterschmerzen hatte und durch neue Erfolge vielleicht hoffte, rascher zum »Raupenschlepper« befördert zu werden, unterstützte er meine Bemühungen, und wir kämmten in Unternehmungen, die sich manchmal auf Tage erstreckten, die Wälder und Berge durch. Aber der Erfolg war gering, die Partisanengruppen hatten sich weiter in die Berge und nach Norden zurückgezogen, wo sie die Straßen unsicher machten und Transporte in die Luft fliegen ließen. Selten, daß in unserer Gegend noch einmal Lichtsignale auf den Höhen aufflammten, um feindlichen Fliegern Abwurfplätze für Waffen und Munition zu weisen. Wenn sie kamen, dann nur in trüben Nächten; sie stießen aus den Wolken herab und verschwanden wieder darin, ehe unsere Scheinwerfer sie zu fassen vermochten.
    Peppino hatte in den wenigen Monaten, seit er wieder zu uns gestoßen war, eine erstaunliche Wandlung durchgemacht. Abgesehen davon, daß er noch ein Stück in die Höhe geschossen war, hatte er sich sozusagen gehäutet. Die Lumpen, in denen er einst aufkreuzte, waren längst einem Anzug von leicht übertriebener Eleganz gewichen. Er trug zur sandfarbenen Hose eine Jacke in Fliedertönung, gelbe Halbschuhe und einen weißen Panama und rauchte nur noch englische Zigaretten. Und er rasierte sich täglich. Wenn er es einmal vergessen hatte oder angab, die Rasur unterlassen zu haben, dann fuhr er sich mit der flachen Hand über das

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