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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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besser entsprach.
    Seine Warnung beunruhigte mich sehr. Ich konnte sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn wenn in Recco und Camogli bisher auch nichts dergleichen geschehen war, so erfuhr man doch, wie es andernorts immer wieder vorkam, daß Mädchen, die sich mit deutschen Soldaten eingelassen hatten, von den Partisanen in die Wälder geschleppt und, wenn ihnen nichts Schlimmeres geschah, entkleidet und kahlgeschoren in die Dörfer zurückgejagt wurden. Und es lief mir kalt über den Rücken, wenn ich daran dachte, daß Gina das gleiche Schicksal erleiden könnte.
    Ich traf sie erst drei Tage nach dem Gespräch mit Don Serafino wieder. Ein mistralähnlicher Nordwind wehte, der Himmel war leergefegt, aber trotz des Sonnenscheins war es empfindlich kalt.
    »Stell dir vor, Lorenzo«, sagte Gina nach dem langen Kuß, mit dem wir uns begrüßt hatten, »ich habe von meinem Vater Nachricht bekommen! Den ersten Brief nach einem halben Jahr!«
    »Und was schreibt er?«
    »Furchtbar viel Politisches, das ich nicht verstehe. Er scheint auch bei der alliierten Besatzung mehrere Haare in der Suppe gefunden zu haben. Aber was schlimmer ist, er hält eure Tage für gezählt. Er schreibt, die Offensive könne jeden Tag losgehen. Und eigentlich ist es nicht sein Wunsch, sondern schon fast ein Befehl für mich, daß ich in die Schweiz gehen soll.«
    »Das ist ja ausgezeichnet!« entfuhr es mir, »mein Gott, das ist ja die Lösung, nach der ich gesucht habe!«
    »Was für eine Lösung?« rief sie fassungslos, »was redest du da, Lorenzo? Hast du schon genug von mir? Willst du mich loswerden?«
    »Wo denkst du hin! Aber wenn es hier losgeht, dann sitzt die Zivilbevölkerung mit uns im gleichen Boot. Ich habe es einmal erlebt, und ich möchte nicht, daß du es auch mitmachst. Und etwas anderes kommt hinzu, Gina! Weshalb hast du mir nichts von den Drohbriefen erzählt, die du bekommen hast?«
    »Wer hat dir etwas davon erzählt?« rief sie empört.
    »Das spielt keine Rolle!«
    »Und ob das eine Rolle spielt! Ich will es einfach wissen! War es Signor Berra?«
    »Ich habe ihn seit zwei Monaten nicht gesehen.«
    »Dann kann es nur Don Serafino gewesen sein!«
    »Das ist doch völlig gleich, von wem ich es erfahren habe! Ich weiß es jedenfalls, und es beunruhigt mich Tag und Nacht.«
    »Ein Priester, der das Beichtgeheimnis verrät!« sagte sie mit flammenden Augen.
    »Du hast es ihm nicht in der Beichte, sondern auf einem Spaziergang gesagt...«
    »Also doch Don Serafino!« fiel sie mir ins Wort, »das wollte ich ja nur wissen!«
    Sie hatte mich richtig hineingelegt und lachte, als sie mein ärgerliches Gesicht sah.
    »Du bist ein kluges Kind, Lorenzo, aber du bist ein Mann, und ich bin eine Frau, und wir Frauen sind wohl doch ein wenig schlauer als ihr, wie?«
    »Trotzdem, Gina, der Wunsch deines Vaters ist absolut richtig, und du wirst ihn befolgen!«
    »Ich denke auch nicht einmal daran!« rief sie hitzig, »es sei denn, du willst mich loswerden. Willst du das, Lorenzo?«
    »Deine Sicherheit und meine Wünsche sind zwei ganz verschiedene Dinge! Das mußt du doch einsehen, Gina! Du scheinst nicht zu wissen, was täglich passiert, daß Mädchen...«
    »Natürlich habe ich davon gehört«, unterbrach sie mich, »aber sie werden es nicht wagen, ihre Drohungen an mir wahrzumachen.«
    »Und ob sie es wagen werden! Was soll sie daran hindern? Im Gegenteil, die politischen Ansichten deines Vaters dürften zu den Ansichten und Absichten der rossi im krassen Gegensatz stehen.«
    »Ich wollte mir schon immer das Haar kürzer schneiden lassen!« sagte sie mit kühlem Hochmut.
    »Wolltest du dir auch den Rücken zerschlagen und Salzsäure ins Gesicht schütten lassen?« fragte ich mit voller Berechnung der Wirkung meiner Worte.
    »Du bist entsetzlich...!« sagte sie erschauernd.
    »Nein, ich bin nicht entsetzlich. Entsetzlich sind nur die Methoden der Männer, die dir die Drohbriefe ins Haus geschickt haben. Glaub mir, die schrecken vor nichts zurück.«
    »Nicht ins Haus...«, sagte sie leise, »ich fand die Zettel hier. Auf dem Stamm aufgespießt, genau so, wie wir einander unsere Botschaften zukommen lassen.«
    Ich fuhr unwillkürlich herum und lauschte in die Büsche. Aber ich vernahm keinen anderen Laut als das Rauschen des Windes in den Steineichen und das Klappern der entlaubten Tamariskenzweige.
    »Was enthielten die Zettel?« fragte ich abgeschnürt.
    »Kein Wort«, antwortete sie zögernd und mit Widerstreben, als zöge ich mit

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