Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
verschwunden... Was war das doch für ein griechisches Zitat gewesen, das Otto Freundlich damals in Pastola gebraucht hatte, als Peppino zum erstenmal ausgerückt war und die Signorinas vom Chef und vom Spieß dazu? Es hatte etwas mit den Ratten zu tun gehabt, die das sinkende Schiff verließen. War es nun wirklich soweit?
    Wir erfuhren es bald. Denn in diesen Tagen verstärkten die Alliierten ihre Angriffe von der See und aus der Luft. Die Batterien lagen in ständiger Alarmbereitschaft. In Mittelitalien begann die Front sich zu bewegen. Wir kamen tagelang nicht aus den Stiefeln. Und ich hatte acht Tage lang keine Gelegenheit, nach Castellano hinaufzuwandern und Gina zu sehen. Als es mir endlich gelang, mich für ein paar Stunden freizumachen, da war die Falle bereits geschlossen. Es war keine Wiederholung von Nettuno. Dieses Mal wurde der Sack von hinten zugebunden, und es gab keine Rückzugsstraße, denn vor uns hatten wir nur noch das Meer mit seiner steilen Felsenküste. Die Verbindung zum Regiment funktionierte bis zum Schluß, und das letzte Gespräch, das Hauptmann Södering abnahm, war der Befehl, sich mit der entwaffneten Batterie in Ordnung und Ruhe am nächsten Morgen nach Chiavari zu begeben. Dort hatten die Engländer ein Sammellager für die Streitkräfte eingerichtet, die den Paradiesgolf verteidigt hatten. Die Kapitulation war unterzeichnet worden. Die Südfront hatte aufgehört zu bestehen.
    Ich traf Hauptmann Södering, wie er in seinem Quartier in Hemdärmeln gerade dabei war, seine Pistole zu zerlegen und die Einzelteile sorgfältig einzufetten. Eine Blechbüchse stand auf dem Tisch. Wahrscheinlich hatte er die Absicht, die Waffe darin wie in einem Sarg zu begraben. Der Zweck der Übung war mir einigermaßen unverständlich.
    »Aus!« sagte er und wickelte ölgetränkte Lappen um die Metallteile, »aus und vorbei. Wenn wir aus dem Lager herauskommen, und ich habe das unangenehme Gefühl, daß das eine ganze Weile dauern wird, dann werden wir uns nach einem anderen Beruf umsehen müssen. Sie sind Jurist, Bonaventura, nicht wahr?«
    »Im vierten Semester, Herr Hauptmann!«
    »Mann, ich hab’ mal ‘ne Schnapsvertretung gehabt. Prima Marke. Bekömmlich wie Muttermilch und mild wie die Liebe eines Kommandierenden Generals. Was meinen Sie, Bonaventura, wann es in Deutschland wieder einen anständigen Schnaps im freien Handel zu kaufen geben wird?«
    »Keine Ahnung, Herr Hauptmann!«
    »Sagen wir mal: nach zehn Jahren, wie?«
    »Schwer zu schätzen, Herr Hauptmann!«
    »Und inzwischen? Von irgend etwas muß der Schornstein doch schließlich rauchen...!«
    »Jawohl, Herr Hauptmann!«
    »Ich seh’ schon«, sagte er, »Sie wissen auch nichts. Was wollen Sie haben?«
    Ich meldete ihm, daß ich die Absicht hätte, mich von der Truppe zu entfernen und daß ich es auf eigene Faust versuchen wollte, mich nach Deutschland durchzuschlagen.
    »Sie haben ja einen Spläng, Mensch!« sagte er.
    »Ich spreche Italienisch wie ein gebürtiger Italiener.«
    »Wenn Sie meinen, daß das zum Durchkommen genügt, dann hauen Sie in Gottes Namen ab.«
    »Danke, Herr Hauptmann!«
    »Hören Sie mal!« sagte er mißtrauisch, »es haben doch außer Ihnen nicht etwa noch mehr Leute die gleiche Schnapsidee, wie?«
    »Ich spreche nur für mich. Ob sonst noch jemand sich vom Haufen absetzen will, weiß ich nicht.«
    »Also, dann Hals- und Beinbruch!« sagte er und reichte mir die Hand, »ich käme verdammt gern mit Ihnen mit, wenn ich für so’n Abenteuer nicht schon zu alt wäre. Aber warten Sie, Bonaventura, ich schreibe Ihnen für alle Fälle meine Heimatadresse auf. Vielleicht kommen Sie durch. Es wäre nett, wenn Sie dann meine Familie benachrichtigen würden. Wer weiß, wie lange die Amis uns in den Lagern schmoren lassen. Vielleicht veranstalten sie mit uns sogar noch eine kleine Gesellschaftsreise nach Amerika. Na, wie sagen wir alten Italiener in diesem Falle? Vivere e vedere.«
    Bei Einbruch der Nacht stieg ich nach Castellano empor. Auf den Bergen rings um den Golf brannten die Wachfeuer der Truppen, die uns eingeschlossen hatten, und Scheinwerfer spielten durch die Dunkelheit, so weit das Auge reichte. Der Hof war noch wach. Die Nachricht von unserer Kapitulation hielt die Leute munter. Ich fing einen Buben ab und schickte ihn vorsichtshalber zu Signor Berra. Er kam, und ich sah trotz der Dunkelheit, daß er erblaßte, als er mich erkannte.
    »Was wollen Sie hier noch, Maresciallo?« flüsterte er.
    »Ich muß die

Weitere Kostenlose Bücher