LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
Zuneigung ausstrahlten.
Brosch lächelte die kniende Frau zaghaft an. Sie lächelte liebevoll zurück.
„Was ist passiert, Andi?“, flüsterte sie kaum hörbar.
„Dieser ...“ Andreas schluchzte und hickste zugleich, das Sprechen fiel ihm schwer. „Dieser …“, begann er von neuem, „… Verrückte sagt, ich soll zu dem abgebrannten Kloster rausfahren und es noch in der morgigen Ausgabe drucken lassen. Er meint, es wimmelt dort nur so von Polizisten. Wenn nicht ...“, erneut überkam ihn eine Heulattacke, „… dann bring er meine Mam...“ Weiter kam er nicht.
„Hat er noch irgendetwas gesagt?“ Immer wieder strich sie ihm die nassen Haare zurecht. Ihre Stimme zitterte vor Sorge, ihre Bestürzung war echt.
Andi schüttelte mit dem Kopf und vereitelte somit Katharinas Versuch, sein lichtes Haar glatt zu bekommen.
„Wir kommen mit, wir nehmen noch zwei Leute mit. Wir werden es filmen und in unserem Online-TV ausstrahlen. Na, wie findest du das?“
Andreas zuckte unentschlossen mit den Schultern, er war seiner selbst unsicher. Eigentlich wollte er nur nach Hause.
******
Der große Hummer näherte sich einem Luxusgebäude.
Die gelbe Straßenbeleuchtung verlieh dem protzigen Haus ein besonderes Flair, es wirkte auf die Besucher fast schon zu prächtig.
Mit seinen riesigen Fenstern glich das Bauwerk der Sommervilla eines neureichen Russen, wie aus dem Fernsehen.
Der Himmel weinte nicht mehr. Das laute Poltern gegen das Blech des Wagens verstummte.
„Da wären wir.“ Michael fuhr in eine Tiefgarage.
„Wo sind wir?“, fragte Lisa erstaunt und rieb sich die Müdigkeit mit ihren kleinen Fäusten aus den Augen. Sie kämpfte gegen den Schlaf, wie auch Raphael. Noch immer verstand sie nicht, wie der schüchterne Familienvater zu so einem Haus gekommen war. Michael konnte nicht viel mehr verdienen als sie.
Die Grübelei ermüdete sie noch zusätzlich, also verwarf Lisa sie einfach mit einem Augenzwinkern.
Der heutige Tag war sehr anstrengend für die Ermittler, Raphael war immer noch darüber erzürnt, dass sie dem Mörder nicht näher gekommen waren. Die Nähe seines Sohnes erfüllte ihn mit Freude und half ihm dabei, sich zu beruhigen.
„Michael, wo bringst du uns hin?“, wiederholte er die Frage seiner Partnerin.
„Zu meinem Freund, der mir noch etwas schuldet.“
„Ist er ein Neurusse?“, sprach Lisa gegen ihren Willen laut aus.
Michael grinste. „Nein, wo denkst du hin?“, entgegnete er belustigt.
Die Garage war leer, stellte Lisa nüchtern fest. Sie musste blinzeln, die Lichter stachen ihr mit ihrem Weiß förmlich die müden Augen aus.
Der Kommissar beugte sich leicht nach vorne. Er schaute durch die Frontscheibe, um die Umgebung zu begutachten. Außer weiß gestrichenen Wänden gab es nichts zu sehen.
„Und was schuldet dir dieser ‚ Freund‘ denn, wenn ich fragen darf?“ Es war Raphael, der sich wieder etwas besser gelaunt in das Gespräch einmischte.
„Ich habe seine Schwiegermutter für tot erklärt, während sie schlief“, sagte Michael verschmitzt.
Beide prusteten los. Kurz, aber herzhaft. Sofort entspannte sich die vor Spannung knisternde Atmosphäre. Lisa wusste aus Michaels Erzählungen, dass sie sich oft im Krieg Witze erzählt hatten. Es half, den Wahnsinn zu überstehen. Er war ein Jahr in Tschetschenien als Feldarzt im Krieg stationiert gewesen.
Sie befanden sich wieder in einem Krieg. ‚Jeder Krieg ist sinnlos‘, fiel ihr der Satz von Michael wieder ein.
**** *
Davids Nerven surrten wie überspannte Saiten einer elektrischen Gitarre. Keiner wusste, wohin sein Chef verschwunden war. Dieter war auf einmal weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Kaum waren sie mit der Arbeit bei dem gekreuzigten und zerstückelten Mann fertig, schon gab es eine weitere Meldung über eine weitere Leiche, es war eine junge Frau. Halb begraben in einem zuvor frisch ausgehobenen Graben. Sie wurde gebrandmarkt. Auf ihrem Rücken und auf der Brust, David wusste nicht, warum der Verrückte auf einmal auf Nummer sicher ging und sein Opfer von vorne und hinten verunstaltete. Es waren drei Zahlen eingebrannt: Sechshundertsechsunsechzig. Mit einem heißen Draht. Solche Geräte benutzte man beim „Holzmalen“, wusste David. Er hatte mal bei einem Stadtfest ein Namensschild für seine Eltern verzieren lassen, dabei roch es herrlich nach Holz. Die Zahlen waren ziemlich tief, so als habe jemand sie zuerst eingeritzt und wäre dann mit dem heißen Draht die
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