Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
hatte. Er zeigte auf eine neun Meter lange, sich elegant im Takt der Wellen auf und ab wiegende Yacht. »Ich hab sie nach meinem ersten Hund benannt.«
Owen zog die Brauen zusammen. Nach seinem ersten Hund ? Der Typ war so seltsam, dass er tatsächlich allmählich zu verstehen begann, warum seine Mutter sich in ihn verliebt hatte.
Sie sprangen aufs Deck, wo drei hagere Crewmitglieder in blauen Poloshirts, auf denen quer über die Brust in goldener Schrift »Sounder« eingestickt war, geschäftig hin und her eilten und Remington eifrig begrüßten.
»Ist das schön, wieder hier zu sein!«, sagte Remington mit funkelnden Augen und führte Owen in die Kajüte. »Hinten in der Kombüse gibt es Bier und ein paar Snacks. Bedien dich«, forderte er ihn auf, bevor er sich mit einem der Männer am Navigationssystem zu schaffen machte.
Owen schaute sich in der Kombüse um und entdeckte Austern, Osietra-Kaviar, Mangos, Rum und Oregon Coast Bier. Wenigstens hatte Remington Geschmack. Owen machte sich eine Dose Bier auf und schwankte in die Kajüte zurück. Vielleicht konnte er ja so tun, als wäre er seekrank.
»Ich liebe es, auf dem Meer unterwegs zu sein«, sagte Remington nach einer Weile, wobei es ihm nichts auszumachen schien, dass Owen ihm kein Bier mitgebracht hatte. Dann trat er aus der Kajüte, bedeutete Owen, ihm zu folgen, und führte ihn zum Heck, wo er zwei Angelruten unter einer Bank hervorzog. »Machen wir’s wie der gute alte Hemingway.«
»Von mir aus«, sagte Owen wenig begeistert. Er konnte es nicht fassen, dass er eine nur mit einem Bikini bekleidete Jack verlassen hatte, um über Hemingway zu plaudern.
Remington reichte ihm eine Angel, an deren Haken bereits ein Köder hing, und setzte sich auf die Bank. »Eigentlich wäre ich gern Schriftsteller geworden. Oder Künstler. Genau das liebe ich so an deiner Mutter. Wenn sie etwas will, dann tut sie es auch.«
»Mhm«, machte Owen, als irgendetwas an seiner Angelschnur zog. Vielleicht ein Hai, der Remington auffressen würde. Seine Familie war sechzehn Jahre lang bestens allein zurechtgekommen. Es hatte ihn nie gestört, dass er keinen Vater hatte – im Gegenteil. Und jetzt kam dieser Typ daher und wollte ihm einen Vortrag über das Leben halten?
»Weißt du, ich dachte schon, ich hätte meine Chance auf das große Glück verpasst. Als deine Mutter und ich uns kennenlernten, waren wir noch so jung und sie sprühte nur so vor Energie und Leben. Aber sie machte mir auch Angst, vor allem weil ich wusste, dass sie mit meinem Job, in dem es ausschließlich ums Geldverdienen ging, auf Dauer nicht klarkommen würde. Also heiratete ich Alison, Laylas Mutter. Sie liebte Geld.« Remington zuckte mit den Achseln und sah aufs Meer hinaus. »Das Problem war nur, dass sie mich nicht liebte.«
»Das tut mir leid«, sagte Owen höflich und nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier. Kiffen war nie wirklich sein Ding gewesen, aber plötzlich wünschte er sich nichts mehr, als total breit zu sein. Er hatte das Gefühl, dass diese Unterhaltung mit einem dicken Joint viel erträglicher wäre.
»Also ließen wir uns scheiden. Danach war ich mit ziemlich vielen Frauen zusammen, und unter uns – ich hab’s in vollen Zügen genossen. Ich hasste meine Arbeit, aber mir gefiel, dass die Frauen auf mich flogen.« Auf einmal spannte sich Remingtons Angelschnur und er sprang auf. »Yeah!«, brüllte er lachend, als hätte er einen Touchdown gemacht, und holte die Schnur routiniert ein. Ein hässlicher bräunlicher Fisch mit stahlgrauen Augen zappelte hilflos am Haken.
»Ein junger Dornhai.« Remington schüttelte bedauernd den Kopf. »Diese Scheißkerle schnappen nach allem, was ihnen vors Maul kommt, vor allem wenn es glänzt. – Da drin sind Handschuhe, reichst du mir die bitte mal?« Er zeigte auf die Bank.
Owen stand auf, klappte die Sitzfläche hoch und kramte ein paar grüne Gummihandschuhe heraus.
»Außerdem muss man höllisch aufpassen, dass sie einen nicht mit ihrer Rückenflosse treffen. Der Dorn darauf sondert Gift ab, das einen ziemlich üblen Ausschlag verursachen kann«, erklärte Remington, während er den Fisch vorsichtig vom Haken nahm und ihn zurück ins Wasser warf. Der kleine Hai schwamm eilig davon.
»Jedenfalls – wo waren wir gerade stehen geblieben?« Er lehnte sich zurück und nahm einen kräftigen Schluck von dem Rum-Punsch, den ihm eines der Crewmitglieder gebracht hatte.
»Dass Dornhaie giftig sind und alles mögen, was glänzt«,
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