Liebe im Gepäck (German Edition)
auch gut. Erster Klasse?«
Franziska schüttelte den Kopf: »Business-Class.«
»Business-Class bin ich schon lange nicht mehr geflogen. Interessant. He!«, er wandte sich an den Mann am Schalter, »Sie brauchen das Ticket nicht zu stornieren. Ich nehme es. Sparen Sie sich also die Mühe, und schreiben Sie es auf mich um.«
»So einfach geht das nicht. Dafür muss ich Gebühren erheben …«
»Dann tun Sie das. Hier ist meine Kreditkarte, hier ist mein Pass.« Es klang ruhig, aber bestimmt.
Der Flughafenbedienstete griff nach dem Pass. »Für Peking brauchen Sie ein Visum, Herr … Herr Gerstenberg.«
Er blätterte achtlos den Pass durch und blieb dann erstaunt an einer Seite hängen: »Sie haben ein Visum für Peking. Für mehrere Einreisen im nächsten halben Jahr. Das nenne ich weise Voraussicht.« Er schüttelte fassungslos den Kopf. »Aber ich weiß nicht, ob es der Dame recht ist, so mir nichts, dir nichts, das Ticket umzuschreiben.«
»Der Dame ist es recht. Wenn ich also bitten dürfte!«, sagte Herr Gerstenberg.
Franziska sah ihn von der Seite an: Ein äußerst gut aussehender Mann. Ein seltsamer Haarschnitt. Ein noch seltsameres Benehmen.
Der Flughafenangestellte war deutlich verunsichert. Dennoch: Auch der bestimmteste Tonfall konnte ihn nicht von seiner korrekten Arbeitsweise abhalten: »Es ist Ihnen recht, Frau … äh … Querulin?«
Franziska beeilte sich, ihm dies zu versichern.
»Gut«, der Mann in Uniform nickte, »ich ziehe die Umbuchungsgebühr ab. Und Sie schulden der Dame …« Er nannte eine beträchtliche Summe.
»Meine Kreditkarte, bitte.« Herr Gerstenberg streckte die Hand aus und winkte mit den Fingern, um die Dringlichkeit seiner Bitte zu unterstreichen.
»Der Automat ist direkt gegenüber. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass Sie einen so hohen Betrag auf einmal abheben können.«
»Wollen wir wetten, dass ich das kann?« Mit einem Grinsen wandte sich der Mann um und steckte die Kreditkarte von Matthias Gerstenberg in sein Portemonnaie. Dafür zückte er sein Gegenstück in Platin. Für Seebersteins Kreditkarte gab es kein Limit.
VI
Sonntag, 20. Juni, 14 Uhr, Sendeanstalt, im Osten der Stadt
Als Harry das Gespräch mit Anuschka abrupt beendet hatte und die Tür hinter sich ins Schloss knallte, war er auf hundertachtzig. Hatte die Frau endgültig den Verstand verloren? Natürlich war es gut, in den Schlagzeilen zu bleiben. Aber man konnte den Bogen auch überspannen. Und genau das hatte Anuschka soeben getan.
Irgendwo hat jeder seine Grenze.
Du bist darüber gestiegen,
dabei wünschte ich, du hättest geschwiegen,
du hättest gedacht, bevor du getan.
Doch auch deine Platte hat nur eine Rille.
Funkstille.
geschrieben von Seeberstein am 20. Juni, 14.03 Uhr
zuerst als annehmbar empfunden und dann doch verworfen
Er war nicht länger gelangweilt. Er war auch nicht verärgert. Nein, er war wütend!
Im Nu war er mit großen Schritten bei den chromblitzenden Aufzugtüren. Zwanzig Mal drückte sein Zeigefinger den Knopf, um den Lift zu holen. Vergebens. Der steckte im fünften Stock und rührte sich nicht.Also machte Harry kurzerhand kehrt, riss die Schwingtür zum Treppenhaus auf und trabte die Treppen hinunter. Er ließ ja viel mit sich machen, aber irgendwo, irgendwann hatte auch seine Engelsgeduld ein Ende. Was hatte er nicht schon alles mitgemacht, nur um Anuschkas Pläne zu erfüllen. Er hatte dämliche Gipseier bemalt für »Prominente färben Ostereier für ein Waisenhaus«. Er hatte sich für den Hochglanzkalender eines Frauenmagazins halb nackt ausgezogen. Er hatte sich bei einem Promi-Gokart-Rennen das Kreuz angeschlagen, sodass er eine Woche kaum gehen konnte. Und er hatte für eine extrem blöde Fotostory für ein Jugendmagazin einen Tag mit zwei hysterischen jungen Mädchen verbracht, die jedesmal nach Luft schnappten, wenn er sie ansprach. Dabei war ein Fotograf vor ihnen hergewieselt, um jede Szene mindestens dreißig Mal zu knipsen. Das alles hatte er getan. Doch in die Wüste würde er sich nicht schicken lassen!
Es war ein ganz schön weiter Weg vom neunten Stock ins Erdgeschoss. Irgendwo zwischen dem vierten und dem dritten Stock blieb er keuchend stehen und blickte sich überrascht um. Er besah sich das nackte Treppenhaus, die weißen Wände strahlten blank und kalt im grellen Neonlicht. Niemand war ihm begegnet. Obwohl das Haus genügend Lifte hatte, stand er da, Deutschlands vor kurzem noch beliebtester Sänger, stand da und schnaufte.
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