Liebe im Gepäck (German Edition)
Ausdruck gebracht zu haben: »Ach, es ist noch immer die alte Geschichte. Was soll ich von einem Mann halten, der mir allen Ernstes erklärt, er wolle drei Kinder von meiner Tochter. Und dies deshalb, weil drei Kinder steuerlich besser absetzbar wären als zwei.«
»Du weißt doch, wie Bertrand ist, Papa. Er denkt, das Finanzamt würde ihn noch in den Ruin treiben. Und wer von uns mag schon das Finanzamt?«
»Das war ja noch nicht alles. Weißt du, aus welchem weiteren Grund dein lieber Bertrand drei Kinder möchte?«, wehrte Heinrich Querulin diese halbherzig vorgebrachte Verteidigungsrede ab, »weil ja immer etwas passieren könnte. Und hat man nur zwei Kinder, steht man plötzlich mit einem Einzelkind da. Und er habe – Achtung, Originalton: – keine Lust, mit fünfzig noch einmal nachzuproduzieren.«
Franziska blieb stehen und schnappte nach Luft: »Hat er nicht gesagt.«
»Und ob er das gesagt hat.«
»Dann hat er es nicht so gemeint. Vielleicht war es ein Sprachproblem, Bertrand ist Franzose …«
Heinrich Querulin lachte auf: »Dein Herr Bertrand spricht ebenso gut deutsch wie du und ich. Immerhin ist seine Mutter Deutsche, und er ist zweisprachig aufgewachsen. Denkst du, das habe ich vergessen?«
»Bertrand hat auch seine guten Seiten.«
»Aber sicher hat er die. Sonst wärt ihr nicht schon so lange ein Paar. Komm, steig ein.« Er öffnete Franziska die Wagentür.
»Natürlich sehe ich ihn noch, bevor ich abfliege«, sagte sie, während sie auf dem Beifahrersitz Platz nahm, »er kommt am Samstag zu uns und bleibt anschließend ein paar Tage in der Stadt. Bertrand will sich nächste Woche einige Wohnungen ansehen. Er hat Termine mit namhaften Immobilienmaklern vereinbart. Wie es scheint, habe ich ihn überzeugt, ganz nach Deutschland zu ziehen. Seine Arbeit kann er von jedem Ort der Welt aus erledigen, wo es einen Internetanschluss gibt. Also auch von hier aus.«
»Wie schön.«
Franziska wandte sich mit einem Ruck ihrem Vater zu: »Papa, ich liebe Bertrand.« Sie merkte selbst, wie trotzig ihre Stimme klang.
»Ich sagte ja: wie schön«, entgegnete ihr Vater ebenso trotzig, beugte sich vor und schaltete das Autoradio ein.
II
Samstag, 19. Juni, 17.30 Uhr, im Nordosten der Stadt
Franziska saß auf ihrem Koffer und versuchte, die Verschlüsse zum Einschnappen zu bringen. Ihre Wangen waren vor Anstrengung gerötet. Einige der dunkelblonden Locken, die sie mit einer Spange locker am Hinterkopf befestigt hatte, hatten sich selbstständig gemacht und fielen ihr über die Augen. Um die Hände nicht vom Koffer lösen zu müssen, blieb ihr nichts anderes übrig, als sie immer wieder aus der Stirn zu pusten. Natürlich hatte sie wieder einmal viel zu viel eingepackt! Dabei war es nur das Allernötigste. Aber für einen Aufenthalt von fast drei Wochen brauchte sie schon so allerlei.
»Na, wer sagt’s denn!« Endlich war es ihr gelungen, die Schnapper ins Schloss zu bewegen und den Koffer fest zu verschließen. Zeit für eine Verschnaufpause. Sie goss frisches Mineralwasser in ihr Glas und schaltete das Radio ein. Gerade klang ein Lied aus. Die letzten Takte der Melodie gefielen ihr. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wer es gesungen hatte. Es war ein deutsches Lied. In Frankreich bekam man deutschsprachige Lieder so gut wie nie zu hören. Da waren selbst schon englischsprachige Songs viel seltener zu hören als hierzulande.
»Ich brauche nicht zu sagen, wer das war, Sie haben es sicherlich erkannt: Das war ›Herzkatheter‹, der wohl größte Hit von Seeberstein. Es wird Zeit, dass der gute Mann mal wieder etwas Neues auf den Markt bringt. Vielleicht sollte er sich diese Dame zum Vorbild nehmen: Madonna!« Nach der nasalen Stimme des Moderators folgte die unverkennbare Stimme von Amerikas Superstar.
Franziska hörte, wie unten die Haustür geöffnet wurde. Ihr Vater war nach Hause gekommen.
Seit ihrer Rückkehr wohnte sie wieder in ihrem alten Jugendzimmer ihres Elternhauses. Natürlich war es in der Zwischenzeit verändert worden. Mutter hatte darin ein Gästezimmer eingerichtet. Mit abgelaugten Holzkommoden und einem Bett im Landhausstil, gestreiften Tapeten in Rosa und Creme und duftigen Blümchenvorhängen. Ganz so, wie es ihr gefiel. Ein Stil, von dem sie wusste, ihre Freundinnen würden ihn »entzückend« finden. Franziska liebte es eher schlicht und sachlich. Dennoch, sie war froh, zu Hause Unterschlupf gefunden zu haben. Und die langen Abende mit Papa am Küchentisch hatten viel dazu
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