Liebe im Gepäck (German Edition)
willst, können wir ja morgen noch einmal vorbeikommen.« Sie ließ sich neben ihm auf den Rücksitz fallen.
Harry beugte sich schnell zu ihr hinüber und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. »Danke«, sagte er schlicht.
Diese vertrauliche Geste freute Franziska. Sie zwinkerte Harry gut gelaunt zu, was ihm seinerseits den Atem verschlug.
Dann hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie bezahlten den Taxifahrer und durchschritten zielsicher die Eingangshalle des Bürogebäudes. Da Franziska den Weg offensichtlich genau kannte, folgte ihr Harry im Eilschritt. Die Frau in der Portierloge hielt sie nicht auf.
Sie bestiegen den Lift, der wie die Halle vollständig mit frisch poliertem, spiegelndem Marmor ausgekleidet war. Auf dem Boden lag ein dicker Teppich mit dem Schriftzug des Wochentages. Er wurde offensichtlich jeden Tag ausgewechselt.
Harry blickte auf die Schilder über der sich schließenden Lifttür und brach in schallendes Gelächter aus. »Siehst du diese Plakette da? Sie soll wohl eine Art TÜV-Überprüfung belegen. Aber in Wirklichkeit ist das nur ein kopierter Zettel. Glaubst du, dass sie nur einen Lift in diesem Gebäudekomplex überprüft und die Prüfplakette dann für alle anderen Lifte kopiert haben?«
Franziska starrte ihn mit großen Augen an: »Na, hoffentlich nicht. Das fehlte mir noch, dass wir jetzt hierim Lift stecken bleiben. Aber es würde gut passen, denn diese Reise ist ja bisher ein einziges Fiasko.«
Harry sagte nichts darauf. Er wollte Franziska nicht beunruhigen.
Sie stiegen im siebten Stock aus, und vor ihnen erstreckte sich ein langer Gang mit schlichten braunen Türen. Neben einer dieser Türen befand sich, leicht zu übersehen, ein schlichtes weißes Schild: »Joe Kaufmann, Agent« stand darauf, sonst nichts.
Franziska klopfte an und trat ein.
Sie standen in einem Großraumbüro, in dem hinter diversen Raumteilern mindestens acht Schreibtische Platz fanden. Einer der Schreibtische war noch besetzt. Die übrigen Mitarbeiter waren anscheinend schon nach Hause gegangen. Die Frau, die hinter dem Schreibtisch saß, war Franziska nicht bekannt.
»Nihao«, grüßte Franziska. Es war das einzige chinesische Wort, das sie kannte, und es bedeutete so viel wie »Guten Tag«.
Die Chinesin hinter dem Schreibtisch stand auf und kam näher, um die Besucher zu begrüßen: »Nihao«, sagte auch sie, um dann mit einem Redeschwall in Chinesisch fortzufahren.
Franziska schüttelte den Kopf. »Can I speak to Mr. Kaufmann?«
Die Chinesin bedauerte mit einem weiteren Wortschwall, diesmal auf Englisch vorgebracht. Mister Kaufmann habe eben das Büro verlassen. Er sei hier gewesen mit einem fremden Herrn, doch nun seien beide zum Abendessen gegangen. Mister Kaufmann würde an diesem Tag nicht mehr ins Büro kommen. Nein, sie wisse auch nicht, wann er morgen wiederkäme, da er mit diesemHerrn noch einige wichtige geschäftliche Termine wahrzunehmen hätte.
Franziska seufzte. Sie hatte das nicht anders erwartet. Und wie würde sie nun an ihren Koffer kommen?
Tatsächlich erwies sich das aber als einfacher, als sie befürchtet hatte. Denn als sie sich im Büro umschaute, sah sie ihren Koffer dastehen, direkt neben dem Eingang, so als hätte ihn jemand achtlos dort abgestellt. Es war ohne Zweifel ihr Koffer. Schlicht und schwarz. Von außen war nicht zu erkennen, welches Wunderwerk der Technik sich in ihm verbarg.
Und dann folgte sie einem plötzlichen Geistesblitz. Sie verabschiedete sich freundlich von der Chinesin, dankte ihr für die Auskunft, und während sich die Frau bereits umwandte, um sich zu ihrem Schreibtisch zu begeben, schnappte Franziska ihren Koffer und trug ihn, so als sei es eine Selbstverständlichkeit, aus dem Büro hinaus. Dann eilte sie mit großen Schritten zum Lift.
Harry folgte ihr eilig und grinste über das ganze Gesicht: »Hast du gerade deinen eigenen Koffer gestohlen?«, erkundigte er sich lachend.
Franziska stimmte in sein Lachen ein. »Du wolltest ihn doch sehen.«
Der Lift öffnete lautlos seine Edelstahltüren, die beiden traten, noch immer lachend, ein. Und dann fielen sie sich vor Freude um den Hals und küssten sich. Es war nur ein kleiner Kuss, na ja, ein mittlerer Kuss. Ein enges Aneinanderdrücken, ein Öffnen der Lippen, ein kurzes Umkreisen der Zungen. Und dann ließen sie sich abrupt wieder los.
Sie hatten doch gar nicht vorgehabt, sich zu küssen! Sie hatten doch gar nicht vor, so viel Nähe zwischensich zuzulassen! Wie war das bloß geschehen? Warum
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