Liebe im Spiel
Designerin namens Clare Seal. Clare verdiente ihr tägliches Brot mit dem Entwerfen der »Außergewöhnliches«-Kollektion einer wohlbekannten Ladenkette, aber sie sah sich als die Madame Grès des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Für Roshan war diese Vision so heilig wie für die Geistlichkeit die göttliche Berufung. Er hatte einen Artikel über ihre Abschlussfeier in St. Martin’s geschrieben. Das war zwar hilfreich gewesen, aber ihre Kleider mussten auch an den Wunderschönen und Privilegierten gesehen werden.
Er hatte Rufa und Nancy mit in ihren verstaubten Loft am Hoxton-Ende der City Road genommen. Als sie Nancy und Rufa sah und erkannte, dass Roshan wegen ihres Aussehens nicht übertrieben hatte, bot sie ihnen an, ihnen so viele Kleider auszuleihen, wie sie brauchten, im Gegenzug für Fotos auf Roshans Modeseiten und eine Erwähnung im Abdruck. Es war so leicht gewesen.
Rufa hatte sich Sorgen darum gemacht, dass sie Clare vielleicht ausnutzten, und war sich nicht sicher, dass sie für sich selbst ein solches Kleid ausgesucht hätte, wie sie es nun trug. Clare und Roshan hatten auf einem langen, schlichten Etuikleid aus schwerem, bronzefarbenen Seidensamt bestanden. Es hatte einen merkwürdigen Schnitt, ein wenig wie ein mittelalterliches Gewand. Sie musste jedoch zugeben, dass die Farbe wunderbar zu ihrem Haar passte, das Roshan sie offen und ungeschmückt tragen ließ.
Nancys lange, wilde rote Locken hatte er im Nacken zu einem glatten Knoten geschlungen. Ihr Gewand bestand aus tiefgelbem Seidencrèpe, mit hohem Ausschnitt und Schwalbenschwanzrock der dreißiger Jahre. Rufa fand, dass sie sensationell aussah – sie wunderte sich ständig über Nancys Potenzial zur erstrangigen Schönheit. Vielleicht, dachte sie, würde der hochnäsige Earl es vorziehen, ihre Schwester zur Countess zu machen. Sie hoffte jedoch, dass das nicht bedeutete, dass sie selbst Tiger Durward an Land ziehen müsste.
Clare hatte noch zwei mit Samt gesäumte Abendmäntel aus Taft beigesteuert – dunkelbraun für Rufa, schwarz für Nancy –, und Roshan hatte zwei Paar Satinpumps beigetragen, die bei Anello und Davide in passenden Farben eingefärbt wurden.
Rufa lächelte ihm herzlich zu. »Du warst so nett zu uns, Roshan. Ohne dich hätten wir das alles gar nicht geschafft.«
»Gott, nein«, bestätigte Nancy. »Wir sind nur zwei ahnungslose Mädels vom Lande. Es war für uns ein Glückstag, als Wendy mit Yoga angefangen hat.«
Roshan strahlte. »Ihr braucht mir nicht zu danken – ihr beide erfüllt alle meine Phantasien über Anziehpuppen, die ich als Kind immer unterdrücken musste.«
Nancy nahm eine Rolle Polo-Pfefferminz aus ihrer ansonsten leeren Abendtasche. »Wäre es nicht perfekt, wenn wir für dich nebenbei auch noch eine kleine Romanze auftrieben?«
Sein Lächeln wurde traurig. »Ich habe Romanzen aufgegeben. Rufas Annäherung ist die richtige – eine Vernunftverbindung oder gar nichts.« Er schaute bedeutungsvoll zu Rufa. Beiden hatten verheiratete Männer das Herz gebrochen. Roshan hatte die traurige Geschichte von Jonathan gehört und seine Geschichte von dem Anwalt aus Epsom erzählt, der beschlossen hatte, in seiner bequemen, kleinstädtischen Abgeschiedenheit zu bleiben. Sie waren sich einig, dass ein gebrochenes Herz eine Entschuldigung dafür war, Leidenschaft zu meiden.
Das Taxi fuhr um die Ecke des Platzes. Sie kamen der Eingangstür näher. Rufa beobachtete, wie die Leute aus den Wagen vor ihnen auf das Pflaster traten, in geselligen Gruppen neben den Geländern standen und dann ins Haus schlenderten. »Steigen wir aus und schlendern herum – wir sollten üben, dazuzugehören.«
Roshan bezahlte den Fahrer und half den beiden Mädels galant hinaus. Es war kalt, und ihre Abendmäntel waren dünn. Rufa, die bemerkte, wie eine ältere, in Pelze gehüllte Frau sie neugierig betrachtete, bemühte sich, den Anschein zu erwecken, als wäre ihr warm. Roshan trottete voraus, auf die gedrängten Menschen im Portal zu, um die Gegebenheiten auszuspionieren. Bald kam er eilig und aufgeregt zurück.
»Es ist entsetzlich … o Gott … keine Panik …«
Nancy tätschelte seine Schulter. »Beruhige dich, Schätzchen. Was ist los?«
»Sie überprüfen die Einladungen, unmittelbar hinter den beiden Bullen mit den flammenden Schwertern.« Roshan nahm sein Handy aus der Tasche und gab eine Nummer ein. »Warum hat diese idiotische Hermione das nicht erwähnt? Ich komme rein, aber ihr beide … hallo, Max?« Max, in
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