Liebe im Spiel
niemand wusste, wo er war. Rufa fühlte sich miserabel deswegen. Sie vermisste seine tröstliche Gegenwart schmerzlich und hasste sich dafür, das Sicherheitsnetz der Familie zerstört zu haben. Alles hing jetzt vom Hochzeitsspiel ab. Wenn Adrian sie nicht heiratete – was sollte dann aus ihnen allen werden?
Um halb sechs platzte Polly wieder in die Küche, gerade als sich Rufa mit einer Tasse Tee auf einem Stuhl niedergelassen hatte.
»Da ist ein Mann, der dich sprechen will – und offen gesagt wünschte ich, er wollte mich sprechen, weil er ein ziemlich toller Typ ist. Er sagt, er sei dein Pate.«
»Edward?« Rufa stellte ihre Tasse unbeholfen ab, sodass Tee auf die Untertasse schwappte. »Oh, tut mir Leid …« Sie nahm den verschütteten Tee mit einem Küchentuch auf. »Hättest du etwas dagegen, wenn ich …«
Sie hatte den Teil, dass Edward ein »toller Typ« sei, nicht registriert. Sie konnte nur denken, dass er das Kriegsbeil begraben haben musste, weil in Melismate irgendein schreckliches Unheil geschehen war. Sie drängte an Polly vorbei in den Salon.
»Hallo«, sagte Edward. Er kam zu ihr herüber und gab ihr feierlich einen leichten Kuss auf die Stirn. »O Gott – du bist käsebleich. Ich bringe keine schlechten Nachrichten, in Ordnung?«
Die Verwandlung war außerordentlich. Rufa war sprachlos, und plötzlich befangen. Sie hatte den gut aussehenden Fremden im dunklen Anzug den Bruchteil einer Sekunde lang nicht erkannt. Sie konnte wohl kaum vor Polly fortfahren, hatte aber nicht das Gefühl, diesen Mann auf die übliche Edward-Art behandeln zu können – was sollte sie also tun? Sie schaute unbehaglich zu Polly, die wie durch ein Wunder entspannt wirkte und lächelte.
Edward legte eine Hand auf Rufas Schulter. »Polly, darf ich sie Ihnen eine halbe Stunde entführen? Wir müssen reden.«
»Oh, ich fürchte, ich muss noch …«
Polly lächelte weiterhin. »Sei nicht töricht, es ist noch unheimlich viel Zeit.«
»Wir gehen nur in den Coffeeshop auf der anderen Straßenseite«, sagte Edward. »Kommen Sie hinüber und stauchen mich zusammen, wenn ich sie zu lange fern halte.«
»Unsinn, ich werde nichts dergleichen tun. Sie müssen bald wiederkommen, wenn Berry hier ist – ich weiß, dass er Sie gerne wiedersehen würde.« Polly nahm Rufa kichernd das Küchentuch aus der Hand. »Rufa, nimm deine Schürze ab – die Nachbarn werden mich noch für eine Sklaventreiberin halten!«
Rufa hatte sich nicht eingestanden, wie bekümmert sie ohne Edward gewesen war. Die Erleichterung, ihn wiederzusehen, überwog fast ihr Erstaunen darüber, dass er so verwirrend gut aussehen konnte. Es war wunderbar, sich von ihm über die Straße und in den Coffeeshop führen zu lassen. Sie setzten sich hin und sahen einander ernst an.
Plötzlich lachte Edward. »Komm schon, sag es.«
»Du siehst ohne Bart phantastisch aus«, sagte sie lächelnd. »Ich hätte dich fast nicht erkannt.«
»Hmm. Ist das gut oder schlecht?«
»Ich sagte ›fast‹. Du kannst dich nicht so leicht tarnen.« Sie starrte sein rasiertes Gesicht an und versuchte, sein Alter zu schätzen. Er konnte nicht älter als Anfang vierzig sein, wie sie erkannte. Der ewig jugendliche große Mann war deutlich älter gewesen als sein bester Freund. »Vermisst du ihn? Fühlt sich dein Gesicht ohne ihn nackt an?«
»Es fühlt sich ein wenig kalt an«, sagte er. »Aber es war an der Zeit, ihn loszuwerden. Ich hatte ihn damals nur wachsen lassen, um zu sehen, ob er mir stand.«
Eine Kellnerin trat an den Tisch. Edward bestellte für sie beide große Tassen Tee und Blaubeer-Muffins.
»Es tut mir Leid«, sagte er. »Ich hätte dich zuerst fragen sollen. Aber ich erkenne, dass du Hunger hast, auch wenn du es selbst nicht merkst. Du siehst verdammt erschöpft aus. Was, um alles in der Welt, hast du gemacht?«
Er hatte Recht, Rufa war erschöpft. »Dies ist meine dritte Dinnerparty in vier Tagen«, sagte sie. »Polly war so freundlich, mich ihren Freunden zu empfehlen. Sie hat Millionen davon, und sie leben anscheinend alle eine fortwährende Dinnerparty.«
Die Muffins kamen und dufteten köstlich nach Vanille. Rufa mochte es, wenn Edward sich um sie kümmerte.
Er sagte: »Nancy hat sich ihre Arbeit wohl danach ausgesucht, wie sie Berry am besten den Kopf verdrehen kann. Aber Miss Polly Muir scheint mir die absolute Expertin für euer Hochzeitsspiel zu sein.«
»Das sage ich ihr auch immer.« Rufa war erleichtert – und überrascht – wie
Weitere Kostenlose Bücher