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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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Er hatte sich nicht lumpen lassen.
    »Das College war meine Fluchtmöglichkeit«, verkündete er. »Meine Fahrkarte, um da wegzukommen.«
    Inzwischen sprach nur noch Hugh. Offenbar war Bruno mit der Rolle des Zuhörers zufrieden.
    »Ich habe zehn Jahre für meinen Abschluss gebraucht, weil ich jedes zweite Jahr pausieren musste, um Geld für die Studiengebühren zu verdienen. In meiner Zeit war ein Medizinstudium noch ein Privileg der Oberschicht. Soweit ich weiß, hat sich daran nicht viel geändert.«
    Er hielt inne, um ein Stück Hähnchen zu essen, griff nach seinem Glas und trank einen großen Schluck Wein.
    »Jemanden wie mich hatten die noch nie gesehen. Als ich dort ankam, hatte ich noch Morast an den Gummistiefeln. Die Jungs aus Dublin hatten Mitleid mit mir und luden mich zu sich nach Hause zum Essen ein. Offenbar machte ich den Eindruck, als könnte ich eine ordentliche Mahlzeit vertragen.«
    Addie betrachtete ihn erstaunt. Wenn Hugh plötzlich gestanden hätte, dass er Serbokroatisch sprach, hätte sie nicht verwunderter sein können. Diese Seite kannte sie gar nicht an ihm. Er erzählte tatsächlich etwas von sich.
    »Sie waren alle Arztsöhne«, fuhr er fort. »Und die meisten waren sogar Enkel von Ärzten.«
    Er aß noch einen Bissen von dem Hähnchen.
    »Ich war noch nie zuvor einem Arzt begegnet. Als Kind war ich ein einziges Mal krank, da wurde der Tierarzt gerufen.«
    Bruno lachte. Doch Addie war sich nicht so sicher, dass es ein Scherz gewesen war.
    Ein bisschen wie in
Die Asche meiner Mutter
hätte sie beinahe gesagt, aber sie verkniff es sich. Stattdessen rutschte ihr eine Frage heraus, die sie am liebsten sofort wieder zurückgenommen hätte.
    »Ich dachte immer, dein Vater sei Schiffsarzt gewesen?«
    Sie hörte, wie ihre eigene Stimme ihr in den Ohren hallte.
    »Mein Kind«, erwiderte er mit einem herablassenden Schnauben. »Bist du denn wirklich noch nicht dahintergekommen? Einen Schiffsarzt gab es nie. Wie viele Schiffe legen deiner Ansicht nach in Navan an?«
     
    Als es später wurde, holte Hugh die Whiskeykaraffe. Er und Bruno unterhielten sich über Gedichte. Bruno sprach über Robert Frost und Wallace Stevens und stellte Hugh eine Frage zu Yeats.
    »Yeats kann man vergessen«, entgegnete Hugh wegwerfend. »Wenn du Irland besser verstehen willst, musst du Kavanagh lesen. Oder noch besser Padraic Colum.«
    Und er fing an, ihn zu zitieren. Addie konnte nicht fassen, wie viel schauspielerisches Talent er hatte. Er hätte zur Bühne gehen können.
    »O! Strong men with your best,
    I would strive breast to breast
    I could quiet your herds,
    With my words, with my words.«
    Das gibt’s doch nicht, dachte Addie. Ich hätte nie vermutet, dass er sich für Gedichte interessiert.

[home]
    Kapitel 31
    S eine Mutter war nicht verheiratet. Wusstest du das nicht?«
    Sie saßen an Dellas Küchentisch vor einer Kanne Kamillentee. Della nahm die Kanne mit beiden Händen und goss die dampfende gelbe Flüssigkeit in ihre Tassen.
    »Neue Tassen?«, erkundigte sich Addie.
    »Weihnachtsgeschenk von Simons Mutter. Sie hat gehört, dass die Firma in Konkurs geht, und ist sofort in die Stadt gerast, um sämtliche Bestände aufzukaufen.«
    »Und wir haben immer geglaubt, dass nur unsere Familie komisch ist.«
    »Schon gut.«
    »Also?«
    »Also was?«
    »Mich wundert, dass du nicht überrascht bist.«
    »Ach, Addie, komm schon. Dass es in seiner Vergangenheit ein Geheimnis gibt, war doch immer klar. Er schämt sich seiner Herkunft. Warum, glaubst du, redet er nie über seine Familie und hat uns nie mitgenommen, um sie zu besuchen?«
    Manchmal schlägt Della einen Tonfall an, als sei ihr Gegenüber geistig zurückgeblieben.
    »Auf diesen Gedanken wäre ich nie gekommen«, meinte Addie erstaunt.
    »Er hat einen Komplex so groß wie ein Haus.«
    Addie wird schon vom Zuhören schwindelig. Woher hat Della diese Informationen?
    Addie erinnert sich an den Sommer, als sie mit Interrail herumgereist ist. Mit ein paar Freundinnen aus dem College ist sie einen Monat lang mit dem Zug durch ganz Europa gefahren. Das taten damals alle. Ein überfrachteter Reiseplan, bei dem man versuchte, so viel zu sehen, dass man schließlich gar nichts sah. Die Fahrerei ermüdete Addie derart, dass sie ständig im Zug einnickte. Einmal wachte sie am späten Nachmittag auf, um festzustellen, dass sie Belgien verschlafen hatte. Ein ganzes Land war an ihr vorbeigeglitten, ohne dass sie es bemerkt hätte.
    Jetzt fühlt sie sich wieder

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