Liebe im Zeichen des Nordlichts
Augen, wie die Kapelle an Deck spielte, während die Titanic im Meer versank.
Als es schließlich geschah, stritten die Leute, wann genau die Blase tatsächlich geplatzt war. Einige sagten, Waterford Crystal habe den Anfang gemacht. Als sie gehört hätten, dass Waterford Crystal insolvent sei, hätten sie gewusst, dass alles aus war. Andere beharrten darauf, der Niedergang von Dell hätte die Totenglocke geläutet. Ein Mann rief sogar bei einem Radiosender an und behauptete, an seinem Orangenbaum sei gerade eine Zitrone gewachsen.
Doch damals, als Addie und Bruno sich kennenlernten und zum ersten Mal miteinander ausgingen, war all das noch Zukunftsmusik. Die Anzeichen waren zwar schon sichtbar, aber niemand wollte sie zur Kenntnis nehmen. Jeden Tag brachten die Medien neue Meldungen über Stellenstreichungen, fallende Immobilienpreise und krisengebeutelte Banken. Alle hielten den Zusammenbruch für unausweichlich, sie wollten es nur noch nicht glauben.
In jenen Scheuklappenwochen im Weihnachtsendspurt war die Krise noch nichts weiter als ein Zug, der sich auf den Gleisen näherte. Man konnte zwar die Lichter schon sehen und auch das Surren hören, während er auf einen zukam. Doch man verharrte weiterhin wie angewurzelt auf der Stelle und fragte sich, ob er wirklich eintreffen würde. Vielleicht würde er ja stehen bleiben, bevor er einen erreichte. Oder er würde auf ein Nebengleis abbiegen und einfach an einem vorbeifahren.
Bis der Zug tatsächlich da war und einen überrollte, konnte man ja noch Hoffnung haben.
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Kapitel 14
E s war von Anfang an sehr romantisch.
Sie küssten sich viel und hielten ständig Händchen. Sie führten endlose Gespräche. Sie lachten. Mein Gott, wie sie einander zum Lachen brachten. Es hatte etwas Unschuldiges an sich, fast wie bei einer Sandkastenliebe. Wer die beiden und Lola während jener ersten Woche zusammen erlebte, musste sie für eine Familie halten. Sie bewegten sich im Gleichtakt und wirkten, als seien sie schon seit einer Ewigkeit zusammen.
Jede Nacht schliefen sie eng umschlungen ein. Und wachten am nächsten Morgen in derselben Körperhaltung auf. Niemand tat so, als ginge es nur um Sex.
Die kompliziertesten Dinge, die Dinge, die in anderen Beziehungen ein Minenfeld bedeuteten, waren für sie einfach nur Gesprächsthemen. Dinge, über die man reden konnte.
»Warst du je schwanger?«, erkundigte er sich.
Selbst damals fand Addie diese Frage sehr sonderbar. Und gleichzeitig sehr wichtig, wenn man eine Frau verstehen wollte.
An ihrem dritten gemeinsamen Abend, einem Sonntag, blieben sie zu Hause, um ihren Kater zu pflegen. Sie zündeten den Gaskamin an und machten es sich auf dem Sofa gemütlich. Der Fernseher lief zwar, aber sie schauten eigentlich nicht richtig hin. Der Film handelte von einer schwangeren Polizistin. Sie kannten ihn beide schon.
»Warst du je schwanger?«, wollte er wissen. So, als fragte man jemanden, ob er je in Frankreich gewesen sei.
»Ja«, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen.
Sie starrte auf den Fernseher. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie sie dasaß, einen Fuß auf dem Sofa, den anderen untergeschlagen. Sie hatte das Gefühl, sich nicht bewegen zu dürfen, so als sei gerade ein gefährliches Tier ins Zimmer geschlichen.
»Kein Baby?«, hakte er nach.
»Kein Baby.«
»Ich auch nicht«, erwiderte er. »Keine Babys.« Mit diesen Worten schien das Thema für ihn erledigt.
Sie hätte es dabei belassen können, doch das wollte sie nicht.
»Es ist nicht so, wie du glaubst«, sagte sie und drehte sich langsam zu ihm um.
»Ich glaube gar nichts.«
»Es war eine Eileiterschwangerschaft. Weißt du, was das ist?«
»So ungefähr«, antwortete er, was nein bedeutete.
»Das heißt, das Baby bleibt im Eileiter hängen. Die Folgen sind unangenehm.« Sie holte tief Luft und sprach weiter. »Wahrscheinlich kann ich keine Kinder mehr kriegen.«
Sie versuchte, es so klingen zu lassen, als ob ihr das nichts ausmachte und ihn auch nicht beträfe. Doch die Art, wie er sie bei diesen Worten anblickte, rührte sie zu Tränen.
Ruckartig wandte sie sich ab, sah statt Bruno den Fernseher an und drängte die Tränen zurück. So lange hatte sie es beiseitegeschoben und sich eingeredet, dass es nicht weiter wichtig war. Gut, sie war auch niemandem begegnet, mit dem sie Kinder hätte haben wollen, das hatte sie sich wenigstens gesagt. Aber nachdem sie es nun laut ausgesprochen und seine Reaktion erlebt hatte, wurde es plötzlich doch
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