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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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anschauen, was nicht oft geschieht, hat ihr Dad die Angewohnheit, sie zu überspringen. »Das da links bin ich«, sagt er dann. »Und dieser Bursche war ein Studienkollege von mir. Herrje, wie hieß er noch mal? Gleich fällt es mir wieder ein. Und das da rechts ist Maura. Man erkennt sie kaum wieder, damals sah sie nicht schlecht aus.«
    Und sie übergeht er auf dem Foto einfach, und zwar ohne ins Stocken zu geraten. Er erwähnt sie nicht einmal, als hätte es sie nie gegeben. Das ist ein wirklich seltsames Verhalten.
    »Ihr müsst verstehen«, meint Maura, »dass euer Vater ein sehr spezieller Mensch ist. Aber das heißt nicht, dass er sie nicht geliebt hat. Er hat sie wirklich geliebt, und jetzt weiß er nicht, wohin mit all der Liebe.«
    Maura kannte ihn gut, weil sie zusammen auf dem College waren. Er hat sich auf Chirurgie spezialisiert, sie auf Psychiatrie. »Vollkommen verrückt«, verkündet Hugh, »so wie alle Seelenklempner.«
    Natürlich ist sie alles andere als verrückt, sondern ausgesprochen vernünftig. Für Addie und Della ist sie ein unerschöpflicher Quell der Weisheit.
    »Eure Mutter hat beschlossen, euren Vater zu heiraten, weil es ihr gefiel, wie er sich zwischen den Zehen abgetrocknet hat.«
    Das hat Maura ihnen erzählt. Diese Geschichte hat sie im Laufe der Jahre unzählige Male wiederholt. Sie wollen sie immer wieder hören.
    »Eines Tages gingen wir schwimmen, es war ein traumhafter Sommertag, und wir hatten die Prüfungen hinter uns. Also sind wir zum Strand von Portmarnock gefahren. Und nach dem Schwimmen hat dein Dad sich hingesetzt und sich zwischen den Zehen abgetrocknet. Eure Mutter war davon sehr beeindruckt. Sie sagte immer, sie habe in diesem Moment beschlossen, ihn zu heiraten, weil ihr klargeworden sei, dass er die Dinge immer systematisch angehen würde.«
    Nun wartet Addie auf ein ähnliches Zeichen von Bruno. Sie hofft auf einen Moment der Klarheit.
    Sie ist nicht sicher, ob es die Angelegenheit erschwert oder erleichtert, dass er Ausländer ist. Seine Aussprache ist ein Problem für sie; es gefällt ihr nicht, wie er die Wörter betont, wie er manche Silben hervorhebt. Doch eigentlich ist das nicht weiter wichtig und kann nicht unbedingt als strafbar bezeichnet werden.
    Andererseits ist er sehr redegewandt. Er stottert und stammelt nicht und drückt sich präzise aus. Seine Formulierungen sind glasklar, und das spricht sie an. Er legt sich seine Worte sorgfältig zurecht.
    »Obama hat Stil«, sagt er. »Das ist für mich bei einem Menschen die wichtigste Eigenschaft. Alle interessanten Menschen haben Stil.«
    Allmählich findet Addie, dass Bruno auch Stil hat. Es ist die Art, wie er beim Gehen den Oberkörper nach vorne neigt und die Füße nachzieht wie ein Jugendlicher. Sein Kopf ist zu groß für seinen Körper, doch seine Bewegungen strahlen Aufrichtigkeit und Bescheidenheit aus. Auch Höflichkeit, wenn er die Hand beim Überqueren einer Straße leicht hinter ihren Rücken hält, als wolle er sie führen. Es liegt auch an seiner Art zu sprechen, seiner bedächtigen Art, Sätze zu konstruieren. Und wenn er mit leicht geneigtem Kopf aufmerksam zuhört, fühlt man sich unbeschreiblich geschmeichelt.
    Sind das die Zeichen, nach denen sie Ausschau hält? Addie weiß es nicht; sie traut ihrem eigenen Urteilsvermögen nicht mehr.
     
    »Erster Eindruck«, sagt Della.
    »Ach, lassen wir das lieber.«
    »Komm schon, erzähl mir einfach, was dir als Erstes eingefallen ist.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich dir das verraten will, denn es wird deine Einstellung zu ihm für immer prägen.«
    »Nein, wird es nicht. Ein erster Eindruck ist nur ein erster Eindruck.«
    Addie kochte Tee. Sie hatte zwei Tassen mit heißem Wasser gefüllt und ließ nun Teebeutel darüber baumeln, indem sie sie eintauchte und an den Schnüren wieder hochzog. Eine dicke Wolke Pfefferminzdampf stieg zwischen ihnen auf.
    Della beugte sich über den Tisch. Sie trug ein enges weißes T-Shirt. WOHER SOLL ICH DAS WISSEN ?, stand in großen schwarzen Buchstaben darauf.
    »Warum das T-Shirt?«, erkundigte sich Addie.
    »Oh, das habe ich im Internet bestellt. Damit ich es nicht ständig wiederholen muss. Die fragen mir nämlich Löcher in den Bauch.«
    Ungeduldig kam sie auf ihr ursprüngliches Thema zurück.
    »Raus mit der Sprache«, sagte sie. »Erster Eindruck. Spuck’s aus.«
    »Okay, okay, ich habe an Ignatius J. Reilly mit seiner grünen Jägermütze aus
Confederacy of Dunces
gedacht. Schwöre, dass du ihm das

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