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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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gewesen? 1972 , vermutete Bruno. Also im ersten Sommer, in dem er bei seinem Vater gearbeitet hatte. Er schrieb das Datum in sein Notizbuch und setzte ein Fragezeichen dahinter.
    Der Ahnenforscher redete immer noch. Bruno zwang sich, in die Gegenwart zurückzukehren.
    »Haben Sie alte Familienfotos mitgebracht? Die können von unschätzbarem Wert sein, insbesondere, wenn sie datiert sind. Häufig haben die Leute auf die Rückseite auch Namen notiert. Das könnte den Durchbruch bringen!«
    Bruno nahm das Foto aus dem Notizbuch und schob es über den Tisch.
    In der Mitte stand sein Vater und blinzelte in die Kamera. Seine Schwester Nora war neben ihm. Es waren noch drei weitere Frauen abgebildet, zwei neben Brunos Vater, die dritte auf Noras anderer Seite. Alle hatten die Arme umeinandergelegt, vielleicht hatte so ja die Anweisung gelautet, damit auch jeder aufs Bild passte. Die Frauen trugen Sommerkleider, ihre Mienen waren ernst. Man merkte ihnen an, dass sie es nicht gewohnt waren, fotografiert zu werden. Die starke Familienähnlichkeit war unverkennbar. Alle hatten die gleichen hellen Augen und die gleichen offenen runden Gesichter. Außerdem hatten sie die gleiche steife Körperhaltung und zogen verlegen die Schultern hoch.
    Der Ahnenforscher sah sich das Foto nicht einmal an, sondern drehte es sofort um und betrachtete die Rückseite.
    Jemand hatte ein Datum vermerkt, ordentlich und mit einer wässrig blauen, im Laufe der Jahre verblassten Tinte. Er wünschte, die Namen wären ebenfalls aufgeschrieben worden.
    Es waren Cousinen seines Vaters, so viel wusste Bruno. Eine Familie von Cousinen. Eine von ihnen musste Hughs Mutter sein, doch Bruno war nicht sicher, welche.
    »Kitty war die Hübscheste«, pflegte Nora immer zu sagen. »Sie war die Familienschönheit, und alle Jungs waren hinter ihr her.«
    Das wiederum erinnerte ihn an ein altes Lied, das sein Vater oft gesungen hatte.
She is handsome, she is pretty, she is the belle of Belfast city.
Bruno hatte sich Kitty immer wie das Mädchen in diesem Lied vorstellt. Doch als er nun das Foto musterte, konnte er nicht feststellen, wer sie war, denn seiner Ansicht nach waren sie alle attraktive Frauen.
    »Ich schlage vor, dass Sie alles aufschreiben, was Ihnen sonst noch einfällt«, sagte der Ahnenforscher und gab ihm das Foto zurück. »Und dann fangen Sie an zu suchen.«
     
    Bruno trat aus den heiligen Hallen der Bibliothek in ein unbeschreibliches Getöse hinaus.
    Draußen hatte sich eine Menschenmenge versammelt und hielt offenbar eine Demonstration ab. Die Leute hatten auf dem Gehweg und der Straße vor dem Parlamentsgebäude Posten bezogen. Als Bruno stehen blieb und sich umsah, kam jemand auf ihn zu und überreichte ihm ein Flugblatt. Er senkte den Blick, um es zu lesen.
    KEINE BANKENRETTUNG ! Darauf folgte eine Reihe von Fragen in einer kleineren Schrift. Warum sollen wir für ein Jahrzehnt der Gier bezahlen? Haben unsere Vorfahren dafür ihr Leben gelassen?
    Bruno schaute sich noch einmal um.
    Einige der Demonstranten trugen Transparente, auf denen ähnliche Botschaften standen. Die Atmosphäre war erstaunlich locker. Die Demonstranten bildeten kleine Grüppchen und unterhielten sich friedlich. Einige plauderten sogar mit den Polizisten, die am Tor Wache hielten. Vorbeifahrende Autofahrer hupten. Eine Frau mit Aktenkoffer schob sich durch die Menge, die ihr Platz machte. Sie schlüpfte durch einen Seiteneingang hinein.
    Plötzlich wurde Bruno wieder klar, wo er sich befand. Er stellte fest, dass er noch immer, das Flugblatt in der Hand, an Ort und Stelle verharrte. Um ihn herum waberten Verkehrslärm und stickige Luft, und er fühlte sich, als hätte er getrunken. Als er auf der anderen Straßenseite ein Hotel entdeckte, flüchtete er sich hinein. Er schob die Türen auf und ließ sich in der Hotelhalle in einen Sessel sinken. Nachdem er ein Kännchen Kaffee und ein Schinkensandwich bestellt hatte, nahm er das Notizbuch aus dem Rucksack, legte es vor sich auf den Tisch und schlug es auf.
    Ihm gingen so viele Dinge im Kopf herum, dass er einfach keine Ordnung hineinbrachte, und er befürchtete, dass sie ihm entgleiten könnten, wenn er sie nicht aufschrieb. Der Stift wollte sich nicht schnell genug bewegen, und seine Hand jagte über Seiten, um mit den Gedanken Schritt zu halten.
    Gesprächsfetzen, unzusammenhängende Sätze. Bruno war so sicher, wie man nur sein konnte, dass er sich wortwörtlich an sie erinnerte. Er wäre nie in der Lage gewesen, die ganz

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