Liebe im Zeichen des Nordlichts
und der Lehrauftrag am Royal College of Surgeons, ganz zu schweigen von altmodischen Prinzipien wie Loyalität und Kollegialität? Inzwischen wurde das Krankenhaus von Paragraphenreitern geleitet, von Erbsenzählern in Anzügen von Marks and Spencer. Sie würden nicht zögern, ihn vor die Tür zu setzen.
Darüber wollte er seine Anwälte informieren. Sie sollten wissen, woran sie waren. Sie mussten verstehen, dass ihnen ein harter Kampf bevorstand. Ein Mann gegen den Rest der Welt.
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Kapitel 19
B is zur Wahl waren es noch zwei Wochen, und überall wurde über nichts anderes mehr gesprochen. Es war, als ginge die ganze Welt zur Wahl.
Und dabei hatte Bruno geglaubt, sich dem Rummel durch seine Irlandreise entziehen zu können. Er hatte sich schon gefragt, ob es überhaupt möglich sein würde, die Ereignisse im Auge zu behalten, und ob die hiesige Presse darüber berichten würde.
Diese Sorge hätte er sich sparen können.
Alle schienen Obama zu unterstützen. Obama hätte hier ein Heimspiel gehabt. Sie hatten ihn bereits als einen der ihren aufgenommen. Eine Band, von der noch nie ein Mensch gehört hatte, hatte sogar ein Lied über ihn aufgenommen: »Niemand ist so irisch wie Barack O’Bama.« Es war bei YouTube ein Riesenerfolg.
»Es ist so peinlich«, sagte Addie. »Man möchte meinen, dass wir genug Anstand haben, uns nicht einzumischen.«
Aber Bruno war begeistert. »Wenn ihr nur alle wählen dürftet.«
In jedem Laden, den er betrat, in jeder Kneipe und in jedem Restaurant war Obama das Thema. Sobald Bruno den Mund aufmachte, wurde er nach seiner Meinung gefragt. Er tat ihnen den Gefallen gern, und jeder kam auf seine Kosten.
»Was ich von Obama halte?«, erwiderte er dann und machte eine dramatische Pause, um die Spannung zu steigern.
»Ich werde Ihnen sagen, was ich von Obama halte. Meiner Ansicht nach verkörpert er die Hoffnungen unserer Nation. Er könnte uns von dem schlechten Ruf befreien, den wir uns in den Augen der Welt eingehandelt haben. Jetzt müssen wir ihn nur noch wählen. Also beten Sie bitte für uns.«
»Er wird den Wahltermin nicht erleben«, entgegnete der Barmann, während er Brunos Bier einschenkte. Er füllte das Glas zu drei Vierteln, stellte es aufs Abtropfbrett und wartete, bis es sich gesetzt hatte. »Sie werden ihn sich vorher schnappen, wie viel wollen Sie wetten?«
Doch Bruno hatte keine Lust, Wetten darauf abzuschließen.
Außerdem war der Bradley-Effekt in aller Munde. Unmöglich, die Folgen vorherzusagen, behaupteten die Meinungsforscher. Er könnte deshalb die Wahl verlieren. Vergesst die Umfragen, verkündeten sie. Wir werden erst am Wahltag wissen, wie viele weiße Amerikaner es dennoch nicht über sich bringen werden, einen Schwarzen zu wählen. Wie viele Leute in der Wahlkabine den Namen Barack Hussein Obama lesen und sich im letzten Moment doch für den Gegenkandidaten entscheiden werden.
Bruno las gerade zum zweiten Mal Obamas Buch
Ein amerikanischer Traum.
Er las langsam und gestattete sich die Hoffnung, dass ein Mann mit seinen Fähigkeiten tatsächlich in das höchste Staatsamt gewählt werden könnte.
Er saß, sein Bierglas vor sich, in einer Ecke des Pubs, las Obamas Buch und ließ sich von den melodischen Sätzen verzaubern. Irgendwann kam er zu einer Passage, an die er sich nicht erinnerte und die etwas seltsam Prophetisches an sich hatte. Sie handelte von dem Rat, den einer der wenigen älteren schwarzen Männer in seinem Umfeld Obama in seiner Jugend gegeben hatte.
Und als Bruno die Zeilen las, bekam er ein flaues Gefühl im Magen.
Sie werden dir ein Eckbüro geben, dich in teure Restaurants einladen und dir sagen, du seist eine Zierde für deine Rasse. Doch wenn du anfangen willst, wirklich etwas zu bewirken, zerren sie an deiner Kette und erinnern dich daran, dass du zwar ein gut ausgebildeter und gut bezahlter Nigger, aber trotzdem nur ein Nigger bist.
Beim bloßen Gedanken lief Bruno ein Schauder über den Rücken. Er hoffte, dass nur dieses eine Mal eine Ausnahme von der Regel stattfinden würde.
Bruno ist ein Fan von Bruce Springsteen.
Das weiß man sofort, weil es das Erste ist, was er von sich erzählt.
»Bruce ist der Größte«, verkündet er ohne eine Spur von Verlegenheit. »Ich könnte ohne Bruce nicht leben.«
»Mir sagt er nichts«, meint Addie.
Für Addie ist Bruce »Born in the USA «, Stars and Stripes und bis über den Bizeps hochgekrempelte Holzfällerhemden. Bruce ist niemand, an dem man auch nur im
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