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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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Bruno etwas so sehr herbeigesehnt. Seit er denken konnte, war er noch nie so sicher gewesen, dass einzig und allein eine Sache alles in Ordnung bringen würde. Und damit einher ging die Angst vor der Enttäuschung.
    Wie damals an Weihnachten, er musste etwa neun oder zehn Jahre alt gewesen sein. Er hatte sich vom Weihnachtsmann Pfeil und Bogen gewünscht. Von ganzem Herzen. Und als der Weihnachtstag kam, hatte Bruno ein langes, schmales Paket unter dem Baum vorgefunden, auf dem in ordentlichen Druckbuchstaben sein Name stand. Allerdings hatte er in der Verpackung nicht Pfeil und Bogen vorgefunden, sondern einen Hockeyschläger. Dabei lag ein handgeschriebener Brief, der erklärte, warum es nicht möglich gewesen sei, Pfeil und Bogen zu beschaffen. Ein Hockeyschläger sei ohnehin die bessere Wahl. Der Brief war vom Weihnachtsmann unterschrieben.
    Schon damals war Bruno die Handschrift bekannt vorgekommen. Und das Papier war genau das gleiche, wie seine Mutter es in der Küchenschublade aufbewahrte.
    Bruno erinnert sich noch gut an dieses Gefühl. Eine langsam wachsende und schreckliche Erkenntnis, dass Enttäuschungen Teil des Lebens sind. Er hat daraus die Lektion gelernt, dass es keine Magie gibt.
    Und nun, vierzig Jahre später, machte Bruno sich wieder auf dieses Gefühl gefasst.
    »Was hältst du von einem Ausflug?«, fragte Addie. »Eine gute Methode, den Tag zu verbringen.«
    Bruno war sofort einverstanden. Alles war ihm recht, um die Zeit totzuschlagen.
    »Nach Glendalough vielleicht?«, schlug er vor. »Ich habe in den Reiseführern etwas über Glendalough gelesen.«
    »Also auf nach Glendalough.«
    Sie verstauten den Hund im Auto. Unterwegs las Bruno Passagen aus dem Reiseführer
Lonely Planet
vor.
    »… das Sinnbild des schroffen und romantischen Irland«, verkündete er. »Ein zutiefst friedlicher und spiritueller Ort.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich schon einmal dort war«, sagte Addie, denn sie hatte kein Bild vor Augen. Doch als sie dort waren, erschienen ihr der runde Turm und der erhöht angelegte Friedhof ein wenig vertraut. Sie hatte dunkel in Erinnerung, dass sie zwischen den Grabsteinen herumgelaufen war. Ein Schulausflug vielleicht?
    Das Gefühl, hier schon einmal gewesen zu sein, wurde stärker, als sie durch das Dorf fuhren. Das kleine Hotel an einer engen Straßenecke, das im Wind schwankende Metallschild einer Teestube. Der große, heute beinahe leere Parkplatz. Einige Straßenhändler, die T-Shirts mit aufgedruckten Trollen und Schlüsselringe mit Schafen daran verkauften.
    Auf dem Weg durch eine schmale Allee in Richtung Seen steigerte sich Addies Unbehagen. Plötzlich wäre sie am liebsten umgekehrt, und sie befürchtete, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Sie hatte Angst, es könnte nicht das Richtige sein. Und ausgerechnet heute, am Tag aller Tage, musste es das Richtige sind. Alles andere wäre ein schlechtes Omen gewesen.
    Als sie widerstrebend in den Parkplatz einbog, waren alle ihre Kräfte darauf gebündelt, die düstere Vorahnung zurückzudrängen. Wie ein junges Mädchen, das den peinlich berührten Eltern den ersten Freund vorstellt, wurde sie von einem entsetzlichen Schamgefühl ergriffen und kam sich vor wie eine Verräterin.
    Sie hielt an, um an der Schranke einen Parkschein zu ziehen, obwohl sich alles in ihr dagegen sträubte, hier, in ihrem gottverdammten Heimatland, fürs Parken bezahlen zu müssen. Der Anblick der Imbissbude mitten auf dem Parkplatz steigerte ihre Empörung noch. Die gestreifte Markise war ausgefahren; davor auf dem Asphalt standen einige einsame Holzbänke. Beim Aussteigen schlug Addie der Geruch von ranzigem Frittieröl entgegen.
    »Offenbar sind wir allein hier«, verkündete Bruno gut gelaunt, stellte den Rucksack auf die Motorhaube und holte seinen Pullover heraus.
    Addie stand da und beobachtete ihn entsetzt.
    »Sag, dass das kein Aran-Pulli ist.« Es war nicht klar, ob sie mit ihm oder mit sich selbst sprach.
    Er konnte sie ohnehin nicht hören, da er bereits halb im Pullover steckte. Er schob die Arme hinein, und im nächsten Moment kam sein Kopf wieder zum Vorschein.
    »Hübscher Pulli«, höhnte sie.
    Doch Bruno verstand die Ironie nicht.
    »Gefällt er dir?«, fragte er und blickte seine Brust hinunter.
    Und er sah in dem Pullover so gut aus und wirkte mit seinem breiten offenen Gesicht, dem Bart und den strahlenden Augen so glücklich und absolut in sich selbst ruhend, dass es Addie nicht übers Herz brachte, die Sache

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